/ Mit der Nominierung von Ursula von der Leyen sind die Zeiten der Hinterzimmer-Deals in der EU zurück
Die EU-Staats- und Regierungschefs wünschen sich die deutsche Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen als künftige EU-Kommissionspräsidentin. Die als Spitzenkandidaten in die Europawahlen gezogenen EU-Politiker wurden bei der Auswahl für die Nachfolge von Jean-Claude Juncker nicht mehr berücksichtigt.
Nachdem die Fortsetzung des EU-Sondergipfels über die Verteilung von Spitzenposten in der Union mit stundenlanger Verspätung am Dienstag Nachmittag begonnen hatte, ging es gegen Abend sehr schnell. Und es kam zu einem überraschenden Ergebnis. Die 28 schlugen die deutsche Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen für den Posten des künftigen EU-Kommissars vor. Was mit dem System der Spitzenkandidaten, das vor fünf Jahren eingeführt wurde, vermieden werden sollte, bestimmt nun wieder die politische Realität in Brüssel: intransparente Absprachen über EU-Topjobs in Hinterzimmern. Denn bevor der eigentliche Gipfel begann, wurden bereits stundenlange Einzelgespräche geführt.
Die Entscheidung sei einstimmig gefallen, erklärte EU-Ratspräsident Donald Tusk im Anschluss. Lediglich die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel enthielt sich der Stimme. Ihr Koalitionspartner in Berlin, die SPD, sprach sich gegen die Nominierung von der Leyens aus. Damit wurde keiner der Spitzenkandidaten bei den Europawahlen für die Nachfolge Jean-Claude Junckers berücksichtigt, anders als es die größten Fraktionen im Europäischen Parlament (EP), die Europäische Volkspartei (EVP) sowie die Sozialdemokraten, verlangt hatten. In der europäischen Volksvertretung regte sich denn auch schon Dienstag Abend Widerstand gegen die Nominierung aus dem Rat.
Als Ministerin steht von der Leyen in der Kritik
Ursula von der Leyen steht in Deutschland als Verteidigungsministerin bereits seit langem in der Kritik und galt als eine der Ersten, die bei einer Regierungsumbildung abgesetzt werden sollte. Affären und Skandale wegen mangelhafter Ausrüstung bei der Bundeswehr, Dutzende Flugzeuge, Hubschrauber, Panzer, die nicht einsatzbereit sind, überteuerte Beraterverträge und nicht zuletzt die Kostenexplosion bei der Sanierung des deutschen Marineschulschiffes „Gorch Fock“ machten von der Leyen zunehmend untragbar. Nun aber soll sie EU-Kommissionspräsidentin werden.
Neben dem Vorschlag für den Posten des Kommissionspräsidenten wählten die 28 den amtierenden belgischen Premierminister Charles Michel zu ihrem künftigen Vorsitzenden. Er wird Donald Tusk für die nächsten zweieinhalb Jahre als Präsident des Europäischen Rates ablösen. Des Weiteren wurde der Spanier Josep Borrell als künftiger Hoher Vertreter für die Außen- und Sicherheitspolitik der EU vorgeschlagen. Er würde damit die Italienerin Federica Mogherini auf diesem Posten ablösen. Schließlich soll die derzeitige Chefin des Internationalen Währungsfonds, Christine Lagarde, die nächste Präsidentin der Europäischen Zentralbank werden.
Bettel kann mit dem Deal „gut leben“
Luxemburgs Premierminister Xavier Bettel sprach im Anschluss von einem „ausgewogenen Paket“, mit dem er „gut leben“ könne. Er begrüße es, dass es dabei zu einer ausgewogenen Verteilung der Geschlechter gekommen sei. Mit Ursula von der Leyen und Christine Lagarde würden erstmals Frauen diese Spitzenposten übernehmen.
Jeder der Spitzenkandidaten „kann und wird in Zukunft eine Rolle spielen“, sagte Angela Merkel. Frans Timmermans und Margrethe Vestager sollen Vizepräsidenten in der EU-Kommission werden. Für den niederländischen Sozialisten würde sich damit nichts ändern. Er ist derzeit bereits der erste Vizepräsident in der Kommission von Jean-Claude Juncker. Dort ist er unter anderem dafür zuständig, die Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit sowie der Grundwerte in den EU-Staaten durchzusetzen.
