/ „Nahe an den Menschen sein“: Philippe Majerus ist der neue Direktor der großherzoglichen Stiftung
Am 1. September wurde der bisherige Flügeladjutant von Großherzogin Maria Teresa, Lieutenant-Colonel Philippe Majerus, zum Direktor der „Fondation du Grand-Duc et de la Grande-Duchesse“ ernannt. Dafür hat er die Uniform vorerst an den Nagel gehängt.
Flügeladjutant Philippe Majerus. Diskreter Begleiter und Assistent der Großherzogin. „Man muss seinen Platz kennen und die Hierarchie respektieren. Das wird uns in der Armee so eingebläut“, sagt der Lieutenant-Colonel mit einem Lächeln.
In seinem neuen Amt trägt er einen zivilen Anzug und einen Bart. „Ich wollte beruflich kürzertreten, damit meine Frau wieder Vollzeit arbeiten kann.“ Die Anfrage hat beim großherzoglichen Hof eingeschlagen wie der Blitz. Großherzogin Maria Teresa, mit der Majerus in den letzten sechs Jahren eng zusammenarbeitete, hatte jedoch Verständnis. Lieber, als ihn zur Armee zurückgehen zu lassen, bot sie ihm den Posten an der Spitze der Stiftung an, der mit dem Abschied des bisherigen Amtsinhabers Mike van Kauvenbergh frei geworden war. In einer anderen Form ist das gewissermaßen die Fortsetzung seiner bisherigen Arbeit und der fruchtbaren Zusammenarbeit.
Durch sein bisheriges Amt und seine hervorragende Kenntnis der Stiftung weiß Majerus, dass auch bei diesem Halbtagsposten eine gewisse Flexibilität und viel Bereitschaft gefragt sind. „Meine Frau ist ‚Proff‘ und meine Mutter ist bei Bedarf zur Stelle.“ Außerdem ist die gerade eingeschulte Tochter mit Freundinnen und Sport genügend beschäftigt, um dem Papa Zeit für E-Mails und Telefonate zu lassen.
Bereits 2016 hatte Majerus sechs Monate Elternurlaub genommen. Auch dieser war von der Großherzogin genehmigt und befürwortet worden. „Sie ist zwar eine besessene Kämpferin für ihre Projekte und Ideen, aber auch eine einfühlsame Mutter und Großmutter, der die Familie wichtig ist und die Verständnis für die familienbedingte Neuorientierung hatte. Ich bin verhältnismäßig spät Vater geworden und möchte deshalb die Zeit mit meiner Tochter genießen. Wir haben zudem in Luxemburg das Glück, komfortabel leben zu können, auch wenn einer nur Teilzeit arbeitet“, meint Majerus.
Zwei Großprojekte
„Echt feministisch“ nennt ihn aufgrund solcher Aussagen die Präsidentin des Nationalen Frauenrates CNFL, Danièle Becker-Bauer, mit der er die ‚Orange Week‘ auf die Beine gestellt hat, die ab Mitte November eine Woche lang den Blick auf die Gewalt gegen Frauen lenkt. Ein Thema, das Philippe Majerus an der Seite der Großherzogin in den letzten Jahren ausführlich behandelt hat „und das er mit Leib und Seele und mit sehr viel Begeisterung lebt“, so Becker-Bauer.
Zwei Großprojekte hat er seit 2013 an der Seite der Großherzogin organisiert und durchgezogen. Viel Einsatz und hohe fachliche Kompetenz bescheinigt ihm auch Hofmarschall Lucien Weiler. Der Flügeladjutant war gleich zu Beginn seiner Amtszeit ins kalte Wasser geworfen worden. Die Großherzogin hatte 2013 ein Forum über Lernschwierigkeiten ins Leben gerufen, an dem 1.500 Menschen teilnahmen. Einige der bei der Fachtagung ausgesprochenen Empfehlungen wurden in kürzester Zeit umgesetzt, was letztendlich relativ schnell zu einem Paradigmenwechsel geführt hat. „Ein Beweis dafür, was eine großherzogliche Initiative bewirken kann.“
Auch bei dem zweiten großen Projekt, der Konferenz „Stand Speak Rise Up!“ über sexuelle Gewalt gegen Frauen in Krisengebieten im März dieses Jahres, war Philippe Majerus eine treibende Kraft. Das anspruchsvolle Programm, an dem nicht weniger als drei Nobelpreisträger/innen beteiligt waren, und der Perfektionismus der Großherzogin, die selbst präzise arbeitet, auf jedes Detail achtet und nichts dem Zufall überlässt, haben den Flügeladjutanten stark beansprucht, ihm gleichzeitig aber auch eine emotionale Zufriedenheit gebracht. „So habe ich die Probleme erkannt und die Menschen kennengelernt, die darunter leiden. Und genau diesen Themenkreis kann ich jetzt weiter bearbeiten.“
Er lebt die jeweiligen Projekte mit Leib und Seele und mit sehr viel persönlichem Einsatz
Die Voraussetzungen für Majerus’ starke Einbindung in die humanitären Projekte des großherzoglichen Hofes liegen schon in seiner Biografie. Bevor er zur Armee ging, hatte Philippe Majerus Sozialwissenschaften studiert und auch in verschiedenen Institutionen volontiert. Bereits damals waren ihm die Lebensumstände gewisser Schichten der Bevölkerung nahegegangen. Das starke soziale Engagement seiner Eltern war ebenfalls ein Vorbild.
