Corona-Krise / Ökonomen beziffern die Kosten für Luxemburgs Wirtschaft
Eine Gruppe von Ökonomen rund um die Forschungsinitiative Research Luxembourg hat eine Projektion der wirtschaftlichen Konsequenzen der Corona-Krise für Luxemburg erstellt. Die Ergebnisse sind erschütternd.
Die Corona-Krise kann für Luxemburgs Wirtschaft drastische Folgen haben. Das geht aus einem Arbeitspapier der Forschergruppe RECOVid hervor. Die Ökonomen der Task Force Research Luxembourg mit dem Wirtschaftsforschungsinstitut Liser, der Uni Luxemburg und der Statistikbehörde Statec haben mögliche Effekte auf die Wirtschaft im Land untersucht. Das „Working Paper“ soll lediglich einen Zwischenstand der Erkenntnisse liefern – aber es hat es in sich.
Demnach könnten sich die Wirtschaftserträge in Luxemburg – je nach Zustand der Weltwirtschaft und Unterstützung durch den Staat – um 28 bis 42 Prozent pro Monat verringern. „Jeder Monat des Lockdowns könnte Luxemburgs Bruttoinlandsprodukt (BIP) aufs Jahr gerechnet um 2 bis 3,5 Prozent schwächen“, schreiben die Wirtschaftswissenschaftler. Diese Zahlen seien in hohem Maße ungewiss. Aber: Auch wenn die Wirtschaft wieder den Weg zurück zum normalen Niveau findet – die Forscher vermuten, dass das Risiko für das Land besteht, in eine tiefere Rezession „als bei der Finanzkrise 2008“ zu stürzen.
„Die Menschen erleben derzeit etwas, was sie noch nie erlebt haben“ – Lesen Sie zum Thema auch unser Interview mit Liser-Direktorin Aline Muller.
Um diese These zu unterfüttern, haben die Ökonomen errechnet, wie teuer die Ausgangssperren die Wirtschaft zu stehen kommen. „Bei einem einmonatigen Lockdown könnten sich die Kosten wegen Covid-19 auf zwei Milliarden Euro beziffern“, sagen sie. Ein Lockdown zwischen zwei und drei Monaten würde ohne staatliche Unterstützung zwischen 3,9 und 5,7 Milliarden Euro kosten. Sechs Monate ohne Maßnahme würde die Wirtschaft 11,3 Milliarden Euro kosten. Beim schlimmsten Szenario ohne staatliche Eingriffe würde das Bruttoinlandsprodukt um ganze 14 Prozent schrumpfen – „und die Leistungen von fünf Jahren massiven Wachstums zunichtemachen“. Zum Vergleich: 2010, auf dem Höhepunkt der Finanzkrise im vergangenen Jahrzehnt, schrumpfte die Wirtschaft um 8,7 Prozent.
Mehr Infizierte lassen das BIP weiter schrumpfen
Damit nicht genug – denn die Forscher gehen in diesen Projektionen davon aus, dass die Ausbreitung des Virus eingedämmt werden kann. Falls aber anstatt einem zehn Prozent der Menschen infiziert werden, könnte das Bruttoinlandsprodukt um weitere 1,8 Prozent schrumpfen.
Einige Branchen werden vom Lockdown besonders hart getroffen. Die Ökonomen gehen davon aus, dass die Erträge in der Immobilienwirtschaft um 20 Prozent zurückgehen. Im verarbeitenden Gewerbe und bei Transport und Logistik um 50 Prozent. Noch härter werden Baugewerbe sowie Einzel- und Großhandel getroffen: Die Erträge dieser Branchen könnten um bis zu 90 Prozent schrumpfen. Am schlimmsten ergeht es aber der Freizeitindustrie und der Gastronomie, wo bei geschlossenen Restaurants und Hotels volle 100 Prozent der Erträge wegfallen.
Der Produktionsrückgang in diesen Industrien und der Rückgang der Nachfrage von innerhalb wie außerhalb des Landes werden zu einem Dominoeffekt führen. Daran zeige sich auch, dass das Ausmaß der Rezession nicht nur von den Gegenmaßnahmen, die Luxemburg selbst anstößt, abhängt – sondern auch von jenen, die vom Rest der Welt und den europäischen Nachbarn in die Wege geleitet werden.
Lockdown trifft einige härter als andere
Der Lockdown habe auch für die Luxemburger Gesellschaft weitreichende Folgen. Ein kurzer Lockdown würde Armut und Ungleichheiten nur marginal verstärken. Aber: Arbeitnehmer in den Branchen, die vom Lockdown besonders betroffen sind, verdienten sowieso weniger – und könnten jetzt von Einkommensverlusten besonders hart getroffen werden. Die Wissenschaftler empfehlen hier Finanzmaßnahmen, um diese Verluste zu kompensieren.
