„Der Geschmack von morgen“ / Oberweis stellt neue Patisserie-Kreationen mit Kakao-Fruchtsaft vor
Die Geschichte von „Koa’o“ hat etwas von Aschenputtel: Sie zeigt, wie ein vermeintliches Abfallprodukt aus der Kakaoproduktion durch eine simple Idee derzeit die Welt der Feinbäcker und Chocolatiers erobert. Daisy Schengen erzählt, wie der Saft der Kakaofrucht, Erfolgsgeschichten über Pioniergeist und Mut schreibt und wie daraus köstliche vegane Kreationen entstehen.
„Der Saft ist der erste Rohstoff aus der Kakaofrucht, der frisch gewonnen wird. Alle anderen Produkte wie Schokolade sind aus getrockneten Kakaobohnen hergestellt“, erklärt Jeff Oberweis während einer Online-Präsentation einer neuen Patisserie-Linie aus dem Familienunternehmen am 5. März.
Die neue Zutat, die den erfahrenen Patissier aus Luxemburg zum veganen Macaron inspirierte, ist der Saft der Kakaofrucht – der Koa. Er schmeckt fruchtig, hat Noten von Litschi und Limette und besticht mit einem ausgewogenen Verhältnis zwischen Süße und Säure.
Jeff Oberweis beschreitet mit der „Koa’o“-Linie ein neues Terrain. Sie besteht aus sieben Produkten, fünf davon vegan: von Macaron über Feingebäck bis hin zu Trüffeln, einem Cake, einem Sorbet und einem Törtchen „Saveur Koa’o“ sowie einem Honigbiskuit. Nur die beiden Letztgenannten sind nicht vegan.
Von erlesenen Pralinen bis zarten Macarons
Pandemiekonform schickt Oberweis seine Kreationen voraus, gemeinsam verkostet werden sie im Zuge der Online-Präsentation. Den Anfang macht der „Koa’o Croc choc“. Das Feingebäck mit Schokolade und Haselnuss-Praliné aus dem Piemont unterscheidet sich auf den ersten Blick nicht von einer traditioneller „Schockelasrull“. Sein Teig ist durch das Vollkornmehl etwas dunkler, darin verarbeitet ist Carité-Butter, das Koa-Karamell macht ihn auch für Nicht-Kakaoliebhaber zum Genuss.
Darauf folgt das farbenfrohe Törtchen „Saveur Koa’o“. Es ist nicht vegan und besticht mit seiner ausgeklügelten Komposition: Der sogenannte „Pain de Gênes“ mit Mandeln bildet die Grundlage des Desserts, es folgen Schokoladenstreuseln und Koa-Karamell. Ganz oben thront eine Schicht Bayerische Creme mit fruchtiger Koa-Schokolade und Mousse mit Koa.
Eine weitere Gaumenfreude bietet der „Koa’o Cake“. Ein etwas kompakteres Gebäck mit Olivenöl, das mit Koa getränkt und „mit mildem, fruchtigem Koa-Karamell und einer feinen Schicht Schokolade“ überzogen ist. Angenehmer Nebeneffekt des Koa-Saftes: Der Cake sowie die anderen Kreationen schmecken weniger süß.
Der „Koa’o Macaron“ besticht den Gaumen als Gesamtkunstwerk: Zunächst begrüßt eine zarte Creme aus Koa die Geschmacksnerven, bevor eine feine Füllung mit Karamell im Herzen ein neues Geschmackserlebnis beschert. Die Macarons sind vegan, statt Eiweiß griff das Patissier-Team auf Proteine von Kichererbsen und Kartoffeln zurück. In der Ganache gibt Mandelpaste mit Koa den Ton an.
