Albanien / Molotow-Cocktails und Tränengas statt Dialog: Dauerspannungen zwischen Regierung und Opposition eskalieren
Erneut haben sich Oppositionsanhänger in Albanien heftige Straßenschlachten mit der Polizei geliefert. Sie werfen Dauerpremier Edi Rama Korruption, enge Bande zu Albaniens Narkokartellen und einen zunehmend autoritären Amtsstil vor.
Albanien kommt nicht zur Ruhe. Wieder einmal züngelten in der Nacht zum Dienstag die Flammen zerschellter Molotowcocktails in Tirana vor dem Parlament und dem Sitz der regierenden Sozialisten (PS). Unablässig und großzügig verspritzten Einsatzkräfte mit Schläuchen Tränengasschwaden in die aufgebrachten Massen: Erneut lieferten sich Anhänger der oppositionellen Demokraten (PD) heftige Straßenschlachten mit der Polizei.
Neu sind gewalttätige Eskalationen der schon seit Jahren anhaltenden Dauerspannungen zwischen der Regierung des seit 2013 amtierenden Premiers Edi Rama und der Opposition keineswegs: Erst Ende September hatten aufgebrachte PD-Abgeordnete aus Protest gegen die Inhaftierung des PD-Parlamentariers Ervin Salianji vor dem Parlament demonstrativ ihre aus dem Sitzungssaal entfernten Abgeordnetensessel in Brand gesetzt.
Die korrupte und mit der Drogenmafia eng verquickte Regierung wolle die Opposition mundtot machen, so der Vorwurf der PD. Ihre Forderung: Premier Rama müsse abtreten – zu Gunsten einer von Technokraten gebildeten Übergangsregierung, die die Parlamentswahl im nächsten Jahr vorbereiten solle.
Doch es ist nicht nur der nahende Urnengang, der in dem politisch stark polarisierten Balkanstaat die Nerven blank liegen lässt und für erneute Gewalteruptionen sorgt. Auch in dem Ende letzten Jahres wegen Korruptionsverdacht verhängten Hausarrest gegen den früheren PD-Premier Sali Berisha wittert die Opposition ein politisch motiviertes Manöver, um sie zu schwächen: Die Staatsanwaltschaft wirft dem mittlerweile fast 80-jährigen Berisha vor, als Premier seinen Schwiegersohn bei der zweifelhaften Privatisierung eines staatlichen Sportkomplexes begünstigt zu haben.
Ramas Regierung wiederum kommen die erneuten Turbulenzen und Negativschlagzeilen äußerst ungelegen. Mit der Entlassung eines wegen angeblichen Stimmenkaufs inhaftierten griechischen Minderheitspolitikers war es Tirana im September geglückt, die Blockierung der Beitrittsverhandlungen mit der EU durch Athen endlich aufzuheben.
Verhärtete Fronten
Doch die für den 15. Oktober in Luxemburg anberaumten Gespräche über den „fundamentalen“ Verhandlungscluster des Kampfes gegen die Korruption werden nun von den wiederholten Korruptionsvorwürfen der Opposition überschattet: Ähnlich wie einst sein von den USA mittlerweile auf die schwarze Liste gesetzter Vorgänger Berisha sieht sich auch Rama im eigenen Land zunehmend des Vorwurfs der Günstlings- und Parteiwirtschaft ausgesetzt.
„Nieder mit der Diktatur!“, skandierten in der Nacht zu Wochenbeginn die aufgebrachten Oppositionsanhänger. „Der Kampf der zivilen Ungehorsamkeit gegen die Narko-Diktatur geht weiter“, verkündete aus dem Hausarrest per Instagram zufrieden das frühere PD-Bugbild Berisha.
Die Aufrufe Washingtons und Brüssels an die Opposition, den Dialog mit der Regierung zu suchen, verhallen angesichts der verhärteten Fronten ebenso ungehört wie die Warnungen, dass Gewaltexzesse das Land kaum näher an den ersehnten EU-Beitritt bringen dürften. Analysten in Tirana wiederum glauben, dass die Opposition mit ihrem Konfrontationskurs zwar ihren eigenen Anhang mobilisieren, aber kaum potenzielle Wechselwähler für sich gewinnen könne.
Statt ausschließlich auf Radikalisierung zu setzen, wäre die Opposition besser beraten, den Wählern außer Protesten auch eine Alternative anzubieten, so Afrim Krasniqi vom Institut für Politische Studien in Tirana gegenüber der Agentur „Balkaninsight“: „Konstruktiv kann man ihre Vorgehensweise kaum nennen.“
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