LSAP / Neuer Parteipräsident Yves Cruchten: „Mir ist nicht bange um die Sozialisten“
Seit 15 Jahren ist Yves Cruchten Mitglied des Käerjenger Gemeinderats. In seiner Heimatgemeinde haben die Sozialisten den 44-jährigen Abgeordneten auf ihrem Nationalkongress am Sonntag zu ihrem neuen Parteipräsidenten gewählt.
Yves Cruchten ist der einzige Kandidat für dieses Amt. Nachdem Franz Fayot Wirtschaftsminister wurde und Francine Closener vor drei Wochen ihre Kandidatur aus privaten Gründen zurückgezogen hatte, soll nun ausgerechnet Cruchten die LSAP in das Superwahljahr 2023 führen. Dabei hatte er vor einem Jahr noch erklärt, vorerst kein Amt in der Partei mehr annehmen zu wollen.
Tageblatt: Sie waren von 2004 bis 2010 Vizepräsident und von 2010 bis 2019 Generalsekretär der LSAP. Auch wegen der schlechten Wahlresultate von 2017 und 2018 haben Sie sich vor einem Jahr aus der Exekutive zurückgezogen. Am Sonntag werden Sie nun neuer Parteipräsident. Eine bewusste Entscheidung oder war nach dem überraschenden Rückzug von Francine Closener kein anderer Kandidat auf die Schnelle verfügbar?
Yves Cruchten: Ich hatte mir tatsächlich im vergangenen Jahr vorgenommen, eine Pause einzulegen und erst einmal kein Amt in der Partei mehr anzunehmen. Ich habe Francine Closeners Kandidatur unterstützt. Als sie vor 14 Tagen ihren Rückzug bekannt gab, bin ich aber von vielen Parteikollegen ermutigt worden, meine Kandidatur zu stellen. In dem Jahr, in dem ich nicht Teil der Parteileitung war, konnte ich neue Ideen sammeln, die ich nun umsetzen möchte.
Werden am Sonntag auch die anderen Ämter des Parteipräsidiums neu besetzt?
Nein. Die Parteileitung bleibt zwei Jahre im Amt. Ich werde am Sonntag gewählt, um Franz Fayots Mandat zu Ende zu führen.
Bedeutet das, dass Sie nur ein Übergangspräsident bis zum nächsten Kongress sein werden?
Nein. Ich fühle mich nicht als Ersatzspieler oder Reserverad. Ich gehe das Amt mit vollem Engagement an und möchte es auch durchziehen. 2023 stehen mit den Gemeinde- und Parlamentswahlen zwei wichtige Termine an, die ich fest im Blick habe.
Die Parteileitung wird in den nächsten Wochen daran arbeiten, Doppelmandate in unseren Gremien und auf unseren Listen zu ermöglichendesignierter LSAP-Parteipräsident
Die beiden anderen linken Parteien in Luxemburg haben eine Doppelspitze. Ihre deutsche Schwesterpartei SPD inzwischen auch. Wieso nicht die LSAP?
Die Parteileitung wird in den nächsten Wochen daran arbeiten, Doppelmandate in unseren Gremien und auf unseren Listen zu ermöglichen. Bislang sehen die Statuten dies nicht vor.
Wie sehr haben die rezenten Wechsel und Abgänge die Partei geschwächt?
Nach den Wahlen haben wir unseren Mitgliedern und Wählern eine Erneuerung versprochen. Auch auf personeller Ebene. Dieses Versprechen haben wir im vergangenen Jahr konsequent umgesetzt. Drei der sechs Regierungsmitglieder sind neu, der Fraktionspräsident wurde ersetzt und am Sonntag kommt ein neuer Parteipräsident. Wegen der Wechsel haben wir Geschlechterparität in der Fraktion erreicht. Selbstverständlich sind alle Änderungen mit neuen Herausforderungen verbunden. Ich erkenne darin aber keine Schwächung der Partei. Es ist eher so, dass neue Leute die Chance bekommen, sich hervorzutun.
Der Präsident der „Jonk Sozialisten“ (JSL), Georges Sold, hat kürzlich in einem Tageblatt-Interview Alarm geschlagen, weil sich immer weniger Jugendliche bei den Jungsozialisten engagieren. Hat Ihre Partei ein Nachwuchsproblem?
Die Rekrutierung junger Leute war immer eine Aufgabe der JSL. Als ich zusammen mit Claudia Dall’Agnol an der Spitze der Jungsozialisten war, hatten wir 900 Mitglieder. Heute sind es wesentlich weniger. Die LSAP muss nun gemeinsam mit den JSL Maßnahmen ergreifen, um junge Leute für Politik und bestenfalls für unsere Partei zu begeistern.
