EU-Parlament / Neues Gesetz: Medienfreiheit in der EU wird weiter gestärkt
Mit dem sogenannten Medienfreiheitsgesetz, das am Mittwoch im Europäischen Parlament (EP) mit einer Mehrheit von 464 Ja- gegen 92 Nein-Stimmen bei 65 Enthaltungen verabschiedet wurde, wird EU-weit die Unabhängigkeit von journalistischer Arbeit weiter geschützt.
Während der Debatte im EP zu dem am Mittwoch verabschiedeten Medienfreiheitsgesetz wurde immer wieder auf den Zusammenhang einer freien Medienlandschaft und dem guten Funktionieren einer Demokratie hingewiesen. Es dürfte wohl auch dieser Aspekt gewesen sein, der die EU-Kommission zur Ausarbeitung dieser neuen Verordnung veranlasst hatte. Denn wie die Beispiele in Ungarn und Polen zeigen, bedarf es offensichtlich einer europäischen Regelung, damit die Menschen überall in der EU Zugang zu unabhängigen oder nicht-staatlich kontrollierten Medien haben. Vor allem in Polen hat sich nicht erst nach dem Abgang der PiS-Regierung gezeigt, wie stark der staatliche Rundfunk von der Kaczyński-Partei durchsetzt war und der Regierung als Propaganda-Instrument diente.
Mit dem neuen Medienfreiheitsgesetz sollen solche Entwicklungen künftig vermieden werden. Medien sollen „deutlich unabhängiger von Regierungen sein“, sagte die EVP-Abgeordnete und EP-Berichterstatterin Sabine Verheyen vor der Abstimmung im EP. Es dürfe keine Mehrheit von politischen Vertretern in den Aufsichtsgremien der öffentlich-rechtlichen Medien geben. Diese dürften „kein Staatsfunk sein“, so die EVP-Abgeordnete. Die neue Verordnung sieht zudem vor, dass die leitenden Gremien und Führungskräfte in den öffentlich-rechtlichen Medien in einem „transparenten und diskriminierungsfreien Verfahren“ bestimmt werden.
Quellenschutz wird gewahrt
Allerdings sollen auch die Medien für mehr Transparenz über sich sorgen. So werden sie dazu verpflichtet, in einer nationalen Datenbank Informationen über ihre Eigentümerstruktur zu hinterlegen. Und dies unabhängig von der Größe des Medienunternehmens. In Luxemburg besteht eine ähnliche Regelung bereits seit Jahren, zumindest für die Printmedien. Sie müssen in einer der ersten Ausgaben eines jeden Jahres Informationen zu ihren Eigentümern publizieren.
Geregelt wird im neuen Gesetz ebenfalls der Quellenschutz: Das bedeutet, dass Journalisten nicht dazu gezwungen werden können, ihre Quellen offenzulegen. Was vor allem bei der Berichterstattung über Missstände, etwa in Behörden, vorkommen kann. Allerdings ist der Quellenschutz längst durch entsprechende Urteile des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofes in Straßburg abgesichert. Dennoch ist diese Regelung von Bedeutung. Vor allem im Zusammenhang mit sogenannter Spyware, also Spionageprogrammen, die auf Mobiltelefonen von Journalisten installiert werden können, um diese abzuhören. Wie Sabine Verheyen weiter erklärte, werden solche Spionageprogramme „generell“ verboten und können nur durch richterlichen Beschluss in den Einsatz kommen. Allerdings müssten Journalisten nachträglich darüber informiert werden, dass solche Mittel gegen sie eingesetzt wurden. Zudem dürfe der Quellenschutz durch den Gebrauch von Spyware nicht in Gefahr geraten. Daher dürften dazu gewonnene Informationen nachher nicht genutzt werden, so die EVP-Abgeordnete weiter. Die investigative Arbeit von Journalisten dürfe dadurch nicht behindert werden und die Spionageprogramme nur zur Aufdeckung von Straftaten genutzt werden, die von Journalisten begangen werden.
Kein willkürliches Löschen von Medieninhalten
Weiter dürfen große Online-Plattformen wie beispielsweise Facebook oder „X“ künftig nicht mehr willkürlich Inhalte von unabhängigen Medien einschränken oder gar löschen. Zuvor müssen die Medienunternehmen über die Gründe für einen solchen Schritt informiert werden. Diese haben dann 24 Stunden Zeit, Stellung dazu zu beziehen. Für Streitfälle wird eine europäische Schlichtungsstelle eingerichtet.
Die niederländische liberale EP-Abgeordnete Sophia In’t Veld befürchtet, dass das Gesetz in den Mitgliedstaaten nicht stark genug durchgesetzt wird. Sie appellierte daher an die Kommission, die Durchsetzung stark zu überwachen. Vera Jourova, zuständige EU-Justizkommissarin, versprach, darauf zu achten, und verwies darauf, dass das Medienfreiheitsgesetz „Hand in Hand“ mit anderen Gesetzen in der EU einhergehe, wie etwa dem jüngst in Kraft getretenen Gesetz über digitale Dienste.
Dass die neue Regelung nicht in jedem EU-Land gut ankommt, zeigte der Debattenbeitrag der ungarischen Abgeordneten und Parteikollegin von Viktor Orban, Andrea Bocskor. Es gehe um ein „Unions-Zensurgesetz“ und „den Versuch, eine totalitäre Übersicht und Kontrolle herzustellen“, so die Fidesz-Politikerin. Zweck sei es, „nur die Stimme aus Brüssel gelten zu lassen“, und es handele sich hier um „ein Instrument zur Unterdrückung“.
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Eine EU welche auslaendische medien verbietet,die dem bruesseler narrativ widersprechen, sollte den begriff medienfreiheit lieber nicht in den mund nehmen.
@ luxmann
Sie spielen wohl auf die „Putin ist gut, Putin ist besser, Putin ist der Beste“-Medien an?
Sendungen, in denen Duma-Abgeordnete vorrechnen, dass Paris und Berlin nahe genug für russische Bomben sind? Und in denen Putin Kindern beibringt, dass Russland keine Grenzen hat.
Ich hab auch meine Zweifel, was diese Zensur anbelangt. Aber erstens sind die offensichtlichen Lügen dieser Medien haarsträubend. Klar, leider kriegen wir nur Auszüge mit, die aus dem Kontext gerissen sind, aber die meisten Auszüge sind doch eher aussagekräftig.
Zweitens ist die Ukraine im Krieg und braucht jeden Schutz gegen den Aggressor, den es kriegen kann.
Russische Medien praktizieren Angstmacherei und verbreiten eine Menge Fake News, wenn nicht gerade die Glorifizierung Putins (und nicht zu vergessen, immer mehr auch Stalins) stattfindet. Brauchen wir das wirklich?
@dan
Dass Paris nah genug fuer russische bomben ist darf wohl kaum als luege gelten.
Selbst Washington koennte problemlos ausradiert werden…genau wie Moskau von US raketen.
Was die glorifizierung Stalins anbelangt..die findet man auch in jeder historischen reportage ueber den 2.weltkrieg und den fall Berlins damals.
Den feindsender verbieten ist einfach nur ein armutszeugnis.
„Feindsender“? Wie hat Macron gesagt: La Russie n’est pas un ennemi mais un adversaire“…
Aber genug der Wortklauberei. Russische Medien zu verbieten, ist nur ein Signal an Moskau.
Denn mit VPN kommt man sehr wohl an russische Sender ran. Wie sonst würden westliche Medien neueste russische Nachrichten publizieren können? Deshalb sehe ich das nicht so dramatisch.