Bei der Armee kamen ihm diese Erfahrungen zugute. „Unser Diplom heißt nicht aus Zufall ‚Master en sciences sociales et militaires‘.“ In der Verantwortung als Pelotonchef, genau wie bei den Missionen 2007 in Afghanistan und 2009 im Kosovo, waren neben militärischen auch soziale Kompetenzen gefragt, wenn die jungen Leute mit den Problemen konfrontiert wurden, die die Menschen in den Kriegsgebieten meistern müssen.
Schwierige Lebensumstände gibt es nicht nur in Krisengebieten. Auch hierzulande stehen Menschen, selbst in einem sozial großzügigen Land wie Luxemburg, mitunter vor quasi unüberwindbaren Hürden. Dann wenden sie sich in letzter Instanz an die Stiftung des Großherzogs. „Wir intervenieren, wenn alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft sind.“
Neue Perspektiven
Die Beispiele, die Majerus anführt, sind der beste Beweis dafür, wie weit er sein neues Amt bereits verinnerlicht hat. So schildert er einen bettlägerigen, schwer behinderten Mann, in dessen Haus die Fenster nicht dicht waren, so dass er einem ständigen Luftzug ausgesetzt war. Das Sozialamt ist für solche Probleme nicht zuständig; die Mittel, das Fenster zu ersetzen, hatte der Betroffene nicht. Deshalb der Appell an die Stiftung. Sie konnte helfen. Das hat sie auch getan, als eine alleinstehende Mutter ihre Arbeit verlor, dadurch mit ihrer Miete in Verzug geriet, das zuständige Sozialamt jedoch in den Sommerferien nicht zusammentraf und keine Hilfe geben konnte. Drei Viertel der Anträge kommen von alleinerziehenden Frauen und von Schwerbehinderten.
Finanziert wird die „Fondation du Grand-Duc et de la Grande-Duchesse“ aus persönlichen Mitteln des großherzoglichen Hofes sowie von Sponsoren, allen voran von der Stiftung „Grande-Duchesse Charlotte“, die von der „Loterie nationale“ finanziert wird. Etwa die Hälfte der Mittel gehen in die Unterstützung bedürftiger Menschen in Luxemburg, die zweite Hälfte wird für internationale Hilfsprojekte bereitgestellt.
Ein Vorzeigeprojekt war die Arbeit von Maggy Barankitse, die sich bis 2015 in Burundi um die Befreiung von Kindern aus den Gefängnissen bemühte und diese wieder in die Gesellschaft integrierte. Dann wurde sie aus ihrem Land verjagt. In Ruanda, wo sie heute lebt, hat sie wiederum 350 Flüchtlinge aus Burundi „aufgefangen“ und ihnen eine Ausbildung ermöglicht. Weitere Projekte finanziert die Stiftung im Libanon, wo sie Frauen ausbildet und mit Microkrediten auf einen eigenständigen Berufsweg bringt.
Die Stiftung, die sich Solidarität, Integration und Respekt der Menschenwürde auf die Fahne geschrieben hat, besteht seit 2004. Sie ist ein Zusammenschluss einer ersten Stiftung, die das erbgroßherzogliche Paar 1981 zu seiner Hochzeit ins Leben gerufen hatte, und einer zweiten Stiftung, die 2000 den Thronwechsel begleitete. Sie arbeitet mit einem bescheidenen Team. Neben dem neuen, tatkräftigen Direktor sind eine Sozialhelferin und eine Projektleiterin im Einsatz.
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Naa! Wie lange hält der sich auf dem Schleudersitz? ???