GBS / Nicht nur Impfung kann Nervenkrankheit verursachen – sondern auch Covid-19
Nicht nur die Impfstoffe Vaxzevria und Janssen können die neurologische Erkrankung Guillain-Barré-Syndrom verursachen – auch eine Infektion mit dem Coronavirus kann dieses zur Folge haben.
Die Impfstoffe von Johnson & Johnson und AstraZeneca sollen laut der Europäischen Gesundheitsbehörde EMA in sehr seltenen Fällen die neurologische Erkrankung Guillain-Barré-Syndrom (GBS) als mögliche Nebenwirkung verursachen. Das ging am Montag aus einer parlamentarischen Antwort von Gesundheitsministerin Paulette Lenert (LSAP) hervor.
Guillain-Barré-Syndrom (GBS)
GBS ist eine seltene neurologische Erkrankung, bei der das körpereigene Immunsystem fälschlicherweise Nerven angreift, die außerhalb des Gehirns und des Rückenmarks liegen. Die Symptome von GBS reichen von leichter Schwäche bis hin zu schweren Lähmungen. Obwohl Menschen jeden Alters betroffen sein können, tritt die Krankheit am häufigsten im Erwachsenenalter und bei Männern auf. „Die meisten Menschen erholen sich komplett von der Störung – auch in den schlimmsten Fällen“, schreibt die „Santé“ auf Tageblatt-Nachfrage. Schwere Fälle des Guillain-Barré-Syndroms sind selten, können aber zu nahezu vollständigen Lähmungen führen.
„Bis zum 27. Juni 2021 wurden der EMA aus der EU insgesamt 227 Fälle von GBS im Zusammenhang mit Vaxzevria gemeldet – das bei 51,4 Millionen Dosen Vaxzevria, die bis zum 20. Juni in der EU verimpft wurden“, schreibt die „Santé“ am Dienstag auf Tageblatt-Nachfrage. Auch beim Impfstoff Janssen sei das Risiko vergleichsweise klein. Der US-amerikanische beratende Ausschuss für Immunisierungspraktiken (ACIP) hat laut Gesundheitsministerium in den USA bis zum 30. Juni 100 Fälle von GBS bei etwa 12,2 Millionen Dosen des Impfstoffs von Janssen registriert. „Bis heute wurde uns in Luxemburg noch kein Fall von GBS für den Impfstoff Johnson & Johnson gemeldet“, schreibt die Gesundheitsministerin am Montag in der parlamentarischen Antwort. Allerdings sei im Großherzogtum ein Fall von Guillain-Barré-Syndrom in Verbindung mit Vaxzevria festgestellt worden.
Mehrere Fälle in Verbindung mit Covid-19
Doch GBS ist nicht nur eine Nebenwirkung der Corona-Impfung – auch nach einer Infektion mit Covid-19 kann das Guillain-Barré-Syndrom auftauchen. „In der medizinischen Fachliteratur wurden mehrere Fälle vom Guillain-Barré-Syndrom in Verbindung mit Covid-19 veröffentlicht“, antwortet das Gesundheitsministerium auf eine Anfrage des Tageblatt – darunter das „Journal of Neuroimmunology“ und das „Journal of Neurology“. Für eine vollständige Bewertung seien allerdings noch strengere Studien erforderlich, die alternative Datenquellen verwenden und geimpfte mit ungeimpften Bevölkerungsgruppen vergleichen.
Wie viele Menschen bis jetzt in Luxemburg nach einer Covid-19-Erkrankung mit dem Guillain-Barré-Syndrom zu kämpfen hatten, konnte das Gesundheitsministerium auf Nachfrage nicht sagen. „Die ‚Division de la pharmacie et des médicaments’ hat keinen Zugang zu Daten über die Entwicklung von Komplikationen oder klinischen Manifestationen im Zusammenhang mit Covid-Infektionen in Luxemburg“, antwortet das Gesundheitsministerium in einer Mail.
Impfung trotzdem zu bevorzugen
Auch Dr. Gérard Schockmel, Infektiologe in den Robert-Schuman-Kliniken, wisse nicht, ob es schon einen GBS-Fall nach einer Corona-Erkrankung in Luxemburg gab. Eines sei allerdings sicher: „Neurologische Komplikationen – und dazu gehört auch der Befall der Gefäße im Gehirn, der zu einem Schlaganfall führen kann – sind viel häufiger nach einer Covid-19-Infektion als nach einer Impfung“, sagt Schockmel im Gespräch mit dem Tageblatt. Überhaupt gebe es die Nervenkrankheit nicht erst seit der Corona-Krise. „Das GBS ist ein alter Bekannter und wird auch mit vielen anderen Viren und Bakterien in Verbindung gebracht“, sagt Schockmel. Das bestätigt auch das Gesundheitsministerium: „Die Krankheit wird unter anderem durch Virusinfektionen wie Influenza, Enterovirus, Cytomegalovirus, Epstein-Barr, Herpes simplex, Hepatitis und HIV ausgelöst.“
Neurologische Komplikationen sind laut Schockmel typisch für virale Erkrankungen – und dazu würden auch neuropsychiatrische Probleme gehören. „Es gibt Menschen, die sich noch Monate nach einer Corona-Infektion nicht konzentrieren können oder depressiv sind – das passiert nicht nach der Impfung“, sagt Schockmel. Die Palette an möglichen Komplikationen sei bei einer Erkrankung mit dem Coronavirus so groß, dass eine Impfung eindeutig zu bevorzugen sei.
- PAG abgeändert: Gemeinde erlaubt den Bau von Tiny Houses - 11. November 2024.
- Die Berichterstattung über „Dëppefester“ ist ein essenzieller Teil unserer Gesellschaft - 4. November 2024.
- Tierschutzverein stößt an seine Grenzen: „Schafft euch nur ein Tier an, wenn ihr Zeit habt“ - 31. Oktober 2024.
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können.
Melden sie sich an
Registrieren Sie sich kostenlos