Parlamentssitzung vom Dienstag / Neue Gymnasium-Sektionen, Erdölreserven und elf Fragen
Mit einer Fragestunde an die Regierung startete die Parlamentssitzung vom Dienstag. Information der Abgeordneten tut denn auch Not, so jedenfalls sieht es die Opposition. In einer Motion verlangten LSAP, Grüne, Linke und Piraten zu Anfang der Sitzung, dass das Parlament prioritär über Projekte der Regierung informiert werden solle und nicht erst die Medien bedient werden sollen.
Sam Tanson (Grüne) reichte, nachdem das Parlament die Resultate der Europawahl geprüft und anerkannt und somit offizialisiert hatte, die entsprechende Motion ein. Es folgte eine Resolution der gleichen Oppositionsparteien, eingereicht von Taina Bofferding (LSAP), die bemängelte, dass viele Sitzungen von parlamentarischen Kommissionen kurzfristig und außerhalb der dafür vorgesehenen Termine einberufen würden.
Anschließend hatten die Parlamentarier während einer Stunde Gelegenheit, Fragen an die Regierung zu stellen, ehe Kammerpräsident Claude Wiseler zu einem weiteren Punkt der Tagesordnung überging. Elf Fragen konnten somit beantwortet werden: Unter anderem wollte Paul Galles (CSV) von Innenminister Léon Gloden (CSV) wissen, ob Luxemburg bei Immigrationsdossiers über eine Härtefallkommission nach deutschem Beispiel verfüge. Eine solche gebe es zwar nicht, dafür behandele seit 2021 ein NGO-Forum, dem u.a. ASTI und CLAE angehören, Fälle, in denen etwa Krankheit oder die Einschulung von Kindern berücksichtigt würden. In 78 von 93 behandelten Fällen endete die Besprechung des Falles mit einer Regularisierung der betroffenen Personen.
Klimabank wird überarbeitet
Taina Bofferding wollte vom Minister für Wohnungsbau (Claude Meisch, DP) Details über die Reform der Klimabank, die es Privatpersonen im Rahmen der energetischen Sanierung ihrer Wohnungen erlaubt, eine staatlich garantierte Vorfinanzierung der Maßnahmen vornehmen zu können.
In der Tat werde diese überarbeitet, dies nach einer Analyse des bisherigen, eher geringen Erfolges des Angebots, so Meisch, der betonte, die Klimabank helfe sowohl der Bevölkerung beim Umsetzen von klimafreundlichen Projekten als auch dem Handwerk. Die Unterstützung soll künftig mit anderen staatlichen Hilfen verknüpft werden.
Auf die Frage von Alex Donnersbach (CSV) zur Reform der präventiven Archäologie im Rahmen des neuen Wohnungsbaugesetzes wusste Kulturminister Eric Thill (DP) zu berichten, dass bei Genehmigungen auch hier künftig das Prinzip „Silence vaut accord“ gelten werde und nach einer Anfrage bei den zuständigen Stellen nach 30 Tagen ohne Antwort die Zustimmung zu den Bauplänen (auch ohne vorherige archäologische Prüfungen) automatisch vorliege. Zudem übernehme der Staat künftig 100 Prozent der eventuell anfallenden Mehrkosten notwendiger Ausgrabungen im Sinne der Archäologie.
Staatsminister Luc Frieden wurde von Sam Tanson zur Position Luxemburgs im Rahmen der Besetzung europäischer Spitzenämter befragt und nannte dabei Ursula von der Leyen, Antonio Costa und Kaja Callas als potenzielle Kommissionpräsidentin, Ratspräsident und Außenbeauftragte der EU.
Von der Leyen, Costa, Callas
Sollte sich herausstellen, dass nach den Verhandlungen zwischen Christdemokraten, Sozialdemokraten und Liberalen diese drei Politiker für die jeweiligen Posten vorgeschlagen würden, so werde er diese mittragen, so der Premier, der darauf verwies, dass Rechtspopulisten und Neofaschisten bei den entsprechenden Verhandlungen außen vor blieben.
Laurent Mosar, der sich (und dem Finanzminister) Fragen zur Zukunft des flüssigen Geldes, sprich von Scheinen und Münzen stellte, konnte von Gilles Roth (CSV) erfahren, dass die Zukunft von „Cash“ gesichert sei, u.a. auch von der EU durch entsprechende Direktiven. 59 Prozent aller Geldtransaktionen würden immer noch mit Papier- oder Metallgeld getätigt. 37 Prozent der Privatpersonen in der EU verfügten noch über Geldreserven, die sie zu Hause bunkerten. „Cash“ werde auch in Zeiten der Einführung des digitalen Euro als Ausdruck der persönlichen Freiheit gesehen, so der Minister.
Und schließlich, vor Ablauf der vom Präsidenten genauestens überwachten einstündigen Zeitspanne für Fragen, erfuhr Dan Biancalana (LSAP) noch von Justizministerin Elisabeth Margue (CSV), dass die Reform des Strafrechts in drei Etappen umgesetzt werden soll und Etappe 1 u.a. vorsieht, eine Reihe von Taten aus dem Strafrecht zu streichen, u.a. das einfache Betteln. Aggressives Betteln hingegen solle besser definiert werden und nach französischem Beispiel in den „Code pénal“ eingeschrieben werden, um so auch die Arbeit der Polizei zu erleichtern.
Das Parlament setzte weiter eine europäische Direktive zu Erdölreserven in den jeweiligen Mitgliedstaaten um, die dem Parlament von André Bauler (DP) vorgestellt wurde. Die Luxemburger Reserven können sich künftig in Lagern in einem Umkreis von 185 (vorher 235) Kilometern rund um das geografische Zentrum des Landes befinden (also auch im Ausland, was für die ADR reichte, um die Zustimmung zu verweigern). Die Reserven müssen im Krisenfall für 93 Tage reichen.
Neue Sektionen N, P und R
Dieses Gesetz wurde ebenso wie die beiden folgenden zur Schaffung eines legalen Rahmens für neue Sektionen in den klassischen Lyzeen und zur Anerkennung der professionellen Qualifikation rumänischer Krankenpfleger ohne Gegenstimme angenommen.
Neben den bereits existierenden Sektionen werden künftig die Sektionen N, P und R angeboten, die bereits als Pilotprojekt im ECG und im Athenäum getestet wurden. N wird sich mit Unternehmertum, Finanzen und Marketing beschäftigen, P soll eine Verbindung zwischen humanistischer Ausbildung und Naturwissenschaften darstellen und die Sektion R soll Wissen über Politik und Nachhaltigkeit vermitteln. Das Angebot soll sowohl den Vorstellungen der Schüler als auch dem Bedarf von Wirtschaft und Gesellschaft gerecht werden.
Als letzten Punkt behandelten die Abgeordneten das Kammerrreglement, das so abgeändert wurde, dass dem Parlament künftig einmal pro Jahr große Infrastrukturprojekte nur mehr ab Kosten von 30 Millionen Euro vorgelegt werden müssen. Bislang betrug diese Summe 10 Millionen. Ab 60 Millionen muss übrigens ein Spezialgesetz für Bau- und Infrastrukturprojekte verabschiedet werden.
Am Mittwoch wird das Parlament ab 14 Uhr zu einer weiteren Sitzung zusammen kommen.
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