Coronavirus / Neue Testzentren sollen Warteschlangen unwahrscheinlicher machen
Die hohen Infektionszahlen der vergangenen Wochen haben für viel Betrieb an den Testzentren gesorgt. Um die Wartezeiten wieder einzudämmen, wird die Infrastruktur derzeit erweitert. Jede weitere Skalierung hängt allerdings davon ab, ob auch die entsprechende Ausstattung und qualifiziertes Personal aufzutreiben sind.
Fast überall auf der Welt verbreitet sich das Coronavirus Sars-CoV2 derzeit mit neuer, unheilvoller Energie – auch in Luxemburg, wo der jüngste Wochenrückblick 4.701 neue Fälle ausweist. Zwar entspannt sich die Situation derzeit offenbar etwas – relativ gerechnet hat das Großherzogtum in den vergangenen Tagen allerdings viermal so viele Infektionen registriert wie die USA. Natürlich hinkt ein so direkter Vergleich der Fallzahlen: Das liegt vor allem daran, dass durch die vielen Tests sicherlich ein deutlich realistischeres Bild der Infektionslage vorliegt als in Amerika.
Vor allem die Massentests im Rahmen des Large Scale Testing (LST) sind international praktisch einzigartig. Sie werden in Luxemburg über acht spezielle Zentren abgewickelt – und finden nur auf Einladung und dann auf Termin statt. Während das in der Praxis recht reibungslos verläuft, sieht das anders aus bei den diagnostischen Tests, die auf konkreten Anlass stattfinden – üblicherweise auf Verschreibung („Ordonnance“) nach einem Arztbesuch.
Die hohe Nachfrage der jüngsten Zeit führte bei den Testzentren zeitweilig zu problematischen Zuständen. So gibt es Berichte von Bürgern, die bei Kälte, Wind oder Regen mehrere Stunden warten mussten, um zum Abstrich vorgelassen zu werden – was umso unzumutbarer ist, wenn sich die betroffenen Menschen ohnehin schon krank fühlen.
Neue Zentren und Ticket-Systeme
„Die Situation der letzten zwei Wochen war sehr überraschend für uns“, räumt Dr. Stéphane Tholl gegenüber dem Tageblatt ein. Tholl ist Betriebsleiter der „Laboratoires réunis“, einem der drei Privatlabore, die in die Teststrategie Luxemburgs eingebunden sind. Die staatlichen und privaten Akteure ergreifen jetzt eine Reihe von Maßnahmen, um die Situation zu entzerren. Eine davon: Die „Laboratoires réunis“ führen seit einigen Tagen keine diagnostischen Tests mehr ohne Verschreibung und auf eigene Kosten (von 58,49 Euro) durch. „Wenn sich die Situation beruhigt, werden wir das aber sicher wieder anbieten“, glaubt Tholl – der ansonsten darauf hinweist, dass man die Kapazitäten aufstocke. Zu den 40 vorhandenen eigenen Testzentren, die über das Land verteilt sind, gesellen sich derzeit drei neue – in Junglinster, in Strassen und in Marnach: Im dortigen Walk-through-Testzentrum sollen gewärmte Zelte verhindern, dass bei eventuellen Wartezeiten die Menschen ungeschützt der Witterung ausgesetzt sind.
Auch der Dienstleister Bionext räumt längere Wartezeiten in den vergangenen Tagen ein, auf die man aber mit gesteigerten Anstrengungen reagiere: „Seit dem 2. November haben wir neun zusätzliche Zentren für die PCR-Tests hinzugefügt, sodass insgesamt 22 Zentren in der Lage sind, diese Tests durchzuführen“, erklärt Direktor Dr. Jean-Luc Dourson auf Anfrage. Ein neuer Drive-in-Standort werde derzeit ebenso eingerichtet.
Außerdem setzen die Labore zunehmend auf Ticket-Systeme. „Das ermöglicht den Patienten, ungefähr zu wissen, wie lange sie warten müssen, und gibt ihnen die Möglichkeit, während der Wartezeit etwas anderes zu tun“, sagt Dourson.
Untersuchung und Test auf dem Kirchberg
Auf die Expansionen der privaten Akteure will sich der Staat aber nicht allein verlassen – sondern stockt seinerseits auch auf: So wurde für Personen mit Verschreibung ein neues Testzentrum auf dem Kirchberg eröffnet, das mittlerweile sogar in ein Untersuchungszentrum umgewandelt wurde. Somit können sich dort Menschen mit Symptomen ohne Termin auch untersuchen lassen – und bei Verdacht auf eine Infektion gleich getestet werden. Ein weiteres Testzentrum, das ohne Termin arbeitet, gibt es seit vergangenem Dienstag in Esch.
Ein neues Testzentrum des nationalen Gesundheitslabors LNS gibt es außerdem in Düdelingen – allerdings braucht man dort einen Termin: „Patienten ab sechs Jahren mit einem ärztlichen Attest werden nach vorheriger Reservierung montags bis samstags zwischen 10 und 17 Uhr empfangen“, erklärt das LNS in einer Mitteilung den Ablauf. Der Termin ist im Internet zu vereinbaren (unter https://rdv.lns.lu/). Dabei wird eine Handynummer benötigt, an welche die Terminbestätigung per SMS gesendet wird. Die zu testende Person muss sich zum Termin mit einem Fahrzeug auf dem LNS-Gelände einfinden – samt Bestätigungscode und ausgedrucktem Attest. Dann wird ein Nasenabstrich genommen, das Resultat sollte innerhalb von 48 Stunden per SMS eintreffen. Wenn das Telefon klingelt, ist das eher ein schlechtes Zeichen: Bei positivem Test erfolgt ein Anruf durch einen Arzt des LNS.
Mit der Aufforderung, das Attest des Arztes ausgedruckt bereitzuhalten, steht das LNS nicht allein da: Auch Stéphane Tholl von den „Laboratoires réunis“ bittet dringend um entsprechende Vorbereitung – auch wenn man, beispielsweise im Rahmen einer Telekonsultation mit dem Arzt, das Rezept für den Test per Mail erhalten habe. „Natürlich funktioniert heute vieles digital, aber bei den ,Ordonnances’ geht es für uns viel einfacher und damit für alle schneller, wenn diese einfach auf Papier mitgebracht werden“, sagt Tholl.
Grenzen der Skalierbarkeit
Zu den mittlerweile recht bekannten PCR-Tests per Abstrich und den Antikörper-Tests per Blutentnahme gesellen sich in Zukunft wohl auch immer mehr Antigen-Schnelltest: Für diese ist ebenfalls nur ein Abstrich erforderlich, das Ergebnis steht praktisch sofort bereit. „Diese Tests haben jedoch eine Einschränkung, da jedes positive Ergebnis durch PCR an derselben Probe kontrolliert werden muss“, erklärt man bei Bionext. Derzeit wird geprüft, wie die neuartigen Tests am besten in die nationale Teststrategie integriert werden können.
Methoden, die die aufwendigen PCR-Tests ergänzen, sind dringend nötig, denn die nötige Erweiterung der Kapazitäten bedeutet nicht nur mögliche Warterei für die Patienten, sondern erzeugt auch große Probleme bei den öffentlichen und privaten Durchführenden: Vergangene Woche hätten etwa die „Laboratoires réunis“ (260 Mitarbeiter plus 200 externe Mitarbeiter) 5.000 PCR-Tests pro Tag gemacht. „Da kommen wir schon an unsere Grenzen“, sagt Betriebsleiter Tholl. Auf dem Weltmarkt sind aber sowohl Geräte als auch Reagenzien derzeit natürlich heiße Ware. Zwar hätten die Hersteller offenbar in den vergangenen Monaten ihre Produktionen stark hochgefahren, trotzdem brauche es derzeit viel Verhandlungsgeschick, um sich mit allem Nötigen einzudecken. Für Ende November rechne man mit neuen Maschinen, das Labor Bionext erklärt auf Anfrage, man habe soeben eine vierte PCR-Analyse-Einheit angeschafft.
Das Personal, das diese Maschinen bedienen und Abstriche nehmen kann, kann aber noch schlechter beliebig vervielfältigt werden. Um hier abzuhelfen, gibt es einige Ideen, die meist darauf abzielen, weitere Berufsgruppen zur Test-Arbeit zu befähigen. Das Rettungskorps CGDIS und die Apotheker in Luxemburg haben zwar soeben der Gesundheitsministerin eine überwiegende Absage erteilt, aber es gibt noch andere Optionen. So wurde gerade den Angehörigen von 24 Gesundheitsberufen erlaubt, nach einer Schulung durch die Labors Abstriche zu machen, erklärt Stéphane Tholl. „Es wäre auch gut, wenn wir zum Beispiel Arzthelfer aus Deutschland rekrutieren könnten.“
Bitte nicht anrufen!
Zudem können die Testkapazitäten auch indirekt erhöht werden, indem alle Abläufe möglichst harmonisch optimiert werden. Wie oben erklärt, können Patienten dazu beitragen, indem sie ihre „Ordonnance“ in ausgedruckter Form mitbringen. Wobei es hier weiteren Spielraum zur Verbesserung gäbe – denn der Datenabgleich ist gerade für die privaten Labore oft tückisch: „Die Daten auf den Ordonnancen sind oft nicht exakt“, sagt Tholl. Spätere Recherchen kosten dann wertvolle Zeit – und im schlimmsten Fall erhält ein Patient sein Ergebnis gar nicht, weil die SMS mit dem Ergebnis an eine falsche Nummer geht. „Irgendwie müsste man sauberere Daten bekommen, vielleicht indem wir, wie die Krankenhäuser, direkt an die CNS angebunden werden.“
Eine weitere Bitte an die Bürger gibt es auch noch, die derzeit bei vielen Laboren auf den Webseiten prangt: Sie sollen möglichst auf jegliche Anrufe verzichten und die Kommunikation so weit wie möglich online abwickeln. Das Anrufaufkommen habe sich seit Beginn der Pandemie etwa vervierfacht, stellen etwa die „Laboratoires réunis“ fest. Die Nutzung von E-Mail und Kontaktformularen wird darum dringend erbeten.
Weblinks: Corona-Tests
Übersicht Testzentren der Labore:
– Laboratoires réunis: https://www.labo.lu/en/centres/centres
– Bionext: https://www.bionext.lu/de/centres
– Ketterthill: https://www.ketterthill.lu/de (nur mit Anmeldung, Mo.-Fr., 12-16 Uhr)
LST-Stationen:
https://covid19.public.lu/fr/testing/stations-test.html
Vereinbarung Test für Reisezwecke:
https://guichet.public.lu/de/citoyens/sante-social/coronavirus/test-voyage-sejour-etranger.html
Ein Test zu Hause kann hier vereinbart werden:
https://www.pickendoheem.lu/de/
Terminvereinbarung für Test für Kinder bis 2 Jahre:
https://kannerklinik.chl.lu/fr/service/prise-de-sang-chl-kannerklinik
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Ich stehe lieber in einer nicht-existierender Schlange als in einer unwahrscheinlichen.