/ Lange Halbwertszeit: Luxemburger Gesetz zum Schadenersatz bei Atomunfällen ist weiterhin auf dem Weg
Seit mehr als einem Jahr ist ein Gesetz auf dem Instanzenweg, mit dem im Fall einer atomaren Katastrophe Schadenersatzansprüche geltend gemacht werden können.
Das Atomkraftwerk Cattenom spaltet die Gemüter bereits länger, als es Kerne spaltet. Die riesigen Wasserdampfwolken, die den Kühltürmen entsteigen, sind ein weithin sichtbares Zeichen für die Aktivität des Kraftwerks. Weithin, das bedeutet auch bis nach Luxemburg und nach Deutschland.
Foto: Mit Energieminister Claude Turmes und Umweltministerin Carole Dieschbourg bekleiden zwei Grünen-Politiker die Schlüsselpositionen in der Regierung, wenn es um Atomenergie geht – beziehungsweise den Kampf dagegen.
Beide Länder wären im Fall eines Atomunglücks betroffen. Wenn auch nicht von einer etwaigen Explosion selbst, so doch von der daraufhin austretenden Strahlung oder von radioaktivem Fallout. Für Luxemburg wäre das verheerend, da nicht nur ein Teil des Landes, sondern das ganze Großherzogtum betroffen wäre.
Allianz gegen Atomkraft in Europa
Wer durch eine solche Atomkatastrophe allerdings sein Hab und Gut verliert, hat bislang erschreckend wenig Möglichkeiten, Schadenersatzansprüche geltend zu machen. Bislang ist der Schadenersatzanspruch in Europa insgesamt auf 20 Millionen Euro begrenzt.
Nun sind Luxemburg, und vor allem Umweltministerin Carole Dieschbourg, in Europa im Kampf gegen Atomkraft sehr aktiv. Die Ministerin versucht, Allianzen zu schmieden, wo sie kann. Inzwischen hat sich in Europa eine Front gegen Atomkraft gebildet, bestehend aus Irland, Griechenland, Portugal, Deutschland, Luxemburg und Österreich. Wobei, so die Ministerin gegenüber dem Tageblatt, Österreich sich aufgrund des EU-Vorsitzes, den es innehatte, in den letzten Monaten etwas zurückgehalten hat. Diese Politiker engagieren sich dafür, dass öffentliche Gelder nicht in diese, wie Dieschbourg sagt, unsichere und teuerste Art der Stromerzeugung gesteckt werden.
Darüber hinaus nimmt Luxemburg als Land an Treffen einer Gruppe von europäischen Regionen teil, die bei ihren jeweiligen nationalen Regierungen gegen Atomkraft eintreten. Als Land könne Luxemburg in dieser Gruppe kein offizieller Partner sein, aber die Kontakte seien sehr wichtig.
Zwei der Kühltürme des Atomkraftwerks Cattenom
Aber auch auf nationaler Ebene sollte sich etwas tun. Ende 2017 schlug Dieschbourg ein Gesetz vor, mit dem Menschen in Luxemburg im Falle einer atomaren Katastrophe in Luxemburg entstandene Schadenersatzansprüche geltend machen können. Wird das Gesetz verabschiedet, könnte dies zum Beispiel Ratingagenturen dazu bringen, ihre Benotung von AKW-Betreibern wie der französischen Elektrizitätsgesellschaft EDF zu korrigieren. Die Gesetzesvorlage wurde im Dezember 2017 beim Parlament hinterlegt. Im März 2018 legten Handelskammer und Arbeitnehmerkammer ihr Gutachten zu dem Entwurf vor. Seitdem hat sich in der Sache offenbar nur wenig getan.
Langes Warten auf den Staatsrat
Derzeit stehen die Mühlen der Bürokratie still, da jeder auf das Gutachten des Staatsrates wartet. Ohne dieses Gutachten kann nicht über die Gesetzesvorlage abgestimmt werden. Dass Gesetzentwürfe aus ihrem Hause relativ lange beim Staatsrat liegen, sei nichts Ungewöhnliches, so die Umweltministerin. Dass es so lange dauert, könnte daran liegen, dass es sich um ein sehr komplexes Gesetz mit Pioniercharakter handelt, sagte die Umweltministerin bereits bei einer Pressekonferenz im September.
Kein Grund zur Besorgnis, sagt ein Mitarbeiter des Staatsrates. Allgemein gesprochen: Dafür, dass sich der Staatsrat mit einer Gesetzesvorlage länger beschäftigt, kann es viele Gründe geben. Wenn es sich um eine rein nationale Gesetzgebung handelt, ist die Priorität zum Beispiel weniger hoch, als wenn es sich um die Umsetzung einer europäischen Richtlinie handelt.
Die Kommission des Staatsrates, die sich um dieses besondere Dossier kümmert, trifft sich wieder am 8. Januar. Danach finden Plenarsitzungen des Staatsrates am 22. Januar sowie am 5. und am 15. Februar statt. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird die Gesetzesvorlage der Ministerin in einer dieser Sitzungen behandelt, so der Mitarbeiter des Staatsrates gegenüber dem Tageblatt.
Misstrauischer Blick auf Cattenom
Das Atomkraftwerk in Cattenom steht quasi seit seinem Planungsbeginn unter Beschuss. Mittlerweile kommt das Alter der Anlage hinzu. Im Oktober 2017 hatte die Umweltschutzorganisation Greenpeace mit einer Aktion die Aufmerksamkeit auf das Kraftwerk gelenkt. Aktivisten waren in das Gelände eingedrungen und hatten in der Nähe des Gebäudes, in dem sich das Abklingbecken befindet, ein Feuerwerk gezündet. Kurz davor hatte die Organisation einen Bericht erstellt und teilweise veröffentlicht, nachdem dieses Gebäude weniger gut abgesichert ist als andere Schlüsselelemente der Anlage und somit eine Sicherheitslücke darstellt. Mit ihrer Aktion bewiesen die Aktivisten, dass es möglich ist, relativ nah an das Gebäude heranzukommen.
In jüngerer Zeit fällt die Anlage immer wieder durch Unregelmäßigkeiten auf. Im Mai 2018 war etwa einer der vier Reaktoren wegen eines befürchteten Lecks am Gelenk des Reaktorbehälterdeckels heruntergefahren worden.
Dieschbourg ist jedenfalls optimistisch, was die Arbeit der neuen Regierung in puncto Atomkraft anbelangt. Immerhin haben die Grünen nun zwei wichtige Ministerien in dieser Sache inne: das Umweltministerium mit ihr als Ministerin und das Energieministerium unter Claude Turmes.
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Schadensersatz für wen, wenn es mal knallt, nur noch für Familie Maulwurf? Carole soll den Macron mëll machen, all Dag 🙂