Mir schwebt vor, eine Art Patenschaft für junge Parteimitglieder einzuführen. Dabei sollen erfahrene Politiker sie auf Termine mitnehmen, ihnen zu mehr Bekanntheit verhelfen und ihnen zeigen, wie sie sich in der Politik anlegen müssen.designierter LSAP-Parteipräsident
Alex Bodry hat gefordert, junge Talente in der Partei müssten besser gefördert und begleitet werden. Teilen Sie diese Einschätzung?
Ja, das wurde in der Vergangenheit wohl vernachlässigt. Man muss aber auch wissen, dass einem in der Politik nichts in den Schoß fällt. Man muss selbst dafür kämpfen und sich engagieren. Mir schwebt vor, eine Art Patenschaft für junge Parteimitglieder einzuführen. Dabei sollen erfahrene Politiker sie auf Termine mitnehmen, ihnen zu mehr Bekanntheit verhelfen und ihnen zeigen, wie sie sich in der Politik anlegen müssen. Ich möchte dieses Projekt sofort nach dem Kongress zusammen mit den Jungsozialisten angehen.
Damit hat die LSAP aber noch keine neuen Mitglieder rekrutiert. Wie könnte die Partei für junge Menschen wieder attraktiver werden?
Ich bin damals nicht in die LSAP eingetreten, weil ich irgendwo eine schöne Pressemitteilung gelesen habe. Öffentlichkeitsarbeit ist nur ein Teil der Politik. Wichtiger ist, dass man mit den Menschen über ihre reellen Probleme diskutiert und sie zum Handeln motiviert.
Wie wollen Sie das konkret bewerkstelligen?
Wir müssen mit dem Image brechen, dass Politik eine Angelegenheit von alten Männern ist, die bis spät in die Nacht diskutieren. Wir müssen neue Foren finden, wo wir uns mit jungen Menschen austauschen können. Früher war es häufig so, dass Jugendliche in die Politik kamen, weil ihr Vater oder ihre Mutter schon eine Parteikarte hatte. Diesen Automatismus gibt es heute nicht mehr. Heute muss Überzeugungsarbeit geleistet werden.
Die LSAP-Abgeordnete Cécile Hemmen hat vergangene Woche in einem Interview auf Radio 100,7 gemeint, die Politik und die Abgeordnetenkammer seien ein Spiegelbild der Gesellschaft. Stimmt diese Aussage? Fast die Hälfte der Bevölkerung ist nicht wahlberechtigt, Frauen und Menschen mit Migrationshintergrund sind im Parlament deutlich unterrepräsentiert, in der LSAP-Fraktion sind nur drei der zehn Abgeordneten unter 50 Jahre alt …
Im Idealfall sollte ein Parlament die Gesellschaft widerspiegeln. In der Abgeordnetenkammer sind aber die Staatsbeamten, Juristen und Rentner überrepräsentiert und es fehlt an Frauen. Es steht noch viel Arbeit bevor. Die Parteien müssen natürlich auch Kandidaten mit den entsprechenden Profilen bei den Wahlen präsentieren. In der LSAP führt der Weg auf eine nationale Liste häufig über ein kommunales Mandat. Deshalb müssen wir jetzt schon damit beginnen, geeignete und engagierte Kandidaten für die Gemeindewahlen zu suchen, die dazu beitragen, dass ein vollständigeres gesellschaftliches Bild entsteht. Das gilt aber für alle Parteien.
Laut einem Bericht des Luxemburger Wort haben sich alle Parteien gegen Doppelmandate ausgesprochen. Vorausgesetzt die Mandatstrennung wäre bis 2023 schon in Kraft getreten, wäre es denn überhaupt noch möglich, ausreichend Kandidaten für Gemeinde- und Parlamentswahlen zu finden?
Wenn wir bis 2023 eine Regelung finden sollten, muss jeder selbst entscheiden, ob er für das eine oder das andere Amt kandidieren will. Personelle Engpässe befürchte ich nicht, denn die LSAP ist eigentlich gut aufgestellt, auch wenn es im Osten und Norden etwas schwieriger werden dürfte als in den Südgemeinden. Insgesamt haben wir aber ein großes Reservoir an talentierten Mitgliedern, die sich durchaus Chancen auf kommunaler oder nationaler Ebene ausrechnen können.
Ihr Vorgänger Franz Fayot war Anfang 2019 angetreten, um die Partei zu erneuern und neue Impulse zu setzen. Wie gut ist ihm das in der kurzen Zeit gelungen?
