Deutschland / Neue Kriminalstatistik: Fragen und Antworten
Politik und Sicherheitsbehörden sprechen von einer besorgniserregenden Entwicklung. Im vergangenen Jahr stiegen die Fälle von Gewalt-, Jugend- und Ausländerkriminalität. Die Gründe sind vielfältig.
Die Polizei hat im vergangenen Jahr in Deutschland so viele Straftaten registriert wie seit 2016 nicht mehr. Der Anteil ausländischer Tatverdächtiger ist zuletzt deutlich gestiegen. Das heizt die Debatte über Zuwanderung und die Integration von Migranten in Deutschland zusätzlich an. Laut der am Dienstag veröffentlichten Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) für 2023 hat unter anderem die Gewaltkriminalität zugenommen. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) betont dennoch: „Deutschland ist weiterhin eines der sichersten Länder der Welt.“ Hier die Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Wie viele Straftaten wurden registriert? Im Jahr 2023 wurden bundesweit rund 5,94 Millionen Straftaten statistisch erfasst. Das sind 5,5 Prozent mehr als im Vorjahr. Auch wenn man ausländerrechtliche Verstöße nicht berücksichtigt, liegt der Anstieg immerhin noch bei 4,4 Prozent. Bedeutende Gesetzesverschärfungen, mit denen sich die höhere Zahl registrierter Straftaten erklären ließe, gab es im vergangenen Jahr nicht.
Welche Entwicklungen sind besonders stark gewesen? Die Gewaltkriminalität nahm 2023 laut Statistik um 8,6 Prozent auf knapp 214.100 Fälle zu. Sie erreichte damit den höchsten Stand seit 2007. Der Anstieg ausländischer Tatverdächtiger fiel mit 14,5 Prozent höher aus als bei den deutschen Tatverdächtigen mit einem Plus von 2,2 Prozent.
Wie sieht es bei Minderjährigen aus? Auch die Zahl der minderjährigen Straftäter hat etwas zugenommen. Gehörten im Jahr 2022 bundesweit 13,4 Prozent aller Tatverdächtigen zur Gruppe der Kinder und Jugendlichen, so stieg ihr Anteil im vergangenen Jahr auf 13,8 Prozent. Besonders hoch war der Zuwachs den Angaben zufolge bei ausländischen Minderjährigen.
Heißt das nun, dass Ausländer hierzulande krimineller sind als Deutsche? Nein, nicht per se. Zum einen ist der Anstieg bei der Ausländerkriminalität auch ein statistischer Effekt. Durch die hohe Migration wuchs die ausländische Bevölkerung in Deutschland an — sowohl in absoluten Zahlen, als auch im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung. Außerdem stieg auch insgesamt die Einwohnerzahl Deutschlands. „Der Zusammenhang ist richtig, dass steigende Migration zu mehr Straftaten geführt hat“, konstatierte aber Bundesinnenministerin Nancy Faeser bei der Präsentation der Statistik. Holger Münch, Präsident des Bundeskriminalamts, ergänzte: Ein „Rückgang der Migrationsdynamik“ könne auch einen „Rückgang der Tatverdächtigen-Zahlen“ bewirken. Es komme jedoch auch auf Lebensumstände, Bildung und wirtschaftliche Bedingungen an. So sei die Kriminalität generell in sozial schwachen Regionen höher, sagte Münch. Dort leben statistisch auch mehr Ausländer. Dass Menschen aus anderen Ländern „prinzipiell krimineller“ seien – „das stimmt so nicht“, sagte Münch.
Begrenzte Aussagekraft
Aber der Anteil der mutmaßlichen Straftäter ist bei Menschen ohne deutschen Pass dennoch höher als unter denen mit deutschem Pass? Ja. Der Anteil der in Deutschland lebenden Menschen – der sogenannten Wohnbevölkerung – ohne deutschen Pass lag im vergangenen Jahr bei etwa 15 Prozent. Unter den im Jahr 2023 ermittelten Tatverdächtigen lag der Ausländeranteil bei 41,1 Prozent, also deutlich darüber. Nach Abzug der sogenannten ausländerrechtlichen Verstöße, also unerlaubter Einreise und Aufenthalt, die nur Ausländer begehen können, waren es immer noch 34,4 Prozent. Diese Quote beinhaltet aber einen „Verzerrungseffekt“, wie BKA-Chef Münch betonte. Anders als bei Deutschen werden unter den ausländischen Tatverdächtigen auch Menschen ohne Aufenthaltsgenehmigung, ausländische Touristen, Grenzpendler und Stationierungsstreitkräfte zusammengefasst, aber nicht separat aufgeführt. Wie groß der Effekt genau ist, sei daher unklar, sagte Münch.
Aus welchen Ländern kommen die meisten kriminellen Ausländer? Das geht aus dem Bericht nicht hervor. BKA-Chef Münch sagte, dass die meisten Straftaten, die Ausländern zugeschrieben wurden, zwar von Syrern begangen worden seien, das liege aber an ihrem insgesamt hohen Anteil. Relativ gesehen seien die Zahlen bei Georgiern, bei Menschen aus den Maghrebstaaten und „abgeschwächt“ bei denen aus Staaten Zentralafrikas hoch.
Wie aussagekräftig ist die polizeiliche Kriminalstatistik überhaupt? Begrenzt. Sie gilt zwar als Maßstab für den Stand der Kriminalität und kann handlungsleitend für die Politik sein. Gelistet werden aber zum einen nur erfasste Straftaten – wie hoch dahinter das Dunkelfeld ist, ist unbekannt. Außerdem wird nur die reine Zahl der Taten gemessen, ohne diese abzustufen. Darüber hinaus werden nur Tatverdächtige gezählt, die oftmals noch keine rechtskräftig verurteilten Straftäter waren. (mit dpa/AFP)
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