Editorial / Null Toleranz
Es war in Deutschland einer der Sporthöhepunkte des Wochenendes. Bei den Leichtathletikmeisterschaften in unserem Nachbarland schaffte der 23-jährige Sprinter Owen Ansah einen Meilenstein und lief als erster Deutscher die 100 Meter unter zehn, um genauer zu sein in 9,99 Sekunden. Die Freude, dass endlich jemand diese magische Grenze geknackt hat, war groß. Umso erschreckender dann jedoch, was man in den sozialen Medien nach diesem Paukenschlag lesen musste. „Wo hat man den denn eingekauft?“, war noch eine der harmloseren einer ganzen Welle an rassistischen Beleidigungen, die über den Sprinter einprasselten und den Sohn ghanaischer Eltern schlichtweg auf seine Hautfarbe reduzierten. Dass Ansah in Hamburg geboren wurde, seine Schullaufbahn dort absolviert hat und in der Hansestadt auch seinen ersten Verein hatte, scheint da recht wenig zu interessieren. Stattdessen gilt Ansah für all diese Verfasser aufgrund seiner Hautfarbe nicht als richtiger Deutscher, sein Rekord zählt für sie nicht.
Ein Einzelfall ist dies leider längst nicht. Bei der gerade laufenden Fußballeuropameisterschaft machte in Deutschland einmal mehr die AfD Schlagzeilen. Maximilian Krah bezeichnete das DFB-Team als „politisch korrekte Söldnertruppe“, vielen AfD-Spitzenpolitikern ist die deutsche Nationalmannschaft nicht weiß genug und zu wenig deutsch. Vor Beginn der EM sorgte eine vom Westdeutschen Rundfunk in Auftrag gegebene Umfrage dann für Diskussionen, denn in dieser gaben 21 Prozent der Befragten an, sich mehr Spieler mit einer weißen Hautfarbe im Nationalteam zu wünschen. Bei den AfD-Wählern war der Anteil dieser Leute, wenig überraschend, besonders hoch. In den Stadien selbst gab es in den letzten Tagen schließlich Plakate wie „Defend Europa“ oder „Free Gigi“ zu sehen. Letzteres spielt auf das Lied „L’amour toujours“ von Gigi D’Agostino an, das in der rechtsradikalen Szene gerne genutzt wird und in den vergangenen Wochen in die Schlagzeilen geriet, weil eine Gruppe junger Feiernder auf Sylt hierauf rassistische Parolen grölte.
Auch Luxemburg ist in dieser Hinsicht keine Insel. Als Fußballer Leandro Barreiro im Dezember zum luxemburgischen Sportler des Jahres gewählt wurde, stand in einem der ersten Kommentare im Internet, dass die Sportjournalisten ihn doch nur aufgrund seiner Hautfarbe gewählt hätten. Wichtig ist es, hinsichtlich solcher Kommentare, keinerlei Toleranz zu zeigen, denn die Nationalmannschaften sind ein Spiegelbild unserer Gesellschaft und da gehören Namen wie Barreiro, Rodrigues, Etute oder Delgado in Luxemburg genauso dazu wie Thill, Schumacher oder Diederich – und das ist auch gut so. Letztendlich sollten Ländervergleiche, egal, ob im Fußball, einer anderen Sportart oder einem Event wie den Olympischen Spielen, zur Völkerverständigung beitragen. Athleten und Fans aus unterschiedlichen Nationen, die sich respektieren, zusammen feiern oder sich gegenseitig trösten. Das ist die wahre Kraft des Sports, und der darf nicht länger von Rechtsextremen und Faschisten missbraucht werden.
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