Timmermans von Polen und Ungarn verhindert
Was ihm nun offenbar zum Verhängnis wurde. Denn ausgerechnet Staaten wie Polen und Ungarn, die mit ihren Justizreformen gegen europäische Prinzipien verstoßen und daher vom niederländischen Kommissar gerügt und vor den Europäischen Gerichtshof zitiert werden mussten, lehnten Frans Timmermans als Kommissionspräsidenten ab. Pikanterweise empfahl EU-Ratspräsident Donald Tusk der nominierten Ursula von der Leyen, bei der Ernennung weiterer Vizepräsidenten Kandidaten aus zentral- und osteuropäischen Ländern sowie aus Italien zu berücksichtigen. Neben den Visegrad-Staaten (Ungarn, Polen, Tschechien, Slowakei) hatte sich auch Italien gegen Frans Timmermans als künftigen EU-Kommissionspräsidenten ausgesprochen.
Der Spitzenkandidat der EVP, Manfred Weber, hatte sich am Dienstag selbst aus dem Rennen um den Posten im Brüsseler Berlaymont-Gebäude zurückgezogen. Er soll in zweieinhalb Jahren zum Präsidenten des Europaparlaments gewählt werden. Heute könnte demnach ein Vertreter der sozialdemokratischen Fraktion an die Spitze des EP gewählt werden.
Sowohl Bettel als auch Merkel bemühten sich am Dienstag, darauf hinzuweisen, dass die Entscheidung im Konsens getroffen wurde. Das System der Spitzenkandidaten, das von manchen im Rat, wie dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron, abgelehnt wird, wolle sie aber nicht zu Grabe tragen, sagte die deutsche Kanzlerin. In den kommenden Monaten werde zwischen dem Rat und dem EP eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die ein System ausarbeiten soll, damit es in fünf Jahren nicht wieder zu einer Situation wie dieses Mal kommt, sagte Xavier Bettel. Ob die EU-Parlamentarier den Vorschlag des EU-Rates, Ursula von der Leyen zur Kommissionspräsidentin zu wählen, nachkommen werden, wird sich voraussichtlich in zwei Wochen zeigen.
Entschiedener Widerstand im EU-Parlament
Im Europaparlament stößt die Nominierung der deutschen Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen als Nachfolgerin von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker auf entschiedenen Widerstand.
Die Entscheidung des EU-Gipfels sei „zutiefst enttäuschend“, erklärte die Vorsitzende der sozialdemokratischen Partei, Iratxe García. Die Fraktion halte strikt am Prinzip fest, wonach die Spitzenkandidaten der europäischen Parteien zugleich deren Anwärter auf den Posten des EU-Kommissionspräsidenten sind. Es sei inakzeptabel, dass „populistische Regierungen“ im Rat der EU-Staaten den bestgeeigneten Kandidaten ablehnten, nur weil dieser für Rechtsstaatlichkeit eintrete, betonte die Spanierin. Sie spielte damit auf den Widerstand einiger osteuropäischer Länder gegen eine Nominierung des sozialdemokratischen Spitzenkandidaten Frans Timmermans an.
Hintergrund sind Vertragsverletzungsverfahren, die der Niederländer als Vizepräsident der Kommission gegen Polen und Ungarn eingeleitet hat. Massive Kritik äußerte auch Jens Geier, der Leiter der SPD-Delegation im Europaparlament. Das Parlament könne „diesem Personaltableau nicht zustimmen“. Es sei ein „Armutszeugnis“ für den Europäischen Rat, der damit das Spitzenkandidatenprinzip über Bord werfe. Von der Leyen sei keine Spitzenkandidatin gewesen; daher sei sie „als Chefin der Kommission untragbar“.
Auch die Fraktion der christdemokratischen Europäischen Volkspartei (EVP) und die Grünen hatten wiederholt betont, sie wollten am Spitzenkandidatenprinzip festhalten. Es sei unredlich, zuerst den Wählern zu versichern, sie hätten Einfluss auf die Nominierung des Kommissionspräsidenten und dann dieses Versprechen über Bord zu werfen, sagte der deutsche Grüne Sven Giegold. Diese „Hinterzimmer“-Absprache sei „grotesk“, erklärte die Ko-Fraktionsvorsitzende der Grünen Ska Keller. „Wir brauchen nicht den kleinsten gemeinsamen Nenner, der persönliche Interessen und Parteipolitik befriedigt.“ Dies sei „nicht, was die europäischen Bürger verdienen“.
Das beste Ergebnis bei der Europawahl hatte die EVP erzielt. Deren Spitzenkandidat, der EVP-Fraktionsvorsitzende im Europaparlament, Manfred Weber, erhob daraufhin Anspruch auf den Brüsseler Spitzenjob. Angesichts der entschiedenen Ablehnung mehrerer EU-Staaten, vor allem Frankreichs, verzichtete Weber schließlich gestern auf diesen Anspruch. Die neue EU-Kommission benötigt die Zustimmung des Europaparlaments, damit sie ihr Amt antreten kann. Die Abstimmung darüber ist in der Woche ab dem 15. Juli in Straßburg geplant.
(Guy Kemp/AFP)
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Das ganze ist ein Witz, noch dazu ein sehr sehr schlechter. Verlierer wohin man blickt
Macron war gegen M.Weber!Raus aus dem Spiel!Ausgerechnet die Visegrád Länder die sich wenig Europäisch resp. solidarisch geben jedoch alles nehmen was zu bekommen ist ausgerechnet diese Länder verweigerten dem Verlierer Timmermans den Spitzenposten. Raus aus dem Spiel! Woraufhin der Hinterzimmer Klüngel wieder angekurbelt wurde und ooh Wunder eine Deutsche die nicht mal zur Wahl stand den Posten erhielt . Die Kompetenz der Frau von der Leyen will ich nicht in Frage stellen jedoch das geschachere um Posten sehr wohl.Dies hinterlässt einen faden Beigeschmack beim Wähler und kehrt vermehrt Wasser auf die Mühlen der bereits zahlreichen EU-Skeptiker
Diese Wahl im Europaparlament, mit all ihrem Personal hat die Institution EU entlarvt dass was sie ist, eine absolut undemokratische Institution, welche nicht zum Wohl der Bevölkerung der EU tätig ist. Wie kann es sein, dass eine U.v.d.Leyen Regierungscheffin der EU-Kommission wird, wenn seit einem halben Jahr gegen Sie und dem von ihr geführten Ministerium u.a. ein palarmentarischer Untersuchungsausschuss wegen dem begründeten Verdacht der Untreue und Vorteilsnahme ermittelt. Vor diesem Hintergrund ist alleine der Vorschlag, U.v.d.Leyen zur EU-Regierungscheffin zu machen schon als kriminell mit dem Versuch einer aktiven Strafvereitelung anzusehen.
…wir müssen die Menschen wieder für Europa begeistern?
Richtig! Die Politik im allgemeinen wird immer unglaubwürdiger. Kein Wunder, dass das Vertrauen in die Volksvertreter ( resp. Volksverdreher ) drastisch schwindet und die Politverdrossenheit dramatisch ansteigt. Wozu noch wählen? Ob in Luxemburg oder in Deutschland, in Frankreich oder Grossbritannien und Europa, “ die da oben “ tun doch eh was sie wollen. Hauptsache man hat für mindestens 4 Jahre einen lukrativen Posten! So werden die Rechtsextremisten ohne ihr Zutun gestärkt.
Jetzt hat Mutti ihre Ziehtochter doch noch gut plaziert. Weil sie als Ministerin für Kriegsführung,auch gern Verteidungsministerin genannt,versagt hatte und die Bundeswehr in einem solchen Zustand ist,stand sie als zukünftige Kanzlerin nicht mehr zur Verfügung. Aber in Brüssel geht immer was wenn man zuhause durchgereicht wurde. Und für die wichtige „Frauenquote“ ist es allemal gut.
Am effektivsten wäre eine teutonische EU- Doppelspitze gewesen : Der CSU Maut- Andy und die Bundeswehr- Ursel. Die beiden hätten dafür garantiert, dass die EU noch schneller zum Teufel geht als sie es ohnehin tut.