Verwirrung um Besuchsregeln / „Niemand spricht mehr über die Altenheime“
Seit Ende April dürfen Senioren und Pflegebedürftige in Luxemburgs Alten- bzw. Pflegeheimen wieder Besuch empfangen, seit Ende Mai dürfen sie die Einrichtungen auch wieder verlassen. Aber: Die neuen Regelungen werden nicht von allen Heimen umgesetzt.
Christelle Muller (Name von der Redaktion geändert) ist sauer: „Corinne Cahen hat vergangene Woche im Parlament gesagt, dass die Einschränkungen in den Alten- und Pflegeheimen aufgehoben sind – und dass ältere Menschen rausdürfen, ohne dass sie danach in Quarantäne müssen“, sagt sie. Ihre Mutter, die in einem Seniorenheim im Luxemburger Osten wohnt, darf dieses aber noch immer nicht verlassen. „Man sagte mir, dass das nicht möglich sei – aber ich weiß, dass es in anderen Altenheimen möglich ist.“
Tatsächlich wurden die Einschränkungen, die in den Heimen galten, nach und nach gelockert. Am 28. April verkündete Familienministerin Corinne Cahen (DP), dass Besuche unter Beachtung von Hygienerichtlinien wieder möglich sind. Sieben Wochen mussten die Heimbewohner davor ohne direkten Kontakt mit ihren Angehörigen auskommen. Am vergangenen Donnerstag erklärte Cahen vor der Chamber, dass ältere Menschen die Heime auch wieder verlassen dürfen, ohne danach in Quarantäne zu müssen. Das gilt aber offenbar nicht für die demenzkranke Mutter von Christelle Muller: „Bei der Hotline der Regierung sagte man mir, dass die Altenheime das selbst organisieren müssen – inzwischen weiß ich nicht mehr, was richtig und legal ist“, sagt die Angehörige.
Unterschiedliche Regelungen
Claude Sibenaler, der beim Familienministerium für ältere Menschen zuständig ist, erklärt, wie es zu den unterschiedlichen Regelungen der Einrichtungen kommt: „Bei den Vorgaben handelt es sich um allgemeine Bestimmungen“, sagt er. „Die Träger können sich weiter öffnen oder auch strenger sein – das liegt in ihrem Ermessen.“ Die Träger täten gut daran, sich an die Empfehlungen zu halten, die gemeinsam mit dem Pflegedienstleister-Dachverband Copas und dem Gesundheitsministerium ausgearbeitet wurden. Sibenaler ist auch nicht bekannt, dass eine Einrichtung die Bestimmungen „lockerer“ interpretiert.
Wohl gebe es aber Häuser, die strenger vorgehen: „Manche Häuser waren stärker von Infektionen betroffen als andere, man kann verstehen, dass sie vorsichtig sind und die Bestimmungen erst einmal am strengsten Punkt ansetzen“, sagt er. Zudem gebe es Unterschiede, wie die Bewohner selbst mit Sicherheitsmaßnahmen umgehen können. „In einem klassischen Altenheim wie in den CIPA-Häusern sind die Menschen eher in der Lage, Masken zu tragen und Distanz zu wahren als in Pflegeheimen, in denen das weniger gut umgesetzt werden kann.“ Es sei schwer, einheitliche Bestimmungen festzulegen, die für alle 52 Luxemburger Einrichtungen gelten.
