Ortstermin Tanzschule / Nichts mehr, wie es einmal war: Die Probleme von Sara Eden und Co.
Hart getroffen von Corona wurden auch die Tanzschulen. Momentan müssen sie mit den gleichen Beschränkungen wie die Sportvereine leben. Das stellt sie nicht nur vor riesige organisatorische Herausforderungen, sondern gefährdet auch ihre Existenz. Das Tageblatt hat sich in der Escher Tanzschule Sara Eden umgeschaut.
Ortstermin: Freitag am späten Nachmittag. Das Escher „Jongelycée“ ist so gut wie menschenleer. Nur die Primaner-Klassen waren in dieser Woche hier, der Rest ist in den verlängerten Karnevalsferien. Immerhin, aus der Turnhalle erklingt leise Musik. Sara Eden hat Stellung bezogen. Sie hat ihr Tablet, ihren Laptop und eine Verstärkerbox dabei. Der Laptop steht aufgeklappt auf einen Bürostuhl. Er ist in Corona-Zeiten zum unverzichtbaren Utensil für die Tanzlehrerin geworden.
1997 übernahm Sara Eden die „Academie de danse Germaine Damar“ von Eliane Hutmacher in der Dicks-Straße. Später zog sie in die Kanalstraße um. Hier wurden pro Jahr 350 bis 400 Tanzschüler in Ballett, „Modern Jazz“, Stepptanz oder Hiphop unterrichtet. „Ich habe ganz viele Escher Kinder groß werden gesehen“, sagt die gebürtige Engländerin. Wenn man so will, funktioniert ihre Tanzschule im Dreijahresrhythmus. Jedes dritte Jahr finden die großen Auftritte im Escher Theater statt. Insgesamt sechs Vorstellungen an zwei Wochenenden, stets vor ausverkauftem Haus. In den Jahren dazwischen wird ein Großteil der Zeit damit verbracht, den neuen Auftritt zu planen und einzuüben. Eigentlich wäre es in diesem Juni wieder so weit gewesen. Doch Corona stellt momentan so ziemlich alles infrage, sogar die Zukunft der Sara-Eden-Tanzschule. Die Aufführungen sind jedenfalls schon lange verschoben worden.
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Tanzen über Zoom
Es ist 17.10 Uhr. In fünf Minuten beginnt der Kurs in „Modern Jazz“. Fast alle Mädchen sind bereit. Doch in der Halle ist Sara Eden allein, denn dieser Kurs findet online via Zoom statt. Inzwischen Routine für Eden und die Schülerinnen. Die haben zu Hause Position bezogen. Eine in der Garage, eine andere im Wohnzimmer, wieder eine weitere in ihrem Zimmer. Genug Platz brauchen sie alle. Platz hat aber vor allem Sara Eden. Sie wirkt etwas verloren, ganz allein in der großen Turnhalle des LGE. Sie schiebt den Bürostuhl in die Mitte der Halle und stellt sich davor. Die Tanzlehrerin macht die Übungen vor und die Schülerinnen tanzen sie zu Hause nach. Sara Eden geht auf sie ein, probiert zu korrigieren. Dabei ist es schwer, überhaupt etwas auf dem unterteilten Laptop zu erkennen. „Ich habe keine andere Lösung für sie“, bedauert Eden ihre Schüler, „beim Tanzen ist die soziale Komponente ungemein wichtig. Und natürlich der Körperkontakt, denn ohne kann man keine Stellung korrigieren.“ Man merkt, wie unglücklich sie über die jetzige Situation ist, doch Sara Eden gibt sich kämpferisch: „Tanzen hat viel mit Disziplin, Leidenschaft und Widerstandsfähigkeit zu tun“, sagt sie und es ist offensichtlich, was sie damit meint: Aufgeben ist keine Option, mit Disziplin und viel Herzblut wird das Beste aus der Situation gemacht. Trotzdem stellt sie sich die Frage, wie lange sie „das noch packt“. Ruhig schlafen kann sie schon länger nicht mehr, sie sorgt sich um ihr Lebenswerk.
Eden ist momentan eine Nomadin in Sachen Tanzen. Ihre beiden Säle in der Kanalstraße sind mit 84 m2 und 96 m2 viel zu klein, um vernünftigen Unterricht anbieten zu können. Nach den aktuellen Corona-Bestimmungen für Sport dürfen maximal fünf Personen in Räumen unter 300 m2 gleichzeitig üben. Bei größeren Sälen sind es zehn. Also kann sie in der LGE-Sporthalle neun Schülerinnen empfangen, es gelten Abstandsregeln und Maskenpflicht. Die Umkleiden und Duschen dürfen nicht benutzt werden. Und natürlich fehlt die Spiegelwand mit den Stangen. Der Boden eignet sich zudem kaum zum Tanzen, ist zu rutschig. Das Gleiche gilt für die beiden anderen Ausweichquartiere von Sara Eden, die Halle der Privatschule Marie-Consolatrice und das Festikuss in Zolver.
Zusammenschluss der Tanzschulen
„Keine Tanzschule hier im Land hat einen Saal, der 300 m2 groß ist“, sagt Eden. Weshalb sie momentan alle mit den gleichen Problemen zu kämpfen haben. Die elf unabhängigen Tanzschulen des Landes haben sich unter einem Dachverband zusammengeschlossen, damit ihre Stimme mehr Gewicht hat. Sie müssen sich momentan mit den Corona-Regeln des Sportministeriums zurechtfinden, also 30 m2 Platz pro Teilnehmer. „Dabei ist Tanzen eher Kultur“, sagt Sara Eden, „Kreativität ist gefragt und Ausdruck. Kaum jemand tanzt um der Fitness wegen. Wir sind nicht mit einer Fußballmannschaft zu vergleichen.“ Die Tanzschulen wollen, dass man wieder zurück zu den Restriktionen aus dem Herbst kommt und nicht mehr als Sport angesehen wird.
Noch etwas unterscheidet sie vom Sport. Die Tanzschule ist kein Verein, sondern ein privater Anbieter. Es geht also auch ums Überleben. Zu normalen Zeiten nahmen 20 bis 25 Schüler an einer Stunde teil. Kommt man einmal die Woche in den Unterricht, kostet das pro Trimester 180 Euro. Der unbeschränkte Zugang auf Kurse beläuft sich auf 350 Euro pro Trimester. Doch unbeschränkt ist nichts mehr in Coronazeiten, weshalb die Anzahl der Schüler abnimmt. Und trotzdem musste Eden im September Wartelisten aufstellen, sie konnte so gut wie keine neuen Schüler aufnehmen. Denn sie musste A- und B-Gruppen einführen. Die Hälfte im Saal, die andere Hälfte zu Hause über Zoom. Dann kam der zweite Lockdown. Immer, und das gibt ihr Hoffnung, konnte sie sich auf die Solidarität der Eltern verlassen, die die Beiträge selbst dann bezahlten, wenn keine Kurse stattfinden durften.
Zurück ins LGE. Der Kurs nimmt Fahrt auf, die Mädchen sind motiviert. Sara Eden auch. Nach dieser Stunde via Zoom steht Präsenzunterricht auf dem Programm. Neun Schüler dürfen dann kommen. Die Halle ist zwar dann ein wenig mehr mit Leben gefüllt, für die insgesamt zehn Personen dennoch viel zu groß. Besser als ein Onlinekurs ist das aber allemal. „Tanzen ist musikalisch. Hat viel mit Ausdruck und auch mit Emotionen zu tun“, sagt Sara Eden, „das geht vor einem Bildschirm alles verloren.“
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