Man kann von Franz Fayot nicht verlangen, dass er innerhalb eines Jahres alles verändert. Die personelle Erneuerung und die Umorganisierung des Generalsekretariats, um den Sektionen mehr Hilfestellung zu bieten, möchte ich zu Ende führen. Gleichzeitig bin ich aber der Meinung, dass wir nicht ständig neue Baustellen eröffnen sollten. Wir sollten uns auf unsere wesentlichen politischen Aufgaben konzentrieren und zur Aktualität Stellung beziehen.
Gegenüber RTL haben Sie kürzlich gesagt, dass Sie sich als Parteipräsident weniger Idealismus und mehr Pragmatismus wünschen. Was meinen Sie damit?
Ich meinte Ideologie, nicht Idealismus. Wir verfangen uns – auch parteiintern – allzu häufig in großen ideologischen Diskussionen, wodurch uns manchmal der Blick auf das Wesentliche verloren geht. Wir müssen konkrete Antworten auf die alltäglichen Sorgen der Menschen in Bereichen wie Armut, Wohnen und Verkehr liefern.
Ist der „Pragmatismus“ nicht das eigentliche Problem der LSAP? Zu viele Mitglieder, die sich mit den Idealen der Sozialisten nicht identifizieren, die Partei aber benutzen, um Karriere zu machen …
Das sehe ich nicht so. Ich möchte nicht falsch verstanden werden. Das Ideologische gehört auch dazu. Niemand wirft der LSAP vor, keine Ideale zu haben. Die Menschen, die sich bei uns engagieren, tun dies mit viel Idealismus und Einsatz. Doch die Beschäftigung mit den Alltagssorgen der Menschen scheint eine der größten Herausforderung für die Sozialisten zu sein.
Welche konkreten Themen wollen Sie denn pragmatischer angehen?
Im Bereich der Mobilität sehe ich zum Beispiel nicht ein, wieso wir uns an einer großen ideologischen Debatte über die Verherrlichung oder Verteufelung von Elektroautos beteiligen sollen. Fakt ist, Automobilkonzerne auf der ganzen Welt arbeiten an neuen Lösungen. Aufgabe der Politik ist es dafür zu sorgen, dass die Infrastruktur vorhanden sind, damit die Leute, die sich ein solches Auto kaufen, es auch nutzen können. Deshalb brauchen wir genügend Ladestationen und Wasserstofftankstellen. Kernaufgabe der Politik ist es, solche Entwicklungen zu begleiten.
Wenn es darum geht, die großen gesellschaftlichen Herausforderungen wie Klimawandel und Wohnungsbau sozial gerecht zu gestalten, verweist die Regierung immer wieder auf die anstehende Steuerreform. Hat die LSAP konkrete Forderungen für diese Steuerreform?
Selbstverständlich bringen wir unsere Forderungen bei den Verhandlungen über die Steuerreform vor. Ich möchte aber noch keine Details verraten. Bei einem Pokerspiel sollte man nicht von Anfang an seine Karten auf den Tisch legen. Wie schon bei der letzten Steuerreform wird es uns auch diesmal darum gehen, die unteren Einkommensschichten zu entlasten und die sozial schwächeren Haushalte zu stärken. Wir müssen aber aufpassen, nicht alles von der Steuerreform abhängig zu machen. Denn auch diese Regierung kann, wie jeder Privathaushalt auch, das Geld nur einmal ausgeben. Deshalb gilt es, den Spielraum optimal zu nutzen.
Eine zusätzliche Einnahmequelle könnte die Besteuerung von Privateigentum sein. Wie steht die LSAP zu Umverteilungsmaßnahmen?
Eine Studie von 2019 über die Besitzverhältnisse in Luxemburg hat gezeigt, dass die Ungleichheit nirgends so groß ist wie beim Besitz von Bauland. Ein paar Großgrundbesitzer teilen sich den größten Anteil des Baulandes und können die Preise mitbestimmen. Eine solche Situation ist ungesund, deshalb brauchen wir eine Erhöhung der Grundsteuer. Sollte dies im Rahmen der Steuerreform nicht möglich sein, muss die Dreierkoalition später nachbessern. Das Koalitionsprogramm ist im Hinblick auf den Wohnungsbau sehr ambitiös, doch wenn wir erkennen, dass die Maßnahmen nicht ausreichen, sollte die Regierung nicht bis 2023 warten, um etwas zu unternehmen.
Muss die LSAP sich nicht stärker von der Regierungsarbeit abgrenzen, wenn sie ihr Profil schärfen will?
