Basketball / Moderner und professioneller: Tessy Hetting und Ken Diederich über die Jugendarbeit der FLBB
Die Zeit der Jugend-Europameisterschaften im Basketball hat begonnen und die 18-Mädchen sorgten in der vergangenen Woche mit ihrem zweiten Platz gleich für einen Paukenschlag. Fest steht, dass sich in der Jugendarbeit der FLBB etwas tut: Umstrukturierung der Jugendmeisterschaften, mehr Professionalisierung, bessere individuelle Betreuung der großen Talente. Das Tageblatt unterhielt sich mit Tessy Hetting (Technische Direktorin) sowie Ken Diederich (Head of Basketball) über die wichtigsten Projekte, das FIBA+-Programm und ein ganz großes Problem.
Roter Faden
Seit knapp zwei Jahren hat Herren-Nationaltrainer Ken Diederich bei der FLBB den Posten des Head of Basketball inne. Ein erstes großes Ziel, das er sich gesetzt hatte, war, eine gemeinsame Linie in der Jugendarbeit des Verbandes zu finden. Dies von den jüngsten bis zu den ältesten Kategorien. „Es ist wichtig, eine Kultur zu haben, wie wir Basketball spielen und was wir von den Trainern verlangen.“ Dabei sollte auch endlich eine gewisse Kontinuität entstehen, denn zuvor gab es vor allem im Herrenbereich viele Änderungen im Trainerstab. Mit Damennationaltrainer Mariusz Dziurdzia, Rumen Galabov, Denis Toroman sowie Athletik-Coach Marcel Wilbert verfügt man derzeit über vier hauptamtliche Trainer. Unterstützt werden diese durch einen Pool von rund einem Dutzend Coaches, die auf Stundenbasis eingestellt sind.
Mini-Basketball-Projekt
Bei der außerordentlichen Generalversammlung im Mai wurde auch das neu entwickelte Mini-Basketball-Projekt angenommen. Es ist eine komplette Reform der U10- und U12-Meisterschaft, die dem modernen Basketball und einer optimalen Förderung der einzelnen Spieler nicht mehr entsprochen hatte. „Es ist ein Projekt, das enorm wichtig für die Zukunft ist. Nun wird 3×3 oder 4×4 gespielt, womit die Kinder häufiger den Ball in den Händen halten werden, was jedem mehr Freude am Basketball bringt“, so Diederich. „Sonst war es so, dass drei Kinder den Ball hatten und der Rest stand häufig nur herum.“ Ein moderneres System, wie es im Ausland bereits üblich ist und dessen Umsetzung in Luxemburg längst überfällig war. „Davon werden wir in Zukunft profitieren, denn so werden wir bessere Spieler bekommen.“
Modernisierung aller Jugendmeisterschaften
In einem nächsten Schritt sollen nun alle weiteren Jungendmeisterschaften, bis hin zu den Espoirs, überarbeitet werden, wie Tessy Hetting erklärt: „Ziel ist es, dass die Meisterschaft der U14 und U16 für September 2024 angepasst wird. Parallel hierzu wollen wir auch schauen, wie die Zusammenarbeit hinsichtlich der Kadertrainings besser gelingen kann. Denn besonders ab der U16 merken wir, dass es mit den Vereinen durchaus noch immer Kommunikationsprobleme gibt und Spieler da schon in schwierigere Situationen kommen.“ Für die Technische Direktorin wäre es zum Beispiel denkbar, zukünftig in Zeitfenstern zu trainieren, sodass die Meisterschaft während einer Woche pausiert und der Fokus dann auf der Nationalmannschaft liegt. Neben einer Arbeitsgruppe, die an einer Anpassung der Meisterschaft arbeitet, sollen so auch die Coaches und Jugendverantwortlichen der Klubs mit ins Boot geholt werden.
Ein Jahr später, im September 2025, soll dann auch ein neues Konzept bei den Cadets und Espoirs stehen, wobei es laut Ken Diederich da durchaus in die Richtung eines Turnierformats gehen könnte. „Bei den Espoirs sind die Finalspiele am Ostermontag immer gut besucht, die Saisonspiele gehen aber total unter. Ein Turnier über ein, zwei oder drei Wochenenden am Ende der Saison wäre da viel attraktiver.“
Projekt U18-Herren
Ein Projekt, das im kommenden Jahr lanciert werden soll, ist das bei den U18-Herren, die mehr Spiele in der Saison bestreiten sollen. „Wir haben gemerkt, dass ein großer Unterschied zwischen der Meisterschaft hier im Land und der EM im Sommer besteht“, so Tessy Hetting. So wird nun eine Art Benelux-Liga stattfinden, gemeinsam mit Teams aus Ostende, Nancy, Düsseldorf, Limburg oder auch Amsterdam. Alle zwei bis drei Wochen wird dann ein kleines Turnier bestritten. „Das soll die ‚European Youth Basketball League’, die es bei den U16 gibt, ein wenig ersetzen und den Fokus mehr auf regionale Wettbewerbe legen. Womit wir auch weniger Flüge haben und Kosten sparen können.“ Bereits in der letzten Spielzeit wurden mittwochs Partien gegen Nationale-2-Teams organisiert, die laut Hetting den Spielern viel gebracht haben.
Professionalisierung
Dass man bei der FLBB bemüht ist, mehr Professionalität, auch in die Jugendarbeit, zu bekommen, zeigt die Verpflichtung eines hauptberuflichen Athletiktrainers, wie Tessy Hetting betont. „Dadurch wurde auch die Zusammenarbeit mit dem LIHPS und dem Sportlycée in diesem Bereich stark verbessert. Vor allem im internationalen Bereich haben wir ab der U16 gesehen, dass es in diesem Punkt große Unterschiede gibt. Noch mehr bei den Jungs als bei den Mädchen.“ Zudem strebt die FLBB danach, dass nicht nur bei den Europameisterschaften, sondern auch bei jedem Lehrgang ein Physiotherapeut dabei ist. Vom Umfang der Organisation her eine Aufgabe, für die demnächst sogar eine 50-Prozent-Stelle entstehen könnte.
