Editorial / Neue wissenschaftliche Erkenntnisse zum Ansteckungsrisiko bei Kindern
Wir erinnern uns: In den letzten Pressekonferenzen des vergangenen Schuljahres wiederholte Bildungsminister Claude Meisch gebetsmühlenartig, dass Kinder weniger oft vom Virus angesteckt werden, weniger Symptome haben und in der Regel auch weniger ansteckend sind. Das war der damalige Stand der Forschung. Heute wissen wir, dass das zum Teil nicht mehr stimmt. Dass Kinder in der Regel sehr oft asymptomatisch sind, trifft noch immer zu. Das hat auch der im August vorgestellte Bericht „L’école face à la Covid-19 au Luxembourg“ bestätigt.
Die Zahl von infizierten Kindern und Jugendlichen in Luxemburg schnellte ab der zweiten Welle in die Höhe. Das ist einerseits durch die zu diesem Zeitpunkt eingeführten Large-Scale-Tests zu erklären, wie Prof. Paul Wilmes von der Taskforce im Tageblatt-Gespräch erläuterte. Andererseits wurden, weil es eben die Essenz des Large Scale Testing ist, asymptomatische Personen ausfindig zu machen, auch mehr Kinder und Jugendliche positiv getestet.
Dieser Bericht, der nun als Grundlage für die neuen sanitären Maßnahmen zur „Rentrée“ fungiert, stellt aber auch fest, dass Kinder und Jugendliche, wie Wilmes es ausdrückt, „offenbar nicht weniger ansteckungsgefährdet sind als Erwachsene“. Die Prävalenz scheint bei Kindern und Jugendlichen ähnlich zu sein wie bei Erwachsenen. Das ist neu. Meischs frühere Aussage, dass Kinder weniger oft mit dem Virus angesteckt werden, ist folglich nicht mehr richtig.
Ähnliches gilt für die Aussage, dass Kinder weniger ansteckend seien. Der Luxemburger Bericht konnte diesen Punkt zwar nicht widerlegen, doch internationale Studien, insbesondere jene, die Anfang September in Südkorea publiziert wurde, weisen Indizien auf, dass diese Aussage nur mit Vorsicht, oder besser noch, nicht mehr gemacht werden sollte. Wilmes sagt dazu: Das, was wir vor zwei, drei Monaten über die Übertragung des Virus bei Kindern gesagt haben, ist nicht akkurat.
In einer Pandemie-Situation, in der man es mit einem neuartigen Virus zu tun hat, sind solche Korrekturen eher die Regel. „Wir wissen sehr wenig über das Virus, obwohl wir uns seit sechs Monaten in Luxemburg damit beschäftigen“, sagt Wilmes. Gut, dass auch vor einigen Monaten klar war, dass man nicht alles über Covid-19 wusste. Deshalb hat das Bildungsministerium, trotz seiner gebetsmühlenartigen Aussagen, Vorsicht walten lassen. Die Maßnahmen in den Schulen waren im Grunde recht restriktiv. Der Vorteil für die neue „Rentreé“ ist zweifellos die Tatsache, dass Luxemburg aus den Erfahrungen im vergangenen Schuljahr viel dazulernen konnte. Der Bericht zeigte auch, dass es Infektionen an Schulen gegeben hat. Der Großteil der Übertragungen bei Schülern fand allerdings zu Hause statt.
Die letzten zwei Schulwochen wurden gerne als „Testphase“ bezeichnet. Ein Wort, das einen bitteren Beigeschmack hat, da wir es nicht ertragen, dass ausgerechnet jene, die wir am liebsten haben, nämlich unsere Kinder, ins Ungewisse geschickt werden. Doch egal, wie man es nennt, es hat wohl Früchte getragen. Nun bleibt allerdings noch abzuwarten, ob diese Früchte auch genießbar sind.
Zur Besänftigung der Gemüter hat das Bildungsministerium mehr Transparenz und eine bessere Kommunikation versprochen. Der Luxemburger Bericht soll demnach laufend aktualisiert und alle zwei Wochen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, wie Meisch in einem Tageblatt-Interview versicherte. Wissenschaftler wie Paul Wilmes erhoffen sich dadurch neue Erkenntnisse.
- Was Jugendliche im Internet treiben: Bericht zeigt Nutzungsverhalten auf digitalen Geräten - 8. Februar 2023.
- Kritik am FDC: Die „schmutzigen“ Investments des „Pensiounsfong“ - 7. Februar 2023.
- Ein Plan für mehr Naturschutz in Luxemburg - 3. Februar 2023.
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können.
Melden sie sich an
Registrieren Sie sich kostenlos