Editorial / Nazis, Jehova und Luxemburg: Luxemburger Buchmessenpräsenz im Vergleich
Auf der diesjährigen Frankfurter Buchmesse waren laut offiziellen Zahlen nur etwa ein Viertel der Verleger, die es sonst in die unüberschaubaren Messehallen lockt. Trotzdem gab es erneut Proteste wegen der Anwesenheit rechter Verlage, die Debatten über Diversität und die Grenzen der Toleranz auslösten. Da zahlreiche größere Verleger nicht vor Ort waren, standen kleinere Stände (oder Stände kleinerer Länder) verstärkt im Zentrum.
Dies war für ein Land wie Luxemburg durchaus von Vorteil – durch die größere Sichtbarkeit konnte man abgesagte Termine etwas ausbalancieren –, hat aber den faden Beigeschmack, dass durch die Polemik und die geringe Anzahl der Aussteller dem Kleinverlag Jungeuropa, geleitet vom Rechtsradikalen Philip Stein, eine Aufmerksamkeit geschenkt wurde, die dieser sonst nie bekommen hätte.
Anderswo ging es weniger radikal, dafür aber bizarrer zu: So erzählte mir ein deutscher Verleger, am Stand gegenüber von ihm würde man hauptsächlich „esoterischen Verschwörungsmist“ ausstellen, den man in den Vorjahren niemals bemerkt hätte, was mich unweigerlich daran erinnerte, wie Hydre Editions vor Jahren auf dem „Salon du livre“ in Paris neben die Zeugen Jehovas platziert wurde und die Mutter des Verlegers die Zeugen, die sich vor dem luxemburgischen Verlagsstand scharten und diesen für potenzielle Besucher unzugänglich machten, wie Fliegen verscheuchte.
Drei Frankfurt-Auflagen und drei Literaturexportverantwortliche später ist die Erinnerung an solche doch eher amateurhafte Auftritte – damals mussten die an einer Messepräsenz interessierten Verleger den Aufenthalt auf eigene Faust organisieren, das Kulturministerium stellte eine kleine Summe für Unkosten und die Botschaft spendierte den Umtrunk – fast weggeblasen. Mit Jean-Philippe Rossignol hat man zudem einen Mann an die Spitze des Literaturexports gesetzt, dessen Erfahrung im Literaturbereich ihn für den Posten mehr als qualifiziert.
Seine Ideen sind, auch wenn ihm vielleicht die Kenntnis der Luxemburgensia (noch) streckenweise fehlt, bereits jetzt sehr ausgeklügelt: Rossignol möchte u.a. dafür sorgen, dass das Verlagswesen durch einen entsprechenden Master an der Uni.lu professionalisiert wird. Er will die Buchhändler dazu bewegen, endlich aufzuhören, die Luxemburgensia in eine Ecke zu stellen und sie im Gegenteil ermutigen, die luxemburgischen Neuerscheinungen neben die Bücher ihrer ausländischen Kollegen zu platzieren. Zudem denkt er bei Messen nicht nur an London, Berlin oder Paris, sondern möchte die Zusammenarbeit mit und den Auftritt in der Großregion vorantreiben.
Vielversprechend klingen diese Vorhaben, die sich in die Überlegungen von Rossignols beiden Vorgänger*innen eingliedern, definitiv, ihr Erfolg beruht aber auch darauf, dass sich die betroffenen Institutionen von alteingesessenen Gewohnheiten lösen. Wieso Luxemburgensia seit ewig in einer Buchhandlungsecke dahinsiecht – sozusagen als räumliche Metapher des viel debattierten luxemburgischen Minderwertigkeitskomplexes –, oder bestenfalls auf einem Präsentiertisch liegt, der dann doch selten so zentral ist wie der für deutsch- und französischsprachige Neuerscheinungen, kann wohl kein Buchhändler begründen: Entweder man macht das so, weil es seit jeher so gemacht wird, oder man macht es so, weil man heimlich der Überzeugung ist, dass luxemburgische Literatur eigentlich doch nicht so toll ist.
Apropos Umdenken: Die Jury des „Lëtzebuerger Buchpräis“ sollte man vielleicht darauf hinweisen, dass es wenig zeitgemäß ist, in einer Shortlist nur eine Autorin und vier Männer aufzulisten, zumal mit Nora Wageners Kreuzfahrtroman ein durchaus Shortlist-würdiges Prosawerk qualifizierbar war. Dass dann mehr Frauen bei der Kinderbuchliteratur zu finden sind, bestätigt umso mehr, dass hier noch konservative Mechanismen am Werk sind, die einer progressiven Literaturszene im Weg stehen könnten.
- Barbie, Joe und Wladimir: Wie eine Friedensbotschaft ordentlich nach hinten losging - 14. August 2023.
- Des débuts bruitistes et dansants: la première semaine des „Congés annulés“ - 9. August 2023.
- Stimmen im Klangteppich: Catherine Elsen über ihr Projekt „The Assembly“ und dessen Folgeprojekt „The Memory of Voice“ - 8. August 2023.
Wenn rechte oder linke Verlage sich an die Gesetzgebung halten, stelle ich mir die Frage was diese Demonstranten von der Pluralität einer Demokratie halten. Mundtot machen scheint mir eher die Devise.
„hauptsächlich „esoterischen Verschwörungsmist“ ausstellen“
Die Scientologen waren auch da? 😁
@Wieder Mann
„Mundtot machen scheint mir eher die Devise.“
Literatur macht man nicht mit dem Mund aber wenn Sie mal ’ne Weile nicht posten würden, das wäre uns sehr genehm.
@Verona:Der Literatur – Kenner spricht und verbietet das Wort.Demokratie die ich meine.Ihr Kommentar wird die Auswahlliste meiner Sammlung an Kommentaren bereichern und einen Ehrenplatz in .„ Trollige Komentare , der digitale Nachbar .regiert „ finden.
@wieder usw. Bitte suchen Sie mal nach den mündlichen Ergüssen dieser jungeuropäischen „Burschen“!
@Grober: Ob jungeuropäische Burschen , rechte Radikale oder linke Autonome , linke, alternative Radikale wer sich nicht an die Gesetzgebung hält , Gewalt , mutwillige Zerstörung von Besitz ausübt gehört auf das Abstellgleis. Alle anderen gehören dieselben Rechte.
@Wieder Mann
„: Ob jungeuropäische Burschen , rechte Radikale oder linke Autonome , linke, alternative Radikale wer sich nicht an die Gesetzgebung hält“
Sie halten sich ja nicht mal an die Covid-Gesetzgebung.
@stark: Wie denn? Doppelt geimpft, trage meine Maske……Was mache ich falsch?Sie belehren mich? Dass ich Wissenschaft ,Politik hinterfrage ist das Recht der mündigen Bürger.
@ wieder. Auch dann, wenn man dazu aufruft die Gesetze zu missachten, oder Andersdenkende „einfach ausschalten“ will? Das ist also Meinungsfreiheit? Ich liebe solche Burschenschaften ob von links oder von rechts.
Übrigens „stark“ hat nicht Sie gemeint! Sehe ich da eine kleine narzisstische Ader?
@Grober
„Übrigens „stark“ hat nicht Sie gemeint! Sehe ich da eine kleine narzisstische Ader?“
Genau, das groß geschriebene ‚Sie‘ war durch den Satzanfang erforderlich und er ist drauf gesprungen wie der Teufel auf einen arme Seele.
Wirklich lächerlich.