FIBA+ und Trainerausbildung
In den letzten Jahren ist die Anzahl an Lizenzen, trotz Corona, bei der FLBB deutlich gestiegen. Das große Problem sei jedoch nicht die Jugend, sondern dass die Basis bestmöglich betreut wird, wie Tessy Hetting erklärt. „Wir können nur mit den besten 15 bis 20 Spielern arbeiten und müssen dafür sorgen, dass auch die Vereinstrainer bestmöglich ausgebildet sind. Bei den Vereinen wird in dieser Sache schon viel gearbeitet, viele haben hauptamtliche Trainer, Jugendverantwortliche, doch Verbesserungen sind immer möglich.“ Dies war laut Ken Diederich der wohl wichtigste Punkte der ausgearbeiteten FIBA+-Leitlinie, eines Projekts des Weltverbandes, bei dem kleine Länder in ihrer internen Organisation beraten werden. So wird normalerweise Liz Schmitz ab September genau für diese ganze Organisation der Trainerfortbildung verantwortlich sein. „Man muss nur sehen, wie viele Coaching-Clinics schon angeboten werden. Da kommt ein ganz anderer Wind rein, der im Luxemburger Basketball viel ändern wird.“
Früher Weg ins Ausland
Dass sich Ken Diederich mehr Profispieler wünscht, ist kein Geheimnis, dafür will er die großen Talente am liebsten früher ins Ausland schicken. „Für mich als Nationaltrainer ist das der einzige Weg. Wenn wir den nächsten Schritt mit der Nationalmannschaft gehen wollen, dann brauchen wir zwölf Profis.“ So nimmt das Double-Career-Projekt inzwischen einen ganz anderen Stellenwert ein. „Wir haben inzwischen viel mehr junge Spieler im Ausland, als man denkt, vor allem an Akademien in Deutschland.“ Besonders Dorian Grosber, das größte Talent im Männerbereich, hat seit seinem Wechsel ins Leistungszentrum von ALBA Berlin anderen Spielern gezeigt, dass dieser Weg möglich ist. Paderborn, Ulm oder Ludwigsburg sind weitere Städte, in denen nun Nachwuchsspieler der FLBB untergekommen sind. Wichtig ist laut dem Nationaltrainer, dass der Weg dabei vor dem 15. Lebensjahr eingeschlagen wird. „Dann gelten sie als ‚homegrown’ (vergleichbar mit dem JICL-Spieler in Luxemburg, Anm. d. Red.). Das heißt nicht, dass sie es auf jeden Fall zum Profi schaffen, es macht es aber realistischer.“
Während es immer mehr Nachwuchsspieler im Herrenbereich nach Deutschland verschlägt, stehen bei den Mädchen die Colleges in den USA weiter hoch im Kurs. „Bei den Jungs gibt es viele Strukturen in Deutschland, bei den Mädchen nicht. In Europa sind die vor allem in Frankreich, wogegen einige wegen der Sprache aber schulische Bedenken haben“, so Tessy Hetting. Eine individuelle Beratung, welche Option die beste ist, hat man bei der FLBB in den letzten Jahren ausgebaut. Denn fest steht, der schulische Aspekt ist wichtig, weil niemand mit dem Basketball später für sein Leben aussorgen dürfte.
Problem „Sternespieler“
Ein großes Problem der Nationalmannschaft ist für Ken Diederich dann aber noch das der „Sternespieler“. Denn wenn man bis zum 16. Lebensjahr nicht im Besitz des luxemburgischen Passes ist, gilt man laut Reglement der FIBA nicht als solcher und davon darf, mit Ausnahme der JPEE, nur einer im Kader eines Nationalteams stehen. „Man muss sich nur die Anzahl an Nationalitäten in Luxemburg ansehen und den hohen Prozentsatz. Wenn man nicht hier im Land geboren ist und die Eltern auch nicht den Pass besitzen, dann ist man darauf angewiesen, dass die Eltern diesen für sich beantragen. Das gilt auch für Jugendliche, die im ersten Lebensjahr nach Luxemburg kamen, hier ihre ganze Schullaufbahn absolviert haben. Wenn die Eltern nicht die Zeit haben, in die geforderten Kurse zu gehen, die Sprache zu lernen, dann haben die Kinder auch nicht die Möglichkeit, den Pass zu erhalten.“
Dank einer Zusammenarbeit mit der FLF, die es den Eltern ermöglicht, die vom Fußballverband organisierten Sprachkurse in Monnerich zu besuchen, konnten in letzter Zeit so noch zwei Nachwuchsspieler rechzeitig den Pass erlangen. Dennoch ärgert Diederich, dass immer noch viele Talente dadurch verloren gehen. Und so besteht eine Idee, die man gemeinsam mit der FLF auch schon ans Sportministerium herangetragen hat: „Warum ist es nicht möglich, dass Kinder, die im Land aufgewachsen sind und die Sprache perfekt beherrschen, den Pass mit 15 beantragen können, auch wenn die Eltern ihn nicht besitzen? Das wäre doch eine Idee, um hier im Land den Sport zu fördern.“ Bei der FLBB sucht man in solchen Fällen inzwischen bereits ab der U14 das Gespräch mit den Eltern, um mehr über die Familiensituation zu erfahren und ob überhaupt Interesse besteht.
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