Gemeindepolitik / Monnerich: Umdenken in der Sozialpolitik – für mehr Gerechtigkeit
In Monnerich ist das Budget präsentiert und gestimmt. Die Marschrichtung für 2024 steht also fest und führt gleichzeitig zu dem Gedanken, dass sich in der kommunalen Sozialpolitik einiges ändern muss. Das zumindest ist die Überzeugung des amtierenden CSV-Bürgermeisters Jeannot Fürpass, der eine Umverteilung der kommunalen Leistungen erreichen will. Eine „gerechtere“, wie er betont.
Fürpass übernimmt eigentlich das, was viele angesichts eines steigenden Armutsrisikos von der Politik fordern – nicht nur in Luxemburg. In Monnerich sind es kleine Schritte auf dem Weg zu – in den Augen des Rathauschefs – mehr Gerechtigkeit. Dafür muss er einsparen, um anderswo verteilen zu können. Abfedern könnte man mit den Ersparnissen beispielsweise eine Erhöhung der Gemeindetaxen, die auf die Haushalte zukommt.
Deshalb ist seit dem 1. Januar 2024 der freiwillige Zuschuss der Gemeinde zur „Allocation de vie chère“ reformiert worden. Alle Gemeinden handhaben diese Sozialmaßnahme anders, in Monnerich lief es seit 2011 sehr großzügig. Zwölf Jahre lang hat die Gemeinde freiwillig den Beziehern der „Allocation de vie chère“ den gleichen Betrag noch einmal aus der Gemeindekasse beigesteuert, also 100 Prozent.
Kommunale Hilfen ja, aber anders verteilt
Das hat die Gemeinde 2023 zuletzt rund 400.000 Euro gekostet. Ein Betrag, der in Teilen auch anderswo eingesetzt werden könnte, um zu helfen. „Wir als Gemeinde wollen helfen, aber wir müssen genau hinschauen, wo wir helfen“, sagt Rathauschef Fürpass, der dafür gerade intern viel Kritik einsteckt. „Wir müssen umverteilen.“ In einem ersten Schritt hat die Gemeinde seit Beginn des neuen Jahres ihren Beitrag zur „Allocation“ halbiert. Sie lässt sich diese Hilfe weniger kosten.
Auch das Geschenk an die rund 7.000 Einwohner von 20 Litern Trinkwasser täglich gratis ist abgeschafft. Wie es um die Gemeindetaxen für Wasser, Kanal, Müll usw. steht, soll am Beispiel der Wassertaxe verdeutlicht werden. Abgesehen davon, dass sauberes Trinkwasser ein hohes Gut ist, ist das Thema komplex und für alle Gemeinden teuer. Die kommunalen Wassertaxen bestehen aus zwei Teilen.
Der eine ist feststehend und fließt in die Unterhaltung des Leitungsnetzes, um Trinkwasser in die Haushalte und Abwasser aus den Haushalten im Kanalnetz zu transportieren. Dessen Unterhalt ist Sache der Gemeinden, verschlingt viele Euros und ist nicht sichtbar wie etwa eine Erweiterung der schulischen Infrastruktur. Das Leitungsnetz und das Kanalnetz liegen unter der Straße. Aus gemeindeeigenen Berechnungen geht hervor, dass die Einnahmen schon seit Jahren nicht mehr die Kosten decken.
Wasser wird teurer
Eine Erhöhung wäre längst überfällig, wie die Zahlen zeigen. Allein zwischen 2022 und 2023 ist das Defizit der Abwassergebühren (Kanal) von rund 455.000 auf rund 515.000 Euro gestiegen. 2018 betrug das Defizit zwischen Einnahmen durch die Zahlungen der Verbraucher und den Ausgaben der Gemeinde für den Unterhalt der Kanalisation (Leitungen) lediglich rund 55.000 Euro. „Meine Idee ist es, den Beziehern der ‚Allocation de vie chère‘ einen Zuschuss zu dem fixen Teil der Wassertaxen sowie der Kanaltaxe zu geben”, sagt Fürpass.
Gleiches soll für die Bezieher des staatlichen Zuschusses für die Zinsen auf ihre Kredite für das Eigentum oder beim Mietzuschuss gelten. „Unsere Zuschüsse sollen breiter verteilt werden“, sagt Fürpass und führt „Gerechtigkeit“ ins Feld. Ähnlich sieht es bei den Berechnungen für die Zuleitung von Trinkwasser in die rund 2.800 Haushalte der Gemeinde aus. Es gehört zu einer lieb gewonnenen Selbstverständlichkeit in diesen Breitengraden, den Hahn aufzudrehen und sauberes Wasser in Trinkqualität vorauszusetzen.
Das kostet die Gemeinde jährlich mittlerweile rund 1,8 Millionen Euro. Das war 2023 so und wird 2024 auch so sein. Dem stehen Einnahmen in Höhe von rund 1,4 Millionen Euro durch die Verbraucher gegenüber, was ein Defizit von rund 400.000 Euro für die Gemeindekasse sprich im Budget ergibt. Es wird auf Dauer höher ausfallen, denn nicht nur der Kauf des Trinkwassers wird absehbar teurer.
Kommunale Mitverantwortung zur sozialen Kohäsion
„Wir sind dabei, alles genau zu berechnen“, sagt Fürpass. „Wir als Gemeinden haben eine Mitverantwortung bei der sozialen Kohäsion.“ An einem anderen kommunalen Angebot will Fürpass allerdings nicht rütteln, auch wenn die Nachfrage danach Kopfzerbrechen macht. Monnerich ist mit seinem Kabelangebot für Fernsehen und schnelles Internet als erste und einzige Gemeinde mit „very high network capacity“ ausgezeichnet.
Das Abonnement für über 100 Fernsehsender, ultraschnelles Internet und ein Gigabyte kostenloses Download-Potenzial zusätzlich für die Bezieher bietet die Gemeinde an. Es kostet rund 50 Euro pro Monat. Nur 1.400 Haushalte und damit rund 50 Prozent aller Haushalte in Monnerich nutzen es, um fernzusehen. Das schnelle Internet und das Download-Angebot nutzen nur rund 250 Haushalte. „Viele haben Angst, zu wechseln, oder wissen es schlichtweg nicht“, sagt Fürpass zu den Ursachen für die mangelnde Nachfrage. Da ist noch Luft nach oben.
Das Dauerproblem „Crassier“
Eine Lösung für die Problematik „Crassier” ist ein Herzensangelegenheit des letztes Jahr wiedergewählten Bürgermeisters von Monnerich. Er will die ehemalige Bauschutthalde versiegelt wissen und eine Verbesserung des Wassers des Kiemelbaches erreichen. Seit rund zwei Jahren wird dort wieder abgeladen, wobei es sich um Erdaushub handelt. Nach dem Erdrutsch im April 2014 war ein weiteres Abladen auf dem Gebiet vorübergehend eingestellt worden und das Problem, das Gelände zu stabilisieren, bekam oberste Priorität. Aktuell kommen 1.500 Tonnen Erdaushub täglich hinzu, 700.000 Kubikmeter sind das bis jetzt insgesamt. 1,3 Millionen Kubikmeter sollen es werden, bevor das Gelände Ende 2025 versiegelt wird, um einen Solarpark darauf zu errichten. Das Problem ist ein nationales und der neue Umweltminister Serge Wilmes (CSV) will sich demnächst die Sache anschauen.
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