Vegan war nicht das Ziel
Am Anfang der neuen Kreationen stand der Saft: „Ich habe ihn probiert und mich davon inspirieren lassen“, sagt Jeff Oberweis. Der erste Versuch, den er startete, bestand darin, mit dem Saft Trüffel herzustellen. „Weil ich Schokolade liebe“, erklärt er. Außerdem trieb den Patissier in seiner Versuchsküche um, wie er den Saft als Ausgangsbasis nutzen konnte, ohne ihn mit einer anderen Frucht zu vermischen. „Weil der Geschmack so neu und einzigartig ist.“
Dass aus den Versuchen ausgerechnet vegane Kreationen entstehen würden, sei nicht sein primäres Ziel gewesen. Es ergab sich nebenbei. Im Zuge der Produktentwicklung lernte der Patissier vegane Alternativen für die Zutaten aus der traditionellen Feinbäckerei kennen und einsetzen. Was nicht zur Philosophie passte, wurde aussortiert. „Ich kenne die Geschmäcker von verschiedenen Buttersorten, Milch und Sahne. Aber hier hatten wir plötzlich 30 Produkte auf dem Tisch und haben eine kleine Studie gemacht, welche Zutaten wir nicht in unseren Produkten haben wollten“, erzählt Oberweis. „Für mich war es eine Herausforderung, zu erfahren, welchen Geschmack ich mit diesen neuen Zutaten erreichen kann.“
Und so entwickelte er seine traditionellen Rezepte neu, korrigierte, mischte, trieb mit seinen Ideen und seiner Hartnäckigkeit manchmal sein Team in den Wahnsinn. „Wenn ich mir etwas in den Kopf setze, bin ich äußerst fleißig in meiner Recherche“, erklärt er sichtlich bewegt, während er sich bei seinem Team für dessen Ausdauer bedankt.
Mitten im Regenwald Ghanas
Warum gelang es nicht, den Saft schon früher zu extrahieren? „Ganz einfach, weil es keine Energie gab“, sagt Oberweis. Erst Anian Schreiber, Mitbegründer von „Koa“, einem Schweizer Start-up, das die neue Zutat anbietet, habe die Energie in den Regenwald gebracht, um den Saft herzustellen. Schreiber ist Mitbegründer von „Koa – Taste your Impact“ mit Sitz in Zürich und Filiale in Ghana. Dass die Zusammenarbeit der beiden Kreativköpfe in eine neue vegane Patisserie-Linie gipfeln würde, war nicht von Anfang an klar. Denn Oberweis stand dem Projekt zunächst skeptisch gegenüber. Doch das Endprodukt konnte überzeugen.
„Jeff nennt es (den Saft der Kakaofrucht) den Geschmack von morgen“, erklärt Anian Schreiber. Schneidet man sie in zwei Hälften, sieht man im Inneren die Bohnen, die im weißlichen Fruchtfleisch eingebettet sind. Beides zusammen macht etwa die Hälfte einer Kakaofrucht aus. Die andere Hälfte besteht aus der Schale. Für die Kakaoproduktion wurden bisher nur die Bohnen und etwas Fruchtfleisch zum Fermentieren genutzt – etwa ein Viertel der Frucht, erzählt Schreiber. Doch das änderte sich, als die „Koa“-Gründer ihre Idee an die Kakaoproduzenten brachten.
Gemeinsam erarbeiteten sie eine Technologie, um das vermeintliche Abfallprodukt, das Jeff Oberweis liebevoll „Engelsanteil“ nennt, zu verarbeiten. Die meisten Kakaoproduzenten sind kleine, unabhängige Landwirte, die im Einklang mit der Natur auf sehr kleinen Plantagen arbeiten, die im Regenwald Ghanas verstreut und schwer zu erreichen sind. Das macht zuverlässige Vorhersagen über Erntemengen sowie die Erreichbarkeit der Produzenten schwierig, was sich auch auf den Produktionsablauf auswirken kann. Also mussten die Schweizer die Farmer von ihrer Idee überzeugen und gleichzeitig eine Methode erarbeiten, womit mitten in Ghanas Regenwald der Saft aus der Kakaofrucht hergestellt werden konnte.
Die Lösung kam buchstäblich von oben, in Form von Sonnenenergie. Sie treibt die Technik im kleinen Anhänger, die in die Nähe der Produzenten gefahren werden. Dort trennen sie Bohnen und Fruchtfleisch. Aus dem Fruchtfleisch wird in einer zentralen Koa-Fabrik der „Koa-Pure“ – der Saft – gewonnen und pasteurisiert.
Für Koa arbeiten 42 Menschen in der Schweiz und in Ghana „auf Augenhöhe“ mit rund 1.600 Kakaobauern zusammen. Durch die Zusammenarbeit mit den Bauern vor Ort konnten ihre Einnahmen um mehr als ein Drittel gesteigert werden. Auf jeder Packung des „Koa-Pure“ führt ein QR-Code zum jeweiligen Hersteller des Produkts.
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