Einige Menschen haben mit der Krise wesentlich härter zu kämpfen als andere. Die Schulschließungen zwingen Eltern dazu, mit ihren Kindern zu Hause zu lernen. Das erschwert ihnen wiederum die Arbeit – und „reduziert die Arbeitskraft der Unternehmen für Handel und Produktion“. Jeder fünfte Haushalt in Luxemburg sei von den Folgen der Schulschließungen betroffen. Isolation, Ausgangssperre und Quarantäne kann laut den Forschern auch die „mentale Gesundheit“ eines Teils der Bevölkerung beeinträchtigen. Etwas weniger als 20 Prozent der Menschen – insgesamt 90.000 Personen – leben in Luxemburg allein, die Hälfte von ihnen sind älter als 60 Jahre.
Die Forschergruppe darf auch einen Zusammenbruch des Finanzsystems nicht ausschließen – sowohl global als auch auf europäischer Ebene. „Das würde viele Volkswirtschaften in eine andauernde Rezession stürzen“, schreiben sie – mit „drastischen Effekten auf die Luxemburger Wirtschaft“. Das Risiko könnte durch eine koordinierte und präventive Politik verhindert werden, die einen großen Geldgeber als letzten Rettungsanker sowohl auf nationalem als auch auf europäischem Niveau installiert. Die Corona-Krise könne auch einen permanenten Effekt haben. Sie könne politische Präferenzen ändern und internationale Beziehungen beeinflussen – und das neoliberale Modell der Globalisierung infrage stellen.
Krise der Realwirtschaft
Aus volkswirtschaftlicher Sicht unterscheide sich die derzeitige Krise komplett von der Finanzkrise 2008. „Es ist eine unmittelbare Krise der Realwirtschaft“, sagen die Forscher. Deshalb seien nicht nur günstige Kredite für betroffene Unternehmen gefragt, sondern direkte Unterstützung, die die Cashflows von Unternehmen und Haushalten unterstützt.
Aber wer soll das alles bezahlen? Die Forscher haben eine Antwort darauf: Der Staat wird aller Wahrscheinlichkeit nach einfach neue Kredite aufnehmen – und in seinem Haushalt ein Minus verbuchen. Um das System zu stabilisieren, muss „das Defizit einfach genauso groß sein wie der Verlust der Aktivitäten durch die Pandemie“, sagen sie. Mit einer Verschuldung von 21 Prozent des Bruttoinlandsprodukts würde eine solche Unterstützung in Luxemburg nicht auszuschließen sein.
Die Forscher geben noch einen weiteren Tipp: Geld könne auch innerhalb der Gesellschaft transferiert werden – von denen, die von der Krise kaum betroffen sind, zu denen, die vor dem Aus stehen. „Während das Einkommen einer selbstständigen Reinigungskraft substanziell sinken kann, kann ein Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst sogar positive Effekte wahrnehmen“, schreiben sie. „Weil er von zu Hause aus arbeiten kann – und nicht sein Auto nutzen muss, um zur Arbeit zu kommen.“
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Nach der Krise sollte ein Umdenken in der Landwirtschaft kommen. Dieser Beruf ist einer der wichtigsten, er wird aber nicht so bewertet wie er soll. Im kleinen Luxemburg, das sich ja gerne als Dienstleistungsparadies brüstet, mit gutem Wirtschaftswachstum, gibt es nicht mal genug Lebensmittel für die eigene Bevölkerung. Ohne Nachbarländer gäbe es hier nicht einmal eine Kartoffel zu essen, naja, fast… Also, bitte, nach der Krise ehrt doch mal die Landwirte und gebt Bio und kleinen Betrieben Vorrang, anstatt grosse Agrarfabriken EU-weit zu subventionieren. Selbstverständlich sind auch andere Berufe aufzuwerten. Unsere Helden sind die, die uns versorgen und für uns sorgen. Dies bereitet mir Sorgen: Wieso ist ein Schreibtischtäter „mehr wert“ als die Kassiererin? Als ein Arbeiter bei der Müllabfuhr? Als eine Reinigungskraft? Diese Menschen waren in unserer Gesellschaft nie besonders hoch angesehen, aber jetzt haben wir gemerkt, wie wichtig uns diese Menschen doch alle sind!
An Zeit vun 4 Wochen hun ech geleiert mir selwer d´Hoer schneiden, ech hun geleiert selwer kachen, an dat ganz gud, wes net op ech elo nach loscht hun an en iwerdeierten Restaurant ze goen wou emmer Eppes net passt, hun esou guer geleiert selwer e Kuch backen, an mein Auto as vill mei proper wann ech den op der Hand selwer Wäschen. Dem Gärtner seng Arbecht gét mer och gud vun Hand. 3 Km. vum Haus ewech as et am Bösch an op der Gewan bal grad esou schein wei an Eistereich an vill mei schein wei op der stresseger Cote d´Azur. Neiwebei hun ech och nach 3 Akkorden op der Gitarre geleiert dei just als Deko am Eck stong. Dat get duer fir mer de Blues auszedreiwen oder meng Fra ze verdreiwen😂 Ahjo, an en Gin Tonic as och keng Konscht an et as mei Gin fir manner Geld am Glas.
Solange wir europäischen Länder noch Millionen in militärische Aufrüstung , in staatliche Prestigeobjekte investieren, sollten wir uns nicht anmaßen von den Ziffern der wirtschaftlichen Konsequenzen zu jammern. Auch Luxemburg ist nicht gerade Musterschüler sparsamer Regierungsausgaben, vom Pavillