Eklat im Escher Gemeinderat / Opposition verlässt Saal, nachdem Motion zu Knaff-Rücktritt nicht zur Abstimmung kommt
Eklat im Escher Gemeinderat: Nachdem eine Motion zum Rücktritt von Pim Knaff (DP) aus juristischen Gründen nicht zur Abstimmung zugelassen wurde, verließen die Oppositionsräte den Saal, so dass nicht mehr genügend Räte dort waren, um die Sitzung fortzuführen. Das Trauerspiel rund um den wegen schwerer Steuerhinterziehung verurteilten Ersten Schöffen geht demnach weiter. Die Opposition sprach von einem riesigen Imageschaden für die Stadt Esch.
Volles Haus am Freitag bei der Escher Gemeinderatssitzung, wo die Causa Pim Knaff auf dem Programm stand. Eine Motion forderte den Rücktritt des wegen schweren Steuerbetrugs verurteilten Ersten Schöffen, die aber schlussendlich aus juristischen Gründen nicht zur Abstimmung kam. Die LSAP-Räte verließen aus Protest geschlossen den Saal, gefolgt von den anderen Räten der Opposition. So waren nicht mehr genügend Mandatsträger (9) übrig, um über Punkte abstimmen zu können. Die Sitzung wurde nach einer zehnminütigen Pause mit den Räten der Mehrheit kurz fortgesetzt und dann nach ein paar Worten von Bürgermeister Christian Weis (CSV) abgebrochen. Zuvor war es zum Streit über einen eventuellen Rücktritt von Knaff gekommen.
Dass es sich am Freitag um keine gewöhnliche Sitzung des Escher Gemeinderats handelte, wurde früh deutlich. Der Pressetisch war zu klein, zudem saßen außergewöhnlich viele Escher auf den Zuschauerstühlen. Im Mittelpunkt des Interesses: Pim Knaff (DP), der trotz seiner Verurteilung wegen schweren Steuerbetrugs mit Unterstützung der Mehrheitsparteien CSV und „déi gréng“ an seinem Posten als Erster Schöffe der Stadt festhält. Knaff machte vor der Sitzung einen großen Bogen um die anwesenden Journalisten und verzichtete auf die übliche Begrüßung.
Die Affäre um seinen schweren Steuerbetrug war vor drei Wochen durch einen Artikel von Reporter.lu öffentlich geworden. Knaff hatte versucht, rund 110.000 Euro an der Steuer vorbeizuschleusen. Die Escher Koalitionspartner erfuhren erst am Tag der Veröffentlichung des Artikels von der Verurteilung ihres Vize-Bürgermeisters, überließen eventuelle politische Konsequenzen aber schlussendlich der lokalen DP-Sektion und Knaff selbst. Der begründete das Festhalten an seinem Schöffenposten damit, dass seine Verurteilung sein Privatleben, aber in keinster Weise sein politisches Mandat betreffe. Von den Koalitionspartnern CSV und „déi gréng“ erhielt Knaff Rückendeckung. Weshalb „déi Lénk“ einen Tagesordnungspunkt zur Sitzung vom Freitag hinzufügen ließ, in der es um die Deontologie-Regeln im Schöffen- und Gemeinderat ging.
Deontologie und Ethik
Marc Baum machte den Anfang. Es gäbe keinen legalen Automatismus, dass man bei einem solchen Vergehen als Politiker zurücktreten müsse. „Aber es gibt Regeln, die man sich selber gibt. Und hier sind wir im Bereich Deontologie und Ethik“. Allein schon der Verdacht einer schweren Straftat hätte bereits Politiker zu Konsequenzen bewegt, um Schaden von Amt und Stadt abzuwenden, sagte Baum. Er zeigte auf, dass die Verurteilung Knaffs eben keine Privatsache sei, weil sie sehr wohl Einfluss auf das Amt hätte. Denn es handele sich um Betrug an der Öffentlichkeit, für die man als Schöffe verantwortlich sei. Schließlich lebe auch die Stadt Esch vom Erheben von Steuern und Taxen. „Mit welcher Autorität und Legitimität soll das der Schöffenrat in Zukunft noch machen?“, fragte Baum.
Wäre Finanzminister Gilles Roth noch im Amt, wenn er wegen schwerer Steuerhinterziehung verurteilt worden wäre, fragte Baum weiter. Sein Fazit: Auch ein Nicht-Rücktritt hat eine Bedeutung, jede Glaubwürdigkeit gehe verloren. Die Bürger hätten ein Recht darauf, ein exemplarisches Verhalten von Politikern zu verlangen. Er erinnerte daran, dass die DP vor zehn Jahren den Rücktritt von Staatssekretärin Francine Closener (LSAP) gefordert hatte, weil die mit einem Dienstauto in den Urlaub fahren wollte. Auch erinnerte er an eine Escher Gemeinderatssitzung von 2002, als der Oppositionspolitiker Pim Knaff den Rücktritt vom damaligen Schöffen Félix Braz („déi gréng“) wegen einer fehlenden Betriebsgenehmigung für die Kulturfabrik forderte. Im Urteil stehe zudem schwarz auf weiß, dass die Steuerhinterziehung wissentlich und vorsätzlich begangen wurde. In Anbetracht des vielen Porzellans, das in den letzten Wochen zerbrochen wurde und des schweren Imageschadens, das die Stadt Esch durch die Affäre erlitten habe, reichte er eine Motion ein, in der Pim Knaff dazu aufgefordert wurde, aus freien Stücken zurückzutreten.
Eine Forderung, der sich sämtliche weitere Redner der Opposition anschlossen. Steve Faltz (LSAP) sprach von einem Vertrauensbruch in die Politik. „Geht es hier um Macht oder um Moral“, fragte Faltz. Bernard Schmit (ADR) sprach von Betrug am Wähler und einem traurigen Fall, der desaströs für Esch sei. Auch Tammy Broers (Piraten) schlug in die gleiche Kerbe.
Mandy Ragni („déi gréng“), Joy Weyrich (CSV) und Daliah Scholl (DP) begründeten noch einmal die Argumentationen, weshalb ihre Parteien an Pim Knaff festhalten (das Tageblatt berichtete). Ragni unterstrich, dass jede Partei für sich verantwortlich sei. Joy Weyrich verwies auf die Gewaltentrennung und den Respekt vor dem Rechtsstaat. Daliah Scholl sagte, „es steht den Gemeinderäten nicht zu, ein Urteil über Pim Knaff abzugeben“. „Ich halte nichts von mittelalterlicher Lynchjustiz, schon gar nicht, wenn es sich um einen Fehler handelt, der nichts mit dem politischen Amt zu tun hat“, sagte Scholl weiter. Zudem bezichtigte sie der Opposition der Lüge.
„Die Konsequenzen sind repariert worden. (…) Ich bin nicht der Meinung, dass der Fehler mich diskreditiert, mein Mandat weiter auszuführen“, sagte derweil Pim Knaff. Er sei unter Generalverdacht gestellt worden, was ganz schlimm sei in Anbetracht seines vorbildlichen Verhaltens in seiner bisherigen politischen Laufbahn.
Und dann eskalierte die Situation: Unmittelbar vor der Abstimmung zur Motion hatte der Bürgermeister eine Meldung von seiner juristischen Abteilung bekommen, die ihn auf die scheinbare Inkompatibilität der Motion hinwies. Also zog er die Abstimmung zurück, mit den bekannten Folgen.
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