Covid-Impfung / Nocebo-Effekt könnte für viele Nebenwirkungen verantwortlich sein
Trotz Protesten und Angstmache hat sich die große Mehrzahl der Menschen mittlerweile für eine Impfung gegen Sars-CoV2 entschieden. Bei einigen Impfwilligen sind wie erwartet auch, zumeist milde, Nebenwirkungen, wie Kopfschmerzen oder Müdigkeit, aufgetreten. Viele dieser Nebenwirkungen könnten auf den sog. Nocebo-Effekt zurückzuführen sein, berichten Wissenschaftler aus den USA und Deutschland in einer aktuellen Untersuchung.
In Luxemburg sind laut der europäischen Arzneimittelbehörde ECDC mittlerweile 72,3 Prozent der Bevölkerung vollständig gegen Sars-CoV2 geimpft. Demnach genießt mehr als ein Viertel der Bevölkerung keinen vollständigen Impfschutz. In unseren Nachbarländern sieht es ganz ähnlich aus. Zwar gibt es viele Gründe, warum Menschen zögern, sich impfen zu lassen, doch ein oft genannter Grund ist die Angst vor Nebenwirkungen. In einer internationalen Studie von 2021 nannten 47 Prozent der Befragten diesen Grund. Wissenschaftler aus den USA und aus Deutschland vermuten, dass ein Teil der leichten Nebenwirkungen der Covid-Impfung mit dem Nocebo-Effekt erklärt werden kann.
Worum geht es dabei? Mittlerweile ist bekannt, dass Patienten, die nur eine Scheinbehandlung erfahren, denen zum Beispiel wirkungslose Pillen verabreicht werden, sich danach dennoch besser fühlen können. Hier spricht man vom Placebo-Effekt. Umgekehrt kann aber auch die reine Erwartung eines negativen Effektes zu einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes führen. Wenn dies geschieht, spricht man vom Nocebo-Effekt.
Die Forschenden haben zwölf Studien im Zusammenhang mit Sars-CoV2-Impfstoffen mit insgesamt 45.380 Testpersonen analysiert und dabei festgestellt, dass viele Patienten aus den Kontrollgruppen (denen also nicht ein Impfstoff, sondern ein Placebo ohne Wirkstoff verabreicht wurde) über negative Nebenwirkungen klagten. Für diese vermeintlichen Nebenwirkungen kann der Impfstoff also gar nicht verantwortlich sein.
Müdigkeit und Fieber
Nach der ersten Dosis berichteten 35,2 Prozent der Placebo-Rezipienten über systemische Nebenwirkungen (z.B. Müdigkeit oder Fieber) und 16,2 Prozent über lokale Nebenwirkungen (z.B. Schwellungen und Rötungen). Von den Testpersonen, die den echten Wirkstoff erhielten, berichteten 46,3 Prozent über systemische und 66,7 Prozent über lokale Nebenwirkungen.
Die Autoren schreiben: „Die Verhältnisse zwischen den Anteilen der Placebo- und Impfstoff-Nebenwirkungen deuten darauf hin, dass nach der ersten Impfstoffdosis 76,0 Prozent der systemischen Nebenwirkungen und 24,3 Prozent der lokalen Nebenwirkungen auf Nocebo-Reaktionen zurückzuführen sind.“ Ihre Untersuchung wurde im Januar im renommierten Fachblatt Journal of the American Medical Association (JAMA) veröffentlicht. Nach der zweiten Dosis war die Zahl der Placebo-Rezipienten, die über Nebenwirkungen klagten, zwar etwas niedriger, aber immer noch deutlich vorhanden. Die Zahl der Testpersonen, die den echten Wirkstoff erhielten und von Nebenwirkungen berichten, stieg hingegen.
Vor allem milde Nebenwirkungen sind auf den Nocebo-Effekt zurückzuführen, glauben die Forschenden. „Kopfschmerzen, Müdigkeit, Unwohlsein und Gelenkschmerzen traten in beiden Gruppen häufig auf und scheinen besonders mit Nocebo in Verbindung gebracht zu werden. Darüber hinaus deuten explorative Analysen darauf hin, dass Nocebo-Reaktionen nach der ersten Dosis unerwünschte Wirkungen von ähnlichem Schweregrad wie bei aktiven Impfstoffen hervorrufen können“, schlussfolgern die Wissenschaftler.
Um Menschen, die noch immer zögern, sich impfen zulassen, umzustimmen, hat die Luxemburger Regierung eine Hotline eingerichtet, bei der man sich über das Thema informieren kann. „Obwohl mittlerweile erwiesen ist, dass Covid-19-Impfstoffe Leben retten, zögert eine nicht unerhebliche Anzahl von Bürgern immer noch, sich impfen zu lassen“, heißt es in einem Schreiben der Regierung. Um Ungeimpfte „zu beruhigen“, hat das Gesundheitsministerium eine Impf-Helpline Covid-19 im Centre hospitalier de Luxembourg (CHL) eingerichtet. Die Telefonnummer 4411-9955 ist dem Ministerium zufolge zwischen 14 und 18 Uhr erreichbar und soll Menschen in den Sprachen Luxemburgisch, Französisch, Englisch und Portugiesisch beraten.
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