Hohe Inflationsrate / Nach der Fed erhöht auch die britische Notenbank die Zinsen weiter
Nach der US-Notenbank dreht auch die Bank von England im Kampf gegen die hochschießende Inflation weiter an der Zinsschraube. Die EZB bleibt noch in Wartestellung.
In ihrer bereits vierten Erhöhung in nur sechs Monaten setzte die britische Notenbank den Leitzins am Donnerstag um einen Viertelpunkt auf nunmehr 1,0 Prozent nach oben. Ein so hohes Niveau der Leitzinsen hat es seit 2009 im Vereinigten Königreich nicht mehr gegeben. Die Entscheidung auf der Zinssitzung fiel mit sechs zu drei Stimmen. Drei Währungshüter hatten vergeblich einen noch größeren Schritt auf 1,25 Prozent gewünscht.
Die meisten Währungshüter waren laut BoE der Ansicht, dass weitere Straffungsschritte in den kommenden Monaten angebracht sind. Die Notenbank strich dabei das Wort „moderat“ zur Beschreibung künftiger Schritte. Die britische Währung wertete nach dem Entscheid weiter ab und kostete 1,2492 Dollar beziehungsweise 1,1796 Euro. Anleger seien enttäuscht, dass vergleichsweise wenig Notenbanker für einen größeren Schritt votiert hätten, hieß es am Markt.
Die BoE hatte im Dezember als erste der großen Zentralbanken seit Beginn der Corona-Pandemie die Zügel angezogen. Weitere Straffungen folgten im Februar und März. Mit der aggressiven geldpolitische Linie wollen die Währungshüter die hohe Inflation eindämmen, die im Vereinigten Königreich zuletzt auf einem 30-Jahreshoch von 7,0 Prozent lag. Sie gehen nun davon aus, dass die Teuerung in den drei Schlussmonaten des Jahres ihren Höhepunkt mit über zehn Prozent erreichen wird. Zuvor hatten sie den Gipfel im April mit rund acht Prozent erwartet. Mit der neuen Prognose läge die Teuerung dann mehr als fünf Mal so hoch wie die Zielmarke der Notenbank: Sie strebt zwei Prozent Inflation als Optimalniveau für die Wirtschaft an.
Undeutliche Signale aus Frankfurt
Erst am Vorabend hatte die US-Notenbank Fed ihren Leitzins kräftig um einen halben Prozentpunkt erhöht, um der hohen Inflation zu begegnen. Es ist der größte Zinssprung seit 22 Jahren. In den USA liegt die neue Zinsspanne nun bei 0,75 bis 1,00 Prozent. Fed-Chef Jerome Powell signalisierte auch für die nächsten beiden Sitzungen im Juni und Juli Zinssprünge von einem halben Punkt.
Die Europäische Zentralbank (EZB) gab sich dagegen zuletzt weiter vorsichtig. Es wäre unklug, bei den Zinsen zu handeln, bevor die Wirtschaftsdaten aus dem zweiten Quartal bekannt seien, sagte EZB-Direktor Fabio Panetta der Zeitung La Stampa. Die EZB könnte sich nach einer Entscheidung zu einem Abschluss des Anleihekaufprogramms im dritten Quartal entschließen, den Zyklus negativer Zinsen zu beenden. Derzeit liegt der geldpolitische Schlüsselsatz bei 0,0 Prozent. Zugleich müssen Banken weiterhin Strafzinsen zahlen, wenn sie überschüssige Gelder bei der Notenbank horten.
Laut vielen Beobachtern wäre jedoch auch in Europa ein Handeln erforderlich. Im April ist die Inflationsrate in der Eurozone auf ein neues Rekordhoch von 7,5 Prozent gestiegen. Ob und was passieren wird, steht jedoch weiterhin in den Sternen. In ihrer Sitzung Mitte April hat Europas Notenbank noch nichts unternommen. Europas Notenbank sieht sich vor einem Dilemma: Erhöht sie die Zinsen zu schnell oder zu kräftig, besteht die Gefahr, dass die Konjunktur abgewürgt wird und dass die hoch verschuldeten Staaten unter Druck geraten. Reagieren die Währungshüter zu spät, müssen die Zinsen später womöglich noch schneller oder höher steigen.
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