Petingen / Neue Tankstelle am Boulevard de l’Europe soll für Entlastung sorgen
In Rodange bedienen bereits zwölf große Tankstellen jährlich Tausende von Fahrzeugen. Jetzt soll in der Nähe eine weitere dazukommen, um die bestehenden Zapfsäulen zu entlasten. Nicht jeder ist aber froh über das Projekt.
Die Verkehrslage in Rodange ist schwierig. Der Grund: Entlang der N5 liegen mehrere Tankstellen, die besonders bei Lkw-Fahrern sehr beliebt sind. Seit vielen Jahren schon wälzt sich eine Blechlawine durch die Straße, sehr zum Unmut der lokalen Bevölkerung. Besonders ärgerlich seien die Laster, die Stoßstange an Stoßstange auf der Fahrbahn warten, bis eine Zapfsäule frei wird. Sie verstopfen so eine der Hauptzufahrtsstraßen nach Rodange. „Dies ist nicht nur ärgerlich für die Leute, die nach Rodange wollen, sondern vor allem auch gefährlich“, so der Verkehrsschöffe von Petingen, Romain Mertzig (LSAP).
Wenn man die Lage vor Ort während einiger Zeit beobachtet, kann man dies nur bestätigen. Dabei war es laut einem Tankstellenwart an dem Tag, als wir uns ein Bild von der Lage verschaffen wollten, noch ruhig. Nichtsdestotrotz herrschte einiges Chaos, vor allem weil die Lkws, die getankt hatten, wenden mussten, um wieder auf ihre Reiseroute zu gelangen. Grund: Die Auffahrt via Frankreich ist gesperrt. Im Oktober 2014 hatte der Bürgermeister von Longlaville das Durchfahren der Avenue de Luxembourg für jeglichen Schwertransport (Fahrzeuge mit einem Gewicht über 3,5 Tonnen) verboten. Er argumentierte, dass die tagtägliche Nutzung der Straße durch über 1.300 Laster die Lebensqualität der Einwohner der französischen Grenzgemeinde erheblich einschränke.
Petingen hatte damals beim französischen Bürgermeister gegen diese Maßnahme protestiert, jedoch ohne Erfolg. Im Vorfeld der Schließung hatte die Luxemburger Gemeinde auch mehrmals das Verkehrsministerium um Unterstützung gebeten – ohne Ergebnis. Der Gemeinderat gibt aber nicht auf. Er hat so im November 2019 eine Motion verabschiedet und an das zuständige Ministerium weitergeleitet. Darin schlägt er zum Beispiel die Schaffung einer Einbahnstraße zu den Tankstellen vor. Zudem wird die Einrichtung einer Lkw-Spur angeregt, ebenso wie der Bau eines Rastplatzes an der französisch-luxemburgischen Grenze. Letztes Jahr haben Anrainer außerdem eine Online-Petition gestartet, die von mehr als 2.000 Personen unterschrieben wurde. Darin wird „eine angepasste Straßenführung“ gefordert.
„Einweiser“ sollen Unfälle verhindern
In der Zwischenzeit haben mehrere Tankstellenbetreiber sogenannte „Einweiser“ eingestellt, um für etwas Ordnung auf dem Areal zu sorgen. Die Auslastung der Tankstellen liege bei über 90 Prozent, erklärte einer der „Guides“. Die meisten Kunden seien Brummifahrer und Franzosen. Viele kämen auch, um Alkohol und Spirituosen, Tabakwaren, Geschenkartikel und Zeitschriften zu kaufen. „Die Preise sind niedriger und die Auswahl ist hier größer als bei uns, und es ist nicht weit weg“, begründet Jacqueline aus Herserange ihren Besuch und verstaut ein halbes Dutzend Einkaufstüten in ihren Wagen.