„Die neuen Empfehlungen sind erst sieben Tage alt“, sagt Sibenaler. „Sowohl die einzelnen Häuser als auch die Familien müssen sich erst auf die neue Situation einstellen.“ Der Rest hänge davon ab, wie sich die Situation entwickele. Verboten sei den Bewohnern das Verlassen ihrer Einrichtungen nicht. „Bis zum 21. Mai mussten Menschen, die das Haus verließen, danach in Quarantäne, diese Regel ist nun aufgehoben worden“, so Sibenaler. Rein rechtlich hätten die Einrichtungen nicht die Möglichkeit, Bewohner am Verlassen des Heims zu hindern. Umgekehrt könnten einzelne Träger aber auch jetzt noch Besuchsverbote verhängen. „Man muss an die Verantwortung jedes Menschen appellieren“, erklärt Sibenaler. „Nicht nur an die der Direktion, sondern auch an die der Bewohner.“
„Es geht um alle Bewohner“
Deshalb müsse jedes Pflegeheim die Bestimmungen so umsetzen, wie es für die Einrichtung möglich ist – und das, ohne die Menschen zu gefährden. „Es geht ja um alle Bewohner“, sagt Sibenaler. „Wenn ein einzelner zum Bäcker geht, ist das erlaubt, wenn er sich an die Vorschriften hält – aber wenn er das nicht tut, muss abgewogen werden.“ Die Einrichtungen müssten das aber kommunizieren. „Man muss den Familien erklären, wieso bestimmte Lockerungen nicht machbar sind, während sie in einer Einrichtung zwei Kilometer weiter möglich sind.“
An ebender Kommunikation stört sich Christelle Muller. „Die allgemeine Kommunikation lässt wirklich zu wünschen übrig“, sagt sie. „Es werden Öffnungen hier und Öffnungen da angesprochen, aber über die Altenheime spricht niemand mehr – sind die 6.000 Menschen in den Heimen vergessen worden?“ Sie verstehe, dass die Einrichtungen verpflichtet seien, die Bewohner zu schützen. „Aber kein Besucher geht dort hin, wenn er infiziert ist – und man zieht eine Maske an und achtet auf alles Mögliche“, sagt sie. Viele Corona-Maßnahmen seien inzwischen gelockert worden. „Aber wir dürfen nicht einmal mit einem Angehörigen im Park spazieren gehen.“
Schützenhilfe erhielt Muller von der „Patientevertriedung“. „Es ist uns bewusst, dass es nicht einfach ist, Regelungen aufzustellen, die jedem gerecht werden und auch die Sicherheit eines jeden mit einbeziehen“, schreibt die Interessenvertretung am Mittwoch in einem offenen Brief an Gesundheitsministerin Paulette Lenert und Familienministerin Corinne Cahen. Die Situation sei für Bewohner, Patienten und Familien aber immer schwerer zu ertragen. Dass das Besuchsrecht zu der Zeit eingeschränkt wurde, als überall Schutzausrüstung gefehlt habe, sei sehr sinnvoll gewesen. Aber die Verknappungen bestünden nicht mehr und die Zahl der Neuinfektionen sei auf einem niedrigen Niveau. Der Verein fordert „klare, transparente Regeln für alle Häuser und alle Krankenhäuser“ im Hinblick auf die Besuche bei Patienten und Bewohnern.
Bei Muller wächst inzwischen die Verzweiflung. 72 Tage sei es her, dass sie ihre Mutter das letzte Mal ohne mannshohen Zaun oder Plexiglasbarriere besuchen konnte. „Ich darf nicht ins Gebäude rein, ich weiß nicht, wie es drinnen aussieht – ich halte die Situation nicht mehr für angebracht.“
Besuche bei den Angehörigen: Die Regeln des Familienministeriums
Die Entscheidung, Besuche zuzulassen, trifft die für die Einrichtung verantwortliche Person, heißt es auf der Webseite des Familienministeriums. Falls Besuche erlaubt werden, müssen sie unter „strikter Einhaltung der Hygienevorschriften“ stattfinden.
Für Besuche müssen Angehörige oder Bewohner einen Termin vereinbaren. Wie oft sie stattfinden können und wie lange sie dauern, ist abhängig von der Einrichtung. Besucher müssen zustimmen, über ihren Gesundheitszustand befragt zu werden. Sie müssen versichern, dass sie in den letzten 48 Stunden keine Covid-19-Symptome gezeigt und in den 14 Tagen vor dem Besuch keinen ungeschützten Kontakt mit einer Person, die positiv auf Covid-19 getestet wurde, gehabt haben. Beim Betreten und Verlassen der Einrichtung müssen sich die Besucher die Hände desinfizieren.
Dazu muss in der Einrichtung ein spezieller Raum zur Verfügung gestellt werden, der einen Sicherheitsabstand von zwei Metern gewährleistet. Innerhalb des Gebäudes dürfen maximal zwei Personen gleichzeitig einem Bewohner einen Besuch abstatten. Falls es Wetter und Lage zulassen, können Angehörige und ihre Liebsten aber auch im Freien aufeinandertreffen. Nur wenn keine dieser beiden Möglichkeiten besteht, können die Besuche im Zimmer des Bewohners erlaubt werden – „unter strengsten hygienischen Bedingungen“, wie das Familienministerium schreibt. Findet der Besuch draußen statt, muss ein Abstand von zwei Metern zwischen dem Besucher und dem Bewohner eingehalten werden, wenn keine Maske vorhanden ist.
Kinder müssen mindestens sechs Jahre alt sein, wenn der Besuch innerhalb des Gebäudes stattfindet. Sie müssen dann zudem eine ihrer Größe angepasste persönliche Schutzausrüstung (chirurgische Maske) tragen. Wenn der Besuch im Freien stattfindet, gibt es für minderjährige Besucher keine Altersbegrenzung, sofern der Sicherheitsabstand von zwei Metern eingehalten wird.
Besuche bei einem Bewohner, der sich in Isolation, Quarantäne oder Selbstisolation befindet, sind nicht gestattet – es sei denn, der Bewohner befindet sich am Lebensende.
Das Personal kann Personen, die sich nicht an die Hygienevorschriften halten, den Besuch verweigern.
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Schön man die Alten in den Fokus stellt , aber auch die Kranken vergisst man. Wer in diesen Zeiten einen Kranken im Krankenhaus hat , dem wird bewusst wie unsere Gesellschaft mit leeren Worten von humaner Medizin und Ethik um dich wirft. Ich bin mir sehr bewusst der einzuhaltenden Hygieneregeln, der Vorsicht die anzuwenden ist auf Bezug dieses Virus.Allerdings entspricht es jeglicher Ethik , ein Mensch am Scheideweg zwischen Leben und Tod , zwischen normaler Denkfähigkeit und Demenz seiner Familie vorzuenthalten. Nicht nur alleine , dies eine psychische Belastung für die nahen Verwandten ist, auch dem Kranken das Ende des Lebens , einsam und ohne den familiären Beistand , das Ableben erschwert wird. Unsere Politik, die Gesellschaft rühmt sich oft der Toleranz, der Solidarität, predigt die humane Denkweise, vergisst in dieser Krise ihre moralischen Vorsätze und sperrt kranke Menschen regelrecht ein, entmündigt jeglicher Freiheiten unter dem Vorwand verletzliche Personen zusein . Unserer Gesellschaft,Politik sind Wirtschaft, Konzerte, Konsum, Restaurants,…wichtiger , als sich um die Belange unnützerer Menschen zu kümmern. Leider haben die Medien, karitative wie Menschenrechtorganisationen im In-,Ausland sich nicht dieser Thematik unmenschlichen Handelns bemächtigt, es wird geschwiegen und hingenommen.
Also „unnütz“ aus dem Gedächtnis streichen, intensiver nachdenken, dann fällt der Groschen warum…
Ech fueren all Dag laanscht e CIPA wou den Agangsberäich mat Barrièren zou gestallt ass an iwerall Entréesverbuedziedelen hänken. Et därf nach ëmmer keen eraus vun de Bewunner mee awer och keen eran. Bei guddem Wierder dierf dann de RV vun der Famill dobaussen sin mee mat Masque och bei 2 m Abstand, soss ass de RV am Keller!! an engem Raum well anscheinend keng aner Léisung fond gin ass. Et ass e Gefill wéi wann dës Mënschen wéi am Prisong wieren. Alles geht op mee d’Bewunner dierfen néierens hin. Wann se bei den Dokter mussen op e RV dann mussen se nees a Quarantäne wann se erëm kommen! Déi Mënschen sin hirer Fräiheet beraubt, fir onmündeg erklärt a kréie virgeschriwwen wat a wéi si liewe mussen. Ech froe mech op et hei nach ëm Sécherheet vun de Bewunner, als vulnérabel Persounen geht oder dorëms dass déi Verantwortlech selwer färten an total iwerfuedert sin mat der Situatioun. Sécher ass op jidde Fall dass de Virus nach lang do ass oder souguer net méi verschwënd. Heescht dat dass all Bewunner (sou och déi hospitaliséiert Mënschen) lo ni méi hir Fräiheet erëm kréien. Dat ganzt revoltéiert mech. Et wier un der Zäit dass do eng politesch kloer Ausso kénnt. Rechtlech wéi mënschlech ass dës Situatioun net méi ze erdroen.
sicher sollte man bei sterbenden, nein, man müsste sogar, eine humanere Lösung finden. Aber, die 99% der Bevölkerung für die das Virus keine oder so gut wie keine Bedrohung darstellt und dessen Freiheiten drastisch eingeschränkt wurden, haben auch die schnauze voll.
Eingesperrt und mit Pillen ruhiggestellt, scheint die einfachste Lösung in den Altenheimen zu sein. Das sowieso unterbesetzte Personal ist total überfordert. In der aktuellen Krisensituation wird offenbar, dass sich die Senioren auf dem Abstellgleis befinden und ein Ballast für unsere fortschrittliche, leistungsorientierte und gewinnsüchtige Gesellschaft sind. Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan oder Undank ist der Welt Lohn. Dabei vergessen die, in der Blüte des Leben stehenden Verantwortlichen, dass auch sie hoffentlich einmal alt werden. Aber so läuft das heutzutage, die Kinder wachsen im Kinderhort auf und die Alten werden ins Altenheim gesteckt. Wozu sind diese Einrichtungen auch da?
@Tarzan: Wer die Spaßindustrie des Landes eingeschränkt öffnet, dies beklatscht und dabei eine weitere Verbreitung oder Aufflammen der Pandemie in Kauf nimmt , der sollte auch wissen gerade der Besuch in Krankenhäusern , Altenheimen genau registriert werden kann, die ambulanten Patienten in Krankenhäusern auf Fieber kontrolliert werden und so ein genaues Verfolgen möglich ist , eine Infizierung minimal. Wobei in Gaststätten,Restaurants, Kaufläden dies nicht möglich ist , eine Infizierung durch sogenannte Spreader eine zweite Welle hervorrufen kann.
Am Anfang der Krise war es sicher sinnvoll, dass man keine Seniorenheime oder Pflegeeinrichtungen besuchen durfte. Dies zum Schutz der alten Menschen. Es fehlte an Erfahrung mit dem Umgang des „neuen Virus“, da war Vorsicht geboten.
Nun ist etwas „Windstille“ und es sollte so langsam in Richtung Normalität gehen, dies unter strengem Einhalten der Sicherheitsvorkehrungen.
Wir sind trotz „Windstille“ nicht durch mit dem Virus aber wir dürfen unsere alten Menschen nun nicht vereinsamen lassen. Sie haben sich für uns oftmals aufgeopfert, für uns gespart und haben uns zu den Menschen erzogen welche wir nun sind.
Ich bedaure auch sehr, wie sich bei dem herrschenden Personalmangel unsere Pflegekräfte „ausbrennen“! Da brennt die Kerze an zwei Enden.
Was auch nicht bedacht wird, Familienangehörige können das Personal entlasten! Sei es durch… beim Essen helfen, den Gang zur Toilette usw. Und auch Gespräche, Angst und Sorgen wegpusten, Händchen halten und beruhigen. Dann ist alles leichter zu ertragen für alle Beteiligten.
Etwas muss ich jedoch noch los werden. Als es mit inzwischen verstorbenen Angehörigen zu Ende ging ( Ich hatte damals noch meine Kinder zu betreuen und konnte die Nächte nicht bei meinen Sterbenden verbringen), da sagte ich… Wenn in der Nacht etwas passiert, sich der Zustand verschlimmert, bitte rufen sie an; ich komme sofort. Da sagte man mir… Wirklich? Das ist selten, wir werden zumeist darum gebeten die Nachtruhe nicht zu stören.
Die Aussage hat mich sehr getroffen, Nachtruhe ist wichtiger als zu begleiten?😢
Allen, welche sich nun um ihre alten Menschen sorgen, wünsche ich Mut und Zuversicht❣❣❣
Ich sehe das Problem anders. Wenn die Spassgesellschaft sehr viel lockert, (Schulen, Horesca, Flugzeuge und vieles andere mehr) dann ist es wohl klar dass sich das Virus sehr wohl fühlt und uns so schnell nicht verlassen wird. Und genau da liegt die Ursache der eingeschlossenen Alten und Kranken. Wer wirklich die Misere der älteren Mitmenschen ändern will, der sollte eben noch einige Wochen auf Jubel Trubel Heiterkeit, Konsum und Spass verzichten, und mit einer Tracing-App das Virus europaweit zum Teufel schicken.
@ Charles Hild. Genauso ist es, Sie treffen den Nagel 100% auf den Kopf.