Präsident Pedro Oliveira / Neuanfang für das „Syndicat d’initiative“ aus Esch nach dem Katastrophenjahr
Pedro Oliveira hat ein schwieriges Amt übernommen. Nach einem Katastrophenjahr 2022 trat der bisherige Vizepräsident des Escher „Syndicat d’initiative“ die Nachfolge von Präsident Jacques Muller an. 2023 soll zu einem Neuanfang werden, wie Oliveira im Tageblatt-Interview unterstreicht.
Tageblatt: Pedro Oliveira, Sie sind der neue Präsident des Escher „Syndicat d’initiative“ (SI), waren zuvor Vizepräsident. Bevor wir in die Zukunft blicken, muss ein wenig Vergangenheitsbewältigung betrieben werden. Das SI musste 2022 von der Gemeinde mit 152.000 Euro bezuschusst werden, damit offene Rechnungen beglichen werden konnten. Das, obwohl das Budget in den vergangenen beiden Jahren substanziell erhöht wurde. Was ist schiefgelaufen?
Pedro Oliveira: Die Hauptursache war der „Kölsche Owend“. Das Organisationskomitee hat zu Beginn gut funktioniert. Auch ich war ein Teil davon, also muss auch ich ein „mea culpa“ machen. Es wurde nicht genug kommuniziert. Wir sind Verpflichtungen eingegangen, haben dabei aber die Finanzsituation vernachlässigt. Es wurde gesagt, dass wir bei der Gemeinde einen außerordentlichen Zuschuss für die Veranstaltung beantragen sollten. Das ist nicht geschehen. Unter dem Strich aber haben wir zu hoch gepokert. Zwischen 2.000 und 2.500 Zuschauer hätten kommen müssen. Als der Vorverkauf schleppend lief, haben wir Werbung geschaltet. Die hat aber nicht den erhofften Erfolg gebracht. Dazu kam, dass unser Partner „den Atelier“ das Festival nicht so gefördert hat, wie wir uns das vorstellt hatten. Die hatten an diesem Wochenende ihr eigenes Festival.
Auch das Culture Forest Festival war nicht der erhoffte Publikumserfolg. Warum musste das SI im Kulturjahr, wo ja genug in und um Esch herum los war, auch noch seine eigenen Großveranstaltungen organisieren?
Vielleicht haben wir etwas groß gesehen, aber im Grunde genommen war es nur der „Kölsche Owend“, der im Vergleich zu den Vorjahren hinzukam. Dazu kommt, dass wir als SI mit unseren freiwilligen Helfern natürlich nicht so professionell aufgestellt sind. Aber wir haben aus unseren Fehlern gelernt. Auf diese Schiene werden wir nicht mehr gehen, darüber herrscht im neuen Verwaltungsrat Einigkeit.
Ein Vorwurf lautete auch, dass vieles im stillen Kämmerlein beschlossen wurde, ohne die anderen Mitglieder des Verwaltungsrats zu informieren. Stimmt das?
Ich habe, als ich Präsident wurde, alles nachgeprüft. Es sind immer Berichte redigiert worden. Ich möchte niemandem etwas unterstellen. Natürlich war es während der Pandemie auch schwer, via Zoom-Konferenzen zu funktionieren. Jetzt ist es so, dass es eine Tagesordnung gibt und ein Bericht erstellt wird, der von Präsident und Sekretär validiert wird und sämtlichen Mitgliedern zugestellt wird.
In einem Presseartikel stand, dass das SI zudem seine Reserven über 80.000 Euro aufbrauchen musste. Mit dem regulären Budget (450.000 Euro), der außerordentlichen Bezuschussung von 152.000 Euro und diesen 80.000 wäre das Budget im vergangenen Jahr fast 700.000 Euro hoch gewesen. Können Sie das bestätigen?
Ich gehe davon aus, dass das stimmt. Ein Fehler war, dass wir keinen Ersatz für unseren Schatzmeister, der sechs Monate nicht zur Verfügung stand, gesucht haben.
Wie hoch ist das Budget für 2023?
360.000 Euro. Eine Konsequenz der Probleme des vergangenen Jahrs ist, dass sich nun eine Buchhaltungsfirma in Zusammenarbeit mit unserem Exekutivbüro um das Finanzielle kümmert.
Als Kollateralschaden war das SI wegen Geldmangel über ein halbes Jahr lang quasi ohne Aktivität. Der „Krëschtmoart“ musste von der Gemeinde organisiert werden, Veranstaltungen wie das Open-Air-Kino oder der „Kleeschen“-Umzug fielen ganz weg.
Ja, der „Kleeschen“-Umzug war bereits während der Pandemie ausgefallen. Dafür sind wir mit dem Kleeschen und dem Houseker in die Schulen gegangen. Viele Menschen finden es schade, dass der Umzug nicht stattfand, daher möchten wir ihn wieder ins Leben rufen. Wenn das für dieses Jahr nicht klappt, dann für 2024. Auf jeden Fall wird der Nikolaus wieder auf dem Weihnachtsmarkt sein. Das Open-Air-Kino fällt auch dieses Jahr aus, soll aber 2024 wiederkommen. Wir denken darüber nach, mit ihm in die Viertel zu gehen, ähnlich wie während der Pandemie mit den Konzerten von Zero Point Five. Eine meiner Ideen ist, dass das SI wieder mehr in die einzelnen Stadtviertel geht. Was den „Krëschtmoart“ angeht, so liegt die Organisation zwar jetzt in der Hand der Gemeinde, aber wir können in Zukunft mithelfen. Bei der Animation zum Beispiel oder den Kontakt zu den „Maisons relais“ und den Schulen, die ja früher für die Gestaltung des Eingangsportals verantwortlich waren. Das ist 2022 leider weggefallen, da wir andere Sorgen hatten.
Welche Neuerungen sind für dieses Jahr geplant?
Die Escher Kavalkade läuft diesmal über drei Tage, beginnt also schon freitags. Nach dem Missverständnis mit der Kayler Kannerkavalkad (die Escher hatten ihren Termin verschoben, wobei es zur Terminkollision mit Kayl kam; Anm. d. Red.) hat der Verwaltungsrat beschlossen, mit den Kayler Organisatoren zusammenzukommen. Um das Missverständnis aus der Welt zu schaffen und uns für 2024 einig zu werden. Wir wollen keinen Konflikt mit den Kaylern und passen uns im Fall wo an sie an.
Wir wollen wieder näher an die Vereine heranrücken
Hintergrund der Verlegung war, nicht mehr mit dem Termin der Kavalkade von Arlon zu kollidieren. Ist Arlon wirklich eine so große Konkurrenz?
In Arlon sind zwischen 20.000 bis 30.000 Besucher, es ist also eine große Veranstaltung. Es geht aber bei der terminlichen Überschneidung weniger um den Publikumserfolg als vielmehr um den Austausch mit ihren Gruppen. Die „Escher Fuesent“ soll wachsen, ohne dabei die lokalen Vereine zu vernachlässigen. In den vergangenen Jahren ist das Interesse vonseiten der Klubs zurückgegangen. Wir wollen das ändern und haben fast alle angeschrieben. Auch wollen wir die Kneipen mit ins Boot nehmen, ähnlich wie in Diekirch.
Sie wollen also wieder verstärkt auf die Escher Vereine zugehen?
Ja, genau. Wir wollen das vergangene Jahr hinter uns lassen und nach vorne schauen, um das Vertrauen des Schöffen- und Gemeinderats, aber genauso das der lokalen Vereine wiederherzustellen. Wir wollen wieder näher an die Klubs heranrücken, bei ihren Generalversammlungen präsent sein und unsere Hilfe bei der Organisation ihrer Veranstaltungen anbieten. Gleiches gilt für die Interessenvereine in den Stadtvierteln. Auch hier wollen wir unsere Hilfe anbieten. Materiell, finanziell oder aber Manpower.
Also geht das SI ein wenig „Back to the roots“, wenn man so will. Hatten Sie Angst, dass das „Syndicat d’initiative“ nach dem Jahr 2022 aufgelöst werden würde?
Ja, ich hatte schon ein wenig Angst davor. Das wäre aber extrem schade gewesen, denn schließlich geht es ja nur um eins: die Stadt Esch. Nach den Turbulenzen des vergangenen Jahrs sind wir jetzt nur noch zu 13 Vorstandsmitgliedern. Aber alle sind motiviert, etwas Neues aufzubauen. Dabei sehe ich es als Vorteil an, als kleinere Gruppe zu funktionieren.
Die Veranstaltungen 2023
Escher Fuesent (3.-5. März)
Ostereiersuche im Ellergronn (1. April)
Culture Forest Festival (13. Mai)
Nationalfeiertag (22./23. Juni)
India Day / Festival of Colours (Juli)
Summer an Esch (Juni bis September / Alzettestraße und Boltgen-Platz)
Kleeschen op Esch (Ende November, Anfang Dezember in den Schulen und am Escher Krëschtmoart)
evtl. Vespa-Convention
Zusätzlich geplant für 2024:
Lëtzebuerger Hobby- a Konschtmaart
Open-Air-Kino
evtl. American-Car-Show
Zur Person
Geboren wurde Pedro Oliveira am 21. August 1973 in Figueira da Foz (POR). Er besitzt die Luxemburger Staatsangehörigkeit. Die Familie zog 1975 nach Esch, wo Pedros Vater bei der Arbed und als Maurer im Bauwesen arbeitete. Aufgewachsen im Clair-Chêne-Viertel, besuchte Oliveira die Brouchschule und anschließend das LTE. Nach einer Berufslehre im Verkauf fing Pedro Oliveira 1994 bei der Gemeinde an, wo er heute dem Informatikdienst angehört. Oliveira wohnt in Raemerich, ist gepacst und Vater von zwei Jungen (21 und 5 Jahre alt). Sein Hobby ist der Fußball. In der Jugend kickte er für Jeunesse und US Esch, seit über 20 Jahren ist er als Schiedsrichter aktiv. Insgesamt 1.915 Spiele hat er seitdem als Unparteiischer geleitet.
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