Unternehmen / Mit Holz, Glas und Stahl von Manternach in die Welt
Alois Annen (62) ist kein Mann der vielen Worte, aber der vielen Unternehmungen. Der gelernte Schreiner aus Rheinland-Pfalz baut in Manternach sein Firmengebäude. Die geschwungene Form sieht aus, als hätte der österreichische Künstler Friedensreich Hundertwasser interveniert, um der Einheit eckiger Neubauten etwas entgegenzusetzen. Die Firma Annen (www.annen.lu) liefert in alle Welt und belohnt die Mitarbeiter mit dem Know-how einer Sterneküche.
Louis Alois Annen ist ein ruhiger und besonnener Mensch mit klaren Vorstellungen. „Ich mag es, mit wenigen Worten auf den Punkt zu kommen“, sagt er. Diese Schnörkellosigkeit und Klarheit spiegeln sich in den Fassaden wider, die sein Betrieb gestaltet. „Wir verstehen die Sprache der Architekten“, ist so ein Satz, der nur von ihm stammen kann und jede Nachfrage erübrigt.
Im Kloster St. Matthias bei Trier macht er bei Benediktinermönchen seine Lehre zum Schreiner– wie schon der Vater. Der hat seinerzeit danach seinen Schweinestall geräumt und die erste Hobelbank installiert. Selbiges wiederholt der Sohn viele Jahre später in Manternach. Dieses Mal ist es ein Rinderstall, auf dem Grundstück, das er in der Gemeinde kauft.
Mit 30 Mitarbeitern startet er darin die Niederlassung in Luxemburg. Heute beschäftigt die Unternehmensgruppe Annen rund 150 Mitarbeiter und liefert Fenster und Fassaden bis zur deutschen Botschaft in Washington D.C., für das Radisson Blue Hotel im schweizerischen Andermatt oder für das Benediktinerkloster Tabgha am See Genezareth.
Ein überzeugter Europäer
Bei der Frage nach Referenzobjekten in Luxemburg weiß er gar nicht, was er zuerst aufzählen soll, so viele hat er gemacht. Dazu gehört das Kulturzentrum „Beim Nëssert“ in Bergem, das neue Headquarter „HELIX“ der Luxemburger Post am Hauptbahnhof oder Teile der neuen Nationalbibliothek. Annen ist Holzbauingenieur und hat nach der Lehre Holztechnik im bayrischen Rosenheim studiert. Holz, Glas und Stahl und die Kombination aus allem faszinieren ihn.
1989 übernimmt er den väterlichen Betrieb. In seinem Heimatort wird Moselfränkisch gesprochen und als die Aufträge im Fenster- und Fassadenbau in Luxemburg immer mehr werden, expandiert er. Die Sprachen- und Kulturvielfalt im Großherzogtum und die Tatsache, dass die Währung trotz allem die gleiche ist, haben ihn zum überzeugten Europäer gemacht. Wenn man ihn nach der Entwicklung seiner Firma fragt, sagt er: „Zufall“.
Es klingt so leicht und luftig wie das Gebäude neben dem CR 139 zwischen Manternach und dem „Schorenshaff“, das er als Firmensitz gebaut hat. Rund 9.000 Quadratmeter sollen es werden, wenn alles steht, zwei Drittel davon sind fertig. Annen braucht viel Platz, spricht von Nachhaltigkeit im Sinne von Langlebigkeit. Der Betrieb beschäftigt nur wenige Zulieferer. Vieles bauen seine Mitarbeiter in unter- und überirdischen Werkstätten selbst.
„Gut“ ist nicht gut genug
Die Ansprüche an Qualität sind hoch und wenn man ihn so sprechen hört, ist „gut“ nicht gut genug. Das erklärt die „Zufälle“. Die Arbeit seines Betriebes spricht sich unter den Architekten, mit denen er arbeitet, herum. In Manternach hat François Valentiny den Entwurf gemacht und das fertige Gebäude sogar großformatig auf Leinwand in der Eingangshalle zu den Büros verewigt. Außerdem ist die Universität „Ecole polytechnique de Lausanne“ in der Schweiz beteiligt.
Das Firmengebäude ist gleichzeitig ein „Forschungsprojekt“. Abgesehen davon, dass dem Bau die Detailversessenheit und Empathie fürs Material anzusehen ist, was Annen als DNA seines Geschäftsmodells bezeichnet, ist die Statik einmalig. „Es wurde in dieser Form noch nie gebaut“, sagt der Bauherr. Wahrscheinlich ist die Nüchternheit, mit der er das sagt, noch untertrieben angesichts des Mutes, so etwas zu wagen.
Das Besondere der Werkhalle in Manternach ist das innovative Flächentragwerk aus einer neuartigen Holzbogenkonstruktion mit Spannweite von bis zu 55 Metern ohne Stützen. In den Räumen dominiert der warme Ton des Baubuchenholzes und verbreitet eine angenehme Atmosphäre. Die Konstruktion des Tragwerks für die großen Holzflächen, die von außen sichtbar sind, ist mit mathematischen Formeln hinterlegt und dokumentiert.
Einzigartige Konstruktion
Daraus werden die Daten für die Produktion der einzelnen Bauteile automatisch generiert. Es geht um neue Fertigungstechniken und neue Erkenntnisse in Sachen Statik für die Nachwelt. „Ästhetisch“ ist ein Wort, das der Firmenchef oft gebraucht. Ist er eher Handwerker oder Ästhet? „Beides“, sagt er schlicht. Von Standardlösungen hat er noch nie etwas gehalten.
Er will vielmehr den hohen Anspruch seiner Kunden bei sich selbst einlösen. Und bei seinen Mitarbeitern. Bei seiner Ausbildung im Kloster hat er gelernt, dass gutes Essen die Arbeit fördert. „Alle an einen Tisch und alle das gleiche Essen“, ist sein Credo. Deshalb kommen seine Mitarbeiter in den Genuss der Kochkünste des Sohnes eines Sternekochs in ihrer Kantine. Der Firmenchef hat Max Rüssel (29), Sohn des Sternekochs Harald Rüssel, der ein Boutique-Hotel mit Gourmetrestaurant in Naurath (Wald) bei Trier betreibt, engagiert.
Er bietet den Mitarbeitern täglich einen wechselnden Mittagstisch und kocht für Publikum in dem ins Firmengebäude integrierten Restaurant „Kachatelier“. Die Feinschmecker-Zugabe gehört zum Gesamtkonzept des Firmengeländes und ist seit Anfang des Jahres in Betrieb. Bereut hat er den Schritt in die Gastronomie bis jetzt noch keine Minute. Wie sieht er sich zwischen Restaurant und Schreibtisch? Er selbst versteht sich als Dirigent eines guten Orchesters. „Man könnte sie auch alle alleine spielen lassen“, sagt er. „Aber ab und zu braucht es den Taktstock, um die Pointe zu setzen.“ Das macht er im richtigen Takt.
Wir verstehen die Sprache der ArchitektenChef der Unternehmensgruppe Annen
- Näherinnen hauchen Werbeplanen von Amnesty International Luxembourg neues Leben ein - 10. November 2024.
- Verlust oder Chance? Wenn jeder Tag ein Sonntag ist, helfen Pensionscoaches - 2. November 2024.
- „Habe eine Welt kennengelernt, die ich so nicht kannte“ – Porträt einer Betroffenen - 29. Oktober 2024.
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können.
Melden sie sich an
Registrieren Sie sich kostenlos