Tornado-Hilfe / Nach der Versicherung und dem Familienministerium steigen die Gemeinden in den Ring
Am 9. August fegte ein verheerender Tornado durch Petingen und Käerjeng. Auch wenn die meisten Schäden in den Straßen inzwischen beseitigt wurden, läuft die Hilfe hinter den Kulissen immer noch auf Hochtouren. Jetzt läuft die nächste Phase der Hilfeleistungen an.
Am 9. August dieses Jahres verwüstete ein Tornado der Stärke F2 Teile des Südens Luxemburgs. Die Gemeinden Petingen und Käerjeng waren besonders betroffen. 19 Personen wurden verletzt, zwei davon schwer. Etwa 600 Häuser – 357 in Käerjeng und 250-300 in Petingen – wurden durch den Sturm beschädigt. Viele davon waren nicht mehr bewohnbar. In Käerjeng mussten 78 Personen woanders untergebracht werden. 58 fanden mithilfe der Gemeinde eine neue Bleibe, 20 bei Privatleuten. In Petingen hatten 65 Personen kein Dach mehr über dem Kopf. Hier half die Gemeinde bei 48 Unterbringungen. 15 Personen wurden von anderen Haushalten aufgenommen. In Käerjeng seien quasi alle Häuser wieder bewohnbar, hieß es am Freitag bei der Vorstellung einer Zwischenbilanz. Nur in Petingen seien 31 Häuser noch immer nicht bewohnbar. Dabei handele es sich vor allem um ältere Gebäude mit Holzböden zwischen den Stockwerken. Diese Schäden seien nicht so schnell zu reparieren, so Pierre Mellina (CSV), Bürgermeister von Petingen. Experten hätten eine Reparaturdauer von sechs Monaten angegeben. Im Februar, schätzt Mellina, seien demnach alle Häuser wieder bewohnbar.
Am Freitag wurde auch eine vorläufige Bilanz der Versicherungsgesellschaften gezogen. Am 20. Januar waren insgesamt 4.000 Schadenserklärungen dort eingegangen. Man schätzt die Gesamthöhe der Schäden auf etwa 100 Millionen Euro. 98 Prozent würden von den Gesellschaften übernommen, erklärte der Bürgermeister von Käerjeng, Michel Wolter (CSV). Ein Drittel sämtlicher Dossiers betreffe Schäden an Fahrzeugen. Davon seien jedoch etwa 70 Prozent abgeschlossen. Bei den Häusern sei etwa die Hälfte der Anträge abgearbeitet. 40 Millionen Euro seien bereits an die Opfer ausgezahlt worden. Viele Fälle, die noch nicht ad acta gelegt worden seien, würden die Fassaden der Gebäude betreffen, so Wolter. Die Erneuerungsarbeiten könnten nämlich erst im Frühjahr, wenn besseres Wetter herrsche, durchgeführt werden.
Strenge Kriterien
Bei Schäden, welche nicht von den Versicherungsgesellschaften übernommen werden, besteht noch bis zum 31. März die Möglichkeit, einen Antrag beim Familienministerium einzureichen. Hier würden aber vor allem soziale Kriterien (z.B. sozial schwache Haushalte, Schäden an lebensnotwendiger Ausrüstung) in Betracht gezogen, warnt Wolter. Bis zum 13. Januar seien 64 Anträge beim Ministerium eingegangen. 12 Anfragen wurden akzeptiert und 20 wurden abgelehnt, weil sie die strengen Kriterien nicht erfüllten. In 32 Fällen stehe die Entscheidung noch aus.
Nach dem Tornado konnten sich die Opfer auch bei den Sozialämtern der betroffenen Kommunen melden. Bis zum 13. Januar hätten sich in Käerjeng 37 Personen gemeldet, in Petingen waren es 80. Im Rahmen der riesigen Solidaritätswelle, die das ganze Land nach der Naturkatastrophe ergriff und die von den Gemeindeverantwortlichen am Freitag noch mal lobend hervorgehoben wurde, war eine Spendenaktion gestartet worden. Zwei Vereinigungen zeichneten dafür verantwortlich. „Käerjeng hëlleft“ sammelte 495.000 Euro, auf dem Konto von „Fir e gudden Zweck – Gemeng Péiteng“ gingen gar 525.000 Euro ein. Dazu kommen 75.000 Euro von der Caritas, sodass man auf die stattliche Summe von 1,1 Millionen an Spendengeldern kommt. Jetzt gehe es darum, zu schauen, wie dieses Geld verteilt werden kann, so Michel Wolter. Man werde es nicht zwischen den Gemeinden, sondern zwischen den Opfern aufteilen.
Um eine gerechte Verteilung der Mittel zu erreichen, wird ein Begleitausschuss ins Leben gerufen. Jeweils ein Mitglied des Schöffenrats von Petingen, von Käerjeng, von den Sozialämtern beider Gemeinden, dem Roten Kreuz, der Caritas und den beiden Vereinigungen, die die Spenden entgegennahmen, werden darin vertreten sein. Sie sollen alle Anträge unter die Lupe nehmen und ein Vademecum (Leitfaden) für die Gewährung der Finanzhilfen ausarbeiten. Beide Gemeinden sind sich aber schon einig, dass Körperschäden, Schäden an Häusern, die nicht von der Versicherung oder dem Familienministerium übernommen werden, Schäden an Fahrzeugen, an Gräbern (in Petingen und Lamadelaine) sowie Schäden an Gartenhäuschen und -möbeln prioritär behandelt werden sollen. Bei den Fahrzeugen bestehe besonderer Handlungsbedarf, weil die Wahrscheinlichkeit hoch sei, dass etliche Autos Personen gehören, die nicht in der Gemeinde leben, so Wolter.
Formular ausfüllen, bitte!
Um eine Hilfe aus dem Spendentopf zu erhalten, muss der Antragsteller ein Formular ausfüllen und es samt den geforderten Dokumenten (Kopie der Antwort der Versicherungsgesellschaft, Rechnungen und Kostenvoranschläge, Liste der Kosten, die weder von der Versicherung noch vom Familienministerium übernommen werden, eventuell Fotos der Schäden …) bei der Gemeinde abgeben. Im Falle von kollektiven Besitztümern („copropriétés“) muss jeder Besitzer einen eigenen Antrag stellen. Das Formular ist in den Sozialämtern, den Rathäusern und auf den Internetseiten der beiden Gemeinden (www.petange.lu und www.kaerjeng.lu) erhältlich.
Da das Hilfsangebot des Familienministeriums noch nicht abgeschlossen ist und man zum Teil noch keine definitiven Angaben über die Schäden und die Entschädigungen hat, wollten sich beide Bürgermeister am Freitag nicht über etwaige Fristen für die Auszahlung der kommunalen Hilfe äußern. Die Anträge können bis zum 30. April eingereicht werden. Eine Verlängerung dieser Frist sei aber nicht unmöglich, so Wolter abschließend.
Gemeindeinfrastruktur
In Käerjeng wird die Höhe der Schäden an den kommunalen Einrichtungen mit 1,7 bis 2,3 Millionen Euro angegeben. „Wir nutzen die Reparaturen oder die Ersetzung der beschädigten Beleuchtungsmaste zum Beispiel, um alte Technologien durch neue zu ersetzen. Hier sollen nun LEDs für das notwendige Licht sorgen”, erklärte Michel Wolter. Das führe zuweilen zu Diskussionen mit den Versicherungsgesellschaften. Bisher habe aber alles hervorragend geklappt. Die Gespräche, sei es mit den Versicherern, dem Innen- oder Familienministerium, der Straßenbauverwaltung oder der Naturverwaltung, seien immer reibungslos verlaufen.
In Petingen werden die Schäden an der Gemeindeinfrastruktur auf rund 500.000 Euro beziffert. Auch hier laufen Gespräche mit Verwaltungen und Ministerien, so Pierre Mellina. Es müsste zum Beispiel eine Lösung für die gefällten Bäume gefunden werden. Man sei im Augenblick dabei, ein Register der betroffenen Bäume zu erstellen.
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