Das ist die Schwierigkeit, die man als Regierungspartei hat. In dieser Regierung müssen wir Kompromisse mit zwei Parteien eingehen, was die eigene Position der Partei unausweichlich verwässert. Für die Parteispitze ist es die größte Herausforderung, neben der Regierungsarbeit noch mit eigenen Ideen aufzutrumpfen. Als Präsident werde ich diese Aufgabe sehr ernst nehmen und ich bin der Meinung, dass wir uns öfter zu Ressorts äußern sollten, die nicht von LSAP-Ministern geleitet werden, ohne aber gegen die Koalitionspartner zu treten.
„Mit ist nicht bange um die Sozialisten, wenn ich an die Zukunft denke“
Mit dem Niedergang der Stahlindustrie ist die klassische LSAP-Wählerschaft geschwunden, was sich seit einigen Jahren auch in den Wahlresultaten niederschlägt. Muss sich die Partei neue Wählergruppen erschließen?
Wir sind auch heute noch stolz darauf, eine Arbeiterpartei zu sein. Doch wir vertreten nicht nur den klassischen Arbeiter, sondern alle Menschen, die in Luxemburg wohnen und arbeiten. Unser historischer Auftrag ist es aber, uns vor allem für die Lohnempfänger und die sozial schwachen Haushalte einzustehen. Mir ist nicht bange um die Sozialisten, wenn ich an die Zukunft denke. Durch die Digitalisierung werden 40 Prozent der Arbeitsplätze in den nächsten Jahren verschwinden. Es gehört zu den Kernaufgaben der Sozialisten, dafür zu sorgen, dass Arbeit, Lohn und Reichtum gerecht verteilt und neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Ein anderes sozialistisches Thema ist die Armutsbekämpfung. Die LSAP hat die Erhöhung des Mindestlohns gegen ihre Koalitionspartner durchgesetzt, eine Erhöhung des Kindergeldes steht noch aus. In diesen Bereichen wird die LSAP gebraucht.
Wie lautet Ihr Wahlziel für 2023?
Ich will, dass die Partei gestärkt aus den Kommunal- und Legislativwahlen hervorgeht. Auf nationaler Ebene will ich die drei Sitze, die wir 2018 verloren haben, zurückgewinnen.
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Lëtzebuergesch Sozial Ageschloofe Partei. S =? A = ? oder irre ich wieder?
Liebes TB
Bitte keine weiße Schrift ūber weißen Hintergrund.
Das versuchen wir natürlich zu vwrmeiden 🙂
Bitte teilen Sie kurz mit, wo Ihnen weiße Schrift auf weißem Grund angezeigt wurde…
– Danke, Ihre Redaktion
Von 2004-2010 Vize-Präsident und von 2010-2019 Generalsekretär?!? Also 15 Jahre lang einer der Hauptvetantwortlichen der LSAP?
Er hat also die Titanic geplant, gebaut, vom Stapel gelassen, gesteuert, in den Eisberg gerannt, in die Schieflage und zum kentern gebracht und jetzt soll er der richtige sein um zu verhindern dass das sinkende Schiff nicht unter geht und auf dem Meeresboden versinkt?
Ja, klingt vernünftig und einleuchtend …..
Aber Hallo!!! liebe LSAP, ist das euer Ernst? habt ihr euch im Datum geirrt? der 1.April kommt erst!
Leute die so eine Entscheidung treffen sollen das Land in die Zukunft führen?
Ich seh schwarz!
Meiner Meinung nach liegt das Problem eher darin, dass nach dem Rückzug von Closener kein anderer Kandidat vorhanden war und um sich nicht einem Debakel, ja sogar einer Demütigung auszusetzen auf einem Nationalkongress der extra einberufen wurde um einen neuen Präsidenten zu wählen, ohne jeglichen Kandidaten dazustehen, wurde dann halt der einzige genommen der bereitschlagen hat lassen und den Strippenzieher in der Parteispitze genehm war.
Ausserdem kennt kaum ein anderer den Weg des Untergangs der LSAP besser wie er und so kann dann das Werk des vollständigen Untergangs der LSAP zu Ende gebracht werden.
Schade um eine einst glorreiche sozialistische Partei.
Sozialisten gibt es in Luxemburg schon lange nicht mehr. Im besten Fall gibt es noch soziale Demokraten.
Wann Leit dei nemmen negativ un all Person den beret ass sech als President ze presenteren an mengen Sie haeten dei besser leisung dann presentert ech an nemmen meckeren brengt koum eppes , ech sin an der partei sei1967 , fannen och munches gelengtlech net gudd awer fir elo besser ze machen do muss een awer och den kurasch hun an soen hei sin ech , ech wees et besser , op den warde mir dann elo , meckeren an dann am stellen kemmerlein sech et gudd goen loosen . Als President huet een vieles wat mus op den Wee gesat gin , awer net emmer durch get.