Deutschland / Nach EM und Olympia: Landesminister plädieren für verlängerte Grenzkontrollen
Während der Fußball-EM und Olympia wird die Sicherheit an den deutschen Grenzen verstärkt. Bereits jetzt gibt es Rufe, die Grenzkontrollen fortzuführen, bis das neue EU-Asylsystem greift. Die Polizeigewerkschaft hält dagegen.
Ein Sportgroßereignis folgt auf das nächste, und mit ihnen die Debatten über die Sicherheit an den deutschen Grenzen. Während der Fußball-Europameisterschaft hatte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) Kontrollen an allen deutschen Grenzen angeordnet, um Extremisten und Gewalttäter wie Hooligans an der Einreise zu hindern. Verstärkte Kontrollen gibt es nun auch an der Grenze zu Frankreich während der Olympischen Spiele, sie gelten bis zum 30. September. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bekräftige am Freitag, dass er Grenzkontrollen für eine sinnvolle Maßnahme zur Begrenzung der irregulären Migration nach Deutschland hält. „Generell ist es unsere Absicht, die deutschen Grenzen weiterhin strikt zu kontrollieren“, sagte Scholz der Saarbrücker Zeitung. Offen ließ er allerdings, ob er eine Verlängerung über die bestehenden Fristen hinaus anstrebt.
Daran entzündet sich eine neue Diskussion. Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU), derzeit Vorsitzender der Innenministerkonferenz, forderte eine Verlängerung, bis das neue EU-Asylsystem greift. „Es war viel Druck und Überzeugungskraft notwendig, bis die Bundesregierung im vergangenen Jahr endlich einlenkte und Grenzkontrollen ermöglicht hat. Seitdem belegen die Zahlen jeden Monat den Erfolg der Kontrollen“, sagte Stübgen unserer Redaktion. Die Migration habe abgenommen, illegale Einreisen würden verhindert, Schlepper und Kriminelle festgenommen. „Ein Ende der Kontrollen würde zu einem sofortigen Verlust an Sicherheit führen. Deshalb müssen wir an den Kontrollen festhalten, mindestens so lange, bis die Reformen des europäischen Asylsystems greifen, was frühestens 2026 der Fall sein kann“, forderte der CDU-Politiker.
Mehr als 1.000 Haftbefehle vollstreckt
Auch Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) sprach sich für eine Verlängerung aus, ohne ein konkretes Datum zu nennen. „Wir haben bei der EM gesehen, dass wir in der Lage sind, Kriminalität an den Grenzen zu verhindern. Wir wissen, wer ins Land kommt und wir ziehen Schleuser aus dem Verkehr“, sagte Reul unserer Redaktion. „Ich bin dafür, dass wir weiter kontrollieren – punktuell und anlassbezogen.“
Bei den verschärften Kontrollen während der Fußball-EM vom 7. Juni bis 19. Juli stellte die Bundespolizei insgesamt 9.172 unerlaubte Einreisen fest, wie aus einer vorläufigen Bilanz hervorgeht. Davon wurden 6.401 Personen ohne Einreiseerlaubnis zurückgewiesen. Im genannten Zeitraum wurden 1.198 Haftbefehle allein an den Grenzen vollstreckt. In 106 Fällen wurde Fußball-Hooligans die Einreise verweigert, 275 Mal wurden Schleuser vorläufig festgenommen.
Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) sieht darin einen Erfolg. „Die jüngsten Ergebnisse der Kontrollen an den Binnengrenzen zum Schutz der Fußball-Europameisterschaft zeigen, wie wichtig und wie wirkungsvoll Grenzkontrollen sind – auch wenn Grenzkontrollen allein kein Allheilmittel sind“, sagte Strobl unserer Redaktion. Um Migration gezielt zu steuern und zu begrenzen, sei es „ein wichtiger Schritt“, dass die derzeitigen Grenzkontrollen über die Olympischen Spiele hinaus verlängert würden, so der CDU-Politiker.
Polizeigewerkschaft gegen stationäre Kontrollen
Verlängert wurden nicht nur die Kontrollen an der Grenze zu Frankreich. Auch die bereits seit Herbst 2023 geltenden Grenzkontrollen an den Landübergängen zu Polen, Tschechien und der Schweiz werden bis 15. Dezember fortgeführt. An der deutsch-österreichischen Grenze wird bereits seit 2015 kontrolliert, was bis 11. November weiterläuft. Unabhängig davon kann die Bundespolizei auch an anderen Stellen stichpunktartig im Zuge der Schleierfahndung kontrollieren.
Im Schengen-Raum, dem die meisten EU-Länder, aber auch die Schweiz angehören, gilt Freizügigkeit, weswegen zwischen diesen Ländern keine Grenzkontrollen stattfinden sollten. NRW-Innenminister Reul bezeichnete sich selbst als „Fan von offenen Grenzen“. Reul weiter: „Dass wir uns auf diesem Kontinent frei bewegen können, ist toll. Das ist unser freiheitliches Europa.“ Zur Freiheit gehöre aber auch Sicherheit. „Und um die müssen wir uns gerade jetzt besonders kümmern. Offene Grenzen ermöglichen nun mal auch illegale Migration und Verbrechen über Länder hinweg“, so der CDU-Politiker.
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) lehnt stationäre Grenzkontrollen an allen Binnengrenzen ab, vor allem aber aus personellen Gründen. „Hierzu fehlen sowohl Personal als auch die Sachausstattung“, sagte der GdP-Vorsitzende für die Bundespolizei, Andreas Roßkopf, unserer Redaktion. Während der EM sei dies nur zu leisten gewesen, weil die Bundespolizei eine Urlaubssperre hatte und hohe Überstunden in Kauf genommen wurden. „Was wir fordern, sind mobile, flexible und auch intelligente Grenzkontrollen. Hierfür brauchen wir dringen ,mobile Kontrollstellen’.“ Diese könnten lageangepasst und flexibel aufgestellt werden, so Roßkopf.
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