Für Entlastung des Areals in Rodange sorgt jedoch seit einiger Zeit die große Lkw-Tankstelle im Multimodal-Hub in Bettemburg. „Die Laster, die dort tanken, bleiben auf ihrem Weg nach Belgien oder Frankreich hier nicht mehr stehen“, so Romain Mertzig. Zur weiteren Verbesserung der Lage soll jetzt eine weitere Tankstelle beitragen. Sie soll beim Stahlwerk entlang der Avenue de l’Europe gegenüber dem Athus Container Terminal entstehen und mit neun Zapfsäulen speziell für Lkws ausgestattet werden. Die Abfahrt zu den Zapfsäulen befindet sich auf belgischem Territorium. Am 3. März 2017 hatte die Firma Proru s.à r.l. einen Antrag bei den zuständigen Ministerien eingereicht, um in Rodange eine Lkw-Tankstelle betreiben zu dürfen. Am 3. August 2017 erteilte Umweltministerin Carole Dieschbourg („déi gréng“) die Genehmigung. Auch zwei Änderungen, die 2018 und 2019 beantragt wurden, seien gutgeheißen worden, heißt es in der Antwort der Minister Bausch (Infrastruktur) und Turmes (Energie) auf eine parlamentarische Frage von Marc Goergen (Piraten). Die Baugenehmigung der Gemeinde wurde Ende des letzten Jahres erteilt. Bald soll es losgehen. Der Betreiber rechnet mit einem Umsatz von rund 10 Millionen Litern Diesel im Jahr.
Das Projekt bleibt aber umstritten. So befürchten u.a. die Piratenpartei und „déi Lénk“, dass durch den Bau der neuen Tankstelle mehr Schwerverkehr in die Region kommt. Die Regierung betont aber, dass man den Bau einer Tankstelle nicht verbieten könne, solange der Betreiber sich an alle Vorschriften und Gesetze halte. Die Niederlassung von Betrieben sei außerdem im allgemeinen Bebauungsplan der Gemeinde (PAG) klar definiert. So steht dem Bau der neuen Mega-Tankstelle entlang der Avenue de l’Europe wohl nichts mehr im Wege, auch wenn das Projekt im Zusammenhang mit dem angekündigten Ausstieg aus dem Tanktourismus bei vielen Leuten Kopfschütteln auslöst.
Tankstellen „a gogo“
In Luxemburg gibt es insgesamt 234 Tankstellen. Etwa 60 Prozent davon liegen in unmittelbarer Nähe zu den Grenzen nach Belgien, Deutschland und Frankreich. Unter anderem in Wasserbillig, in Rodange, in Rombach/Martelingen reihen sich oft die Sattelschlepper Stoßstange an Stoßstange. Luxemburg besitzt nur 165 Kilometer an Autobahnen. Nichtsdestotrotz ist es ein beliebtes Transitland, nicht zuletzt wegen seiner zentralen Lage in Europa. Internationalen Studien zufolge liegt die Anzahl der jährlich vom Gütertransport hierzulande gefahrenen Kilometer bei weit über einer Milliarde. Laut Schätzungen sind jeden Tag mehr als 25.000 Laster auf Luxemburgs Straßen unterwegs. Viele Lkw-Fahrer verbinden ihre vorgeschriebenen Rastzeiten häufig mit einem Tankstellenbesuch in Luxemburg, auch weil die Kraftstoffpreise hier niedriger sind als in den Nachbarländern. Die Folge: Die Rastplätze platzen regelmäßig aus allen Nähten – sogar die europaweit größte Tankstelle für Lkws in Berchem. Durch die Schaffung von neuen Logistikzentren wie dem Eurohub und CFL-Multimodal sowie die Niederlassung von etlichen Transportunternehmen steigt der Lkw-Verkehr in Luxemburg weiter – und mit ihm die Kraftstoffnachfrage. Der Logistiksektor sei gut für die wirtschaftliche Entwicklung, betont die Regierung einerseits. Es schadet andererseits aber der Lebensqualität und der Umwelt, kontern die Kritiker und fordern strengere Regeln.
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Eine Tankstelle, das sollte doch demnächst kein Mensch mehr brauchen. Fehlt noch das Turmes das Bändchen durchschneidet😂🤣