Tripartite-Kommission / Nach Statec-Informationen: „Mehr offene Fragen als Antworten“
Zahlen, Tabellen, Datenreihen: Vor allem die Opposition tut sich bis jetzt schwer mit den Details der „größten Operation am Budget seit der Bankenrettung“. Nach den ersten Arbeitssitzungen des Tripartite-Sonderausschusses der Chamber gibt es für CSV und Piraten mehr offene Fragen als Antworten – auch bei grundsätzlichen Dingen.
Bei seiner dritten Sitzung wollte sich der Tripartite-Ausschuss am Donnerstag endlich mit Detailfragen beschäftigen. Klärung sollten Experten der Statistikbehörde Statec und der Steuerverwaltung bringen. Aber die große Erkenntnis über Wirkweise und Vorteile von Maßnahmen und Steuerkredit blieb offenbar zumindest den Oppositionspolitikern verwehrt. Die Tabellen und Antworten, die die Behörden lieferten, sorgten vor allem für eines: weitere Fragen.
„Verschiedene Dinge haben uns nach längeren Erklärungen eingeleuchtet. Andere nicht“, sagte der Co-Präsident der Kommission Gilles Roth (CSV) am Donnerstagnachmittag gegenüber dem Tageblatt. „Es gibt noch einige Unklarheiten.“ Sekundiert wurde Roth in dieser Einschätzung von einem Oppositions-Kollegen: „Auch heute sind wieder mehr offene Fragen dazugekommen als Antworten“, sagte Sven Clement von der Piratenpartei dem Tageblatt. „Aber wir sind am Schreiben unseres Fragenkatalogs.“
Ausschussmitglied Mars di Bartolomeo von der LSAP zog eine positive Bilanz aus den ersten Arbeitssitzungen: „Ich fand den Austausch ganz konstruktiv, auch wenn hier und da etwas problematische Fragen aufgeworfen wurden.“ Dafür hat er Verständnis: Die Akteure, die im Sonderausschuss sitzen, hatten ja nicht mit am Tripartite-Verhandlungstisch gesessen. Immerhin: Die Frage nach der Verfassungskonformität des Steuerkredits werde sich nicht stellen, das sei von den zuständigen Behörden geprüft worden. „Sonst würde sie sich auch bei allen Situationen stellen, in denen früher Steuerkredite gewährt wurden.“
Fest stand nach den ersten Arbeitssitzungen aber wohl vor allem eines: „Die Diskussionen sind noch nicht vorüber“ (Mars di Bartolomeo).
OGBL im Tripartite-Ausschuss?
„Der OGBL möchte darauf hinweisen, dass er seinerseits durchaus bereit ist, die Mitglieder der Kommission zu treffen, um ihre Fragen zu beantworten und ihnen die Mängel des Tripartite-Abkommens, dessen Unterzeichnung er verweigert hat, darzulegen.“ Das schreibt die Gewerkschaft in einer Pressemitteilung am Donnerstagnachmittag. Dem vorangegangen war der Tageblatt-Bericht über die erste Sitzung des neu geschaffenen Tripartite-Ausschusses des Luxemburger Parlaments. Der CSV-Abgeordnete Claude Wiseler erklärte darin, dass er und seine Parteikollegen eine Liste mit Gesprächspartnern für den Sonderausschuss vorgebracht hätten. Darauf stünden „alle, die mitverhandelt haben, auf der einen Seite die Gewerkschaften, auf der anderen Seite das Patronat“.
Ein Vorschlag, den Kommissions-Vizepräsident Gilles Roth – ebenfalls CSV – am Donnerstagnachmittag wiederholt hat: „Wir hätten gerne, dass neben den klassischen Staatsverwaltungen noch die Tripartite-Teilnehmer in der Kommission ihre Ansichten darlegen können. Auch der OGBL. Wir haben nicht die Mehrheit, aber wir haben die Forderung gestellt, dass die Gewerkschaft auch ihre Ansicht darlegen kann.“ Wenn die Mehrheit die Gewerkschaften nicht hören wolle, dann könne man auch die Berufskammern einladen.
„Wir haben ein Tripartite-Abkommen vorliegen“, sagte Mars di Bartolomeo dazu. „Jetzt bekommen wir einen Gesetzestext, den wir analysieren – so wie wir andere wichtige Gesetze analysieren sollen.“ Die Tripartite habe eine Rolle, die Chamber habe eine Rolle – und die Chamber solle keine „Tripartite Bis“ sein. Wenn die Kammern ihr Beiwerk dazugäben, sei das okay. „Sie sind im legislativen Prozess sowieso eingebunden“, sagte di Bartolomeo. Prinzipiell sei das Modell der Tripartite aber „das, was es ist“ – und das solle man respektieren. „Jeder soll seine Verantwortung übernehmen – wir übernehmen Verantwortung als Legislative.“
Sven Clement sagte, dass die Regierungsparteien zu Beginn gegen das Einladen von weiteren Externen in die Kommission gewesen seien. „Die Mehrheit wollte am Anfang blockieren – und will aber jetzt übers Wochenende noch einmal in sich gehen.“ Er stelle sich in diesem Punkt auf die Seite der CSV. „Mindestens die Angestelltenkammer oder die Agrarkammer sollten erklären können, was das Abkommen für sie bedeutet. Das ist die größte Operation am Budget seit der Bankenrettung.“
Keine Tranche, keine Maßnahmen – und trotzdem kein Kaufkraftverlust?
„Wie Arbeitnehmer ab einem Einkommen von 68.000 Euro keinen Kaufkraftverlust haben sollen, unabhängig davon, ob die August-Tranche ausbezahlt wird, das kann ich nicht nachvollziehen“, sagte Roth unter Bezugnahme auf eine Tabelle, das Statistikinstitut Statec den Abgeordneten vorgelegt hatte. Demnach würden Einkommen ab 100.000 Euro auch ohne August-Tranche und Steuerkredit Entlastungen in Höhe von 248 Euro zugutekommen, allein durch die Maßnahmen des „Energiedësch“ und den Sprit-Rabatt von 7,5 Cent. „Wie ist es möglich, dass nach ihren Berechnungen nur mit der April-Tranche die Einkommen von 68.000 keinen Kaufkraftverlust haben?“, fragte Roth. „Dann bräuchte im August ja keine Indextranche zu fallen.“
Auch Sven Clement wundert sich über die Statec-Tabelle. „Es ist komisch, dass diese Einkommen trotz Aussetzen der Indextranche noch immer ein Plus an Kaufkraft haben sollen“, sagte er. „Das ist irgendwie doch sehr strange.“ Die ganz hohen Einkommen hätten auch mit Aussetzen der August-Tranche einen Kaufkraftgewinn von 1.200 Euro.
„Bei den höheren Einkommen muss man einrechnen, dass auch sie im April eine Indextranche bekommen haben“, sagte Mars di Bartolomeo. Als Bruttozahl mache das bei einem Einkommen von 100.000 Euro 2.500 Euro aus. Bei den höheren Einkommen sei deshalb schon mit einer einzelnen Indextranche besser kompensiert, dass gewisse Produkte mehr kosten würden. „Der Index ist ja kein primär soziales Element, der die reale Kaufkraft ersetzt, sondern eine Preisentwicklung anhand eines Einkommens“, sagte di Bartolomeo. „Bei den Kleinen macht das 50 Euro aus, bei den Dicken 2.500 Euro.“ Das sei, was man bei einem Steuerkredit nicht habe. „Wenn der so berechnet wird, wird es umgedreht – dann bekommt derjenige mit geringem Einkommen mehr – und der mit dem ganz dicken gar nichts mehr.“
„Wir kaufen keine Katze im Sack“, betonte CSV-Mann Gilles Roth. „Der Sack ist voller Details – und wir stimmen als Chamber über 830 Millionen Euro ab.“ Dass die „Dicken“ weniger kriegen und die Kleinen mehr, sei normal und im Sinne der Solidarität „Wir wollen nicht, dass der Vertrag neu verhandelt wird“, sagte Roth. Aber die Abmachungen, die gemacht wurden, müssten auch durch Gesetze umgesetzt werden. „Und da ist es normal, dass wir unsere demokratischen Pflichten übernehmen und die Gesetzesprojekte prüfen. Sonst müssen wir nicht in der Chamber sitzen.“
In der kommenden Woche wird der Ausschuss wegen Plenarsitzungen sehr wahrscheinlich pausieren. Die Gesetzesprojekte selbst sind bis jetzt weder vom Regierungsrat verabschiedet noch vom Staatsrat begutachtet. Ob das von Kommissionspräsident Gilles Baum avisierte Ziel, bis zu den Pfingstferien „die Arbeit beendet“ zu haben, erreicht wird, ist unklar.
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