Trauerfeier / „Nie wieder das Lachen von Vater und Kind“ – Trier versammelt sich in der Schockstarre
Einen Tag ist es her, dass ein Autofahrer mit seinem Land Rover in der Trierer Innenstadt fünf Menschen getötet und zahlreiche weitere teils schwer verletzt hat. Am Mittwochmorgen haben sich hunderte Trauernde vor der Porta Nigra versammelt, um der Todesopfer zu gedenken und ihre Solidarität mit den Betroffenen zu bekunden.
Es ist voll vor der Trierer Porta Nigra am Mittwochmorgen, und doch ist kaum ein Laut zu hören. Immer mehr Menschen finden sich auf dem großen Vorplatz zusammen, nach und nach werden es mehrere hundert von ihnen. Sie stehen auf dem Vorplatz, den Treppen, bis auf die Bürgersteige. Manche unterhalten sich in kleinen Gruppen mit leiser Stimme, manche stehen einfach nur zusammen und halten bedächtig den Blick gesenkt.
Die Menschen haben sich vor dem Trierer Wahrzeichen versammelt, um zu trauern. Am Tag zuvor war ein 51-Jähriger mit seinem Geländewagen mit hoher Geschwindigkeit durch die Trierer Innenstadt gefahren – dabei tötete er fünf Menschen und verletzte viele weitere teils schwer. Ein Vorfall, der Triers Alltag nun in ein „Davor“ und ein „Danach“ teilt. Unter den Todesopfern sind auch ein neuneinhalb Wochen altes Baby und dessen Vater.
Trier trauert, Trier leidet, Trier resigniert aber nichtOberbürgermeister der Stadt Trier
„Man kann sich gar nicht vorstellen, wie es der Mutter jetzt gehen muss“, sagt ein Besucher zu seiner Begleitung. Und auch andere Trauernde auf dem Platz vor der Porta Nigra scheinen das Geschehene noch nicht so richtig zu begreifen. Am Fuß des alten Gebäudes haben viele Menschen Kerzen, Kuscheltiere, Blumen und Beileidsbekundungen aufgestellt. Eine Berufsschulklasse hat ein Plakat mit Unterschriften dort abgelegt – ihre Lehrerin lebt seit gestern nicht mehr. Zwei junge Frauen zünden gemeinsam eine rote Kerze an und stellen sie zu den anderen. Danach umarmen sie sich, beide fangen an zu weinen. Viele Trauergäste um sie herum halten sich an den Händen.
Viele Pressevertreter sind am Mittwochmorgen nach Trier gekommen, um über die Trauerfeier zu berichten – auch die internationale Presse schreibt über das traurige Ereignis, das die ganze Stadt aus der Bahn geworfen hat. Das sonst auf Presseterminen übliche Plaudern bleibt an diesem Tag aus – in stiller Übereinkunft wird nach Plätzen gesucht, an denen man die Trauernden möglichst wenig stört.
Als sich Triers Oberbürgermeister Wolfram Leibe auf den Weg in Richtung der Blumenkränze macht, wo auch das Mikrofon schon bereitsteht, hat er den gleichen Blick wie die meisten Menschen auf dem Vorplatz – traurig und erschöpft. Als er seine Stimme erhebt, hört man das Zittern darin. „Ich wünschte wirklich, wir müssten heute nicht hier sein. Wer hätte gedacht, dass diese schrecklichen Dinge, die wir nur aus dem Fernsehen kennen, auch in Trier passieren würden?“, sagt Leibe – und spiegelt damit den Schock und die Hilflosigkeit wider, die viele Trierer derzeit spüren.
„Lasst uns diese Solidarität, die wir hier gerade erleben, für die nächsten Wochen und Monate aufrechterhalten“, bittet der Oberbürgermeister. „Wir brauchen uns gegenseitig. Und diese Menschenmenge hier vor mir zeigt mir, dass das gelingen wird.“ Er kündigt an, dass am Donnerstag um 13.46 Uhr die Glocken in Trier läuten sollen – das war der Zeitpunkt, als die Amokfahrt am Dienstag begann. Dadurch soll erneut der Todesopfer gedacht und innegehalten werden. „Trier trauert, Trier leidet, Trier resigniert aber nicht“, sagt Leibe. Als er sich vom Mikrofon abwendet, nimmt er ein Taschentuch, um sich über das Gesicht zu wischen.
Als die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer ans Mikrofon tritt, fällt es ihr ebenfalls sichtlich schwer, die richtigen Worte zu finden. Die Politikerin wohnt selbst seit vielen Jahren in Trier. „Fünf Menschen sind gestern mitten aus dem Leben gerissen worden, weil ein Mann, der hier in der Umgebung geboren wurde und aufgewachsen ist, ein Auto zur Waffe gemacht und wahllos gemordet hat.“ Nichts könne diese brutale und schreckliche Tat rechtfertigen.
„Der Schmerz der Mutter, die ihr Kind und ihren Mann verloren hat, all das verschlägt mir die Stimme“, sagt Dreyer. „Nie wieder das Lachen von Vater und Kind – nie mehr die Liebsten um sich herum.“ Die Ministerpräsidentin versichert den Angehörigen, dass sie in ihrem Schmerz nicht allein seien. Dass so viele Menschen zur Porta Nigra gekommen seien, sei ein großes Zeichen für diejenigen, die gerade mit dem Vorfall zu kämpfen haben.
Während der Reden von Dreyer und Leibe sieht man in der Menge immer wieder hier und da ein zustimmendes Nicken, wenn der Zusammenhalt der Trierer und der Gäste aus der Umgebung zur Sprache kommt. Viele Menschen, die mit ihren Liebsten gekommen sind, stehen dicht an dicht und halten sich in den Armen. Als sich die Veranstaltung auflöst, gehen einige der Gäste nach Hause, viele bleiben allerdings noch auf dem Vorplatz, um sich zu unterhalten und innezuhalten. Einzelne Besucher stellen Kerzen und Blumen auf die Steinblöcke vor der Porta Nigra – und der Rest macht sich auf, um gemeinsam noch die anderen Plätze in der Innenstadt aufzusuchen, die mit Lichtern zur Erinnerung an die Opfer bestückt sind.
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Einfach eine Tragödie! Unvorstellbar.