Parlament / Neue rechtliche Grundlage für Auslandseinsätze der Armee
Das Parlament hat das Gesetz über die Beteiligung Luxemburgs bei militärischen Einsätzen im Ausland geändert. In Zukunft werden Soldaten nicht nur zu Friedensmissionen in Krisengebieten, sondern auch in kriegerische Konflikte entsandt werden können. Das Parlament wird stärker eingebunden, aber nur beratend.
Das Gesetz von 1992 sah bisher nur Friedenserhaltungsoperationen vor. Etliche militärische Einsätze Luxemburger Soldaten und Missionen von Zivilpersonen werden nicht vom aktuellen Gesetz gedeckt. Die aktuellste davon ist die NATO-Mission „Enhanced Forward Presence“ in Litauen, die den angeblich bedrohlichen Nachbarn Russland abschrecken soll. Der Gesetzentwurf erweitert daher den Begriff Friedenserhaltungsmissionen mit Einsätzen für Krisenprävention und -management, erklärte der grüne Abgeordnete und Berichterstatter Carlo Back.
Das neue Gesetz erhöht die Reaktionsfähigkeit der Armee, womit die Verlässlichkeit des Landes gegenüber den Partnern verstärkt werden soll, so Back. Politisches Gegengewicht dazu ist eine strengere parlamentarische Kontrolle bei der Beteiligung Luxemburgs an „friedenserzwingenden Operationen“. Der Fachausschuss des Parlaments soll alle drei Monate über den Verlauf der Missionen informiert werden. Wird ein Militäreinsatz bei Einsätzen etwa mit den schnellen Eingreifkräften von NATO und EU oder innerhalb von Länderkoalitionen beschlossen, muss innerhalb von drei Tagen eine Debatte im Parlament stattfinden. Entscheiden werden die Abgeordneten jedoch nichts. Sie werden sich nur beratend äußern können. Schlimmste Strafe für die Regierung: eine Motion, in der das Parlament den Einsatz ablehnt.
Die Gesetzesänderungen fanden bei den großen Parteien allgemeine Zustimmung. Die Prozeduren würden nun vereinfacht. Staatsrat und Präsidentenkommission würden nicht mehr befasst, lobte Jean-Marie Halsdorf (CSV), ehemaliger Armeeminister. Nur bezweifelte Halsdorf, ob die Drei-Tage-Frist für die Parlamentsdebatten stets gewahrt werden könne.
Die Solidarität mit den Bündnispartnern als Vorwand für Militärmissionen erwähnten fast alle Redner. Man habe ja keine Armee, um Krieg zu führen, meinte Gusty Graas (DP). Laut Lydia Mutsch (LSAP) werde das Gesetz an die Realitäten „um Terrain“ angepasst. Der Frieden sei eine Idealvorstellung. Wenn Prävention und Diplomatie nicht reichen, müssten Maßnahmen ergriffen werden, um wieder zurück auf den Friedenspfad zu gelangen.
Während Stéphanie Empain („déi gréng“) das neue Gesetz als wichtiges Puzzlestück einer grünen Verteidigungspolitik sah, sprach Fernand Kartheiser (ADR) von einer 180-Grad-Kehrtwende der Grünen bei Militärmissionen. Man öffne nun alle Türen für Einsätze bis fast zur Kriegserklärung. Man werde wohl tödliche Gewalt einsetzen und solche erdulden müssen.
Fragen zu Liberty Steel
Allein die Vertreter von „déi Lénk“ und der Piratenpartei lehnten die Gesetzesvorlage ab. Das Gesetz erlaube nun größere Einsätze im Ausland, so der Linken-Abgeordnete Marc Baum. Derzeit waren es nur Friedensmissionen im Rahmen internationaler Organisationen. Jetzt seien auch Operationen zu Prävention und Krisenmanagement möglich, wobei der Begriff ziemlich dehnbar sei und Einsätze auch außerhalb internationaler Organisationen, etwa im Rahmen multilateraler Gruppierungen von Staaten, denkbar seien. So hätten die USA 2003 den Irak ohne UN-Mandat angegriffen. Die Piraten seien pazifistisch, erklärte Marc Goergen seine Ablehnung. Das Positive am neuen Gesetz sei, dass die Entscheidung zu Auslandseinsätzen „aus dem Hinterzimmer der Regierung“ gezerrt werde. Ein definitiver Beschluss müsste jedoch durch eine Parlamentsmehrheit gebilligt werden.
Der Gesetzentwurf wurde mit 56 Ja- bei vier Nein-Stimmen angenommen.
Die Sitzung begann mit mehreren parlamentarischen Anfragen. Eine von ihnen betraf die Zukunft von Liberty Steel in Düdelingen. Das Galvanisierungswerk ist wegen der Pleite des Hauptfinanzierers des Werkbesitzers in Turbulenzen geraten. Die Löhne für die rund 200 Beschäftigten seien bis Ende des Monats gesichert, sagte Wirtschaftsminister Franz Fayot (LSAP). Man befinde sich in entscheidenden Wochen und man arbeite an alternativen Lösungen, so Fayot in Beantwortung der Frage des CSV-Abgeordneten Laurent Mosar. Man sei derzeit in Gesprächen mit dem Eigner und den Verantwortlichen des Liberty-Steel-Werks in Liège, das Düdelingen Vorprodukte liefert. Die Idee einer Nationalisierung sei ihm nicht unsympathisch, so Fayot. Aber die Frage stelle sich derzeit noch nicht. Er schloss jedoch eine strategische Beteiligung der staatlichen Investitionsbank SNCI nicht aus. So wie das bis vor kurzem beim Maschinenbauer Paul Wurth und bei einzelnen Banken der Fall war.
Familienurlaub
Einstimmig verabschiedet wurde die Verlängerung des Gesetzes für bezahlten Familienurlaub zugunsten von Beschäftigten und Selbstständigen, die sich während der Covid-Pandemie um betagte Familienangehörige oder Erwachsene mit einer Behinderung kümmern müssen. Nutznießer der Maßnahme sind derzeit rund ein Dutzend Personen.
Die Abstimmung über zwei Motionen zur Aufhebung des Patentschutzes auf Covid-Impfstoffe von David Wagner für „déi Lénk“ und von Yves Cruchten (LSAP) im Namen der anderen Fraktionen vorgelegt ging zugunsten des Mehrheitstextes aus. Durch eine Beseitigung des Patentschutzes könnte schneller mehr Impfstoff zugunsten ärmerer Länder produziert werden, so das Anliegen beider Motionen. Wagner fordert die sofortige, zeitlich begrenzte Aufhebung, die Mehrheit setzt auf eine EU-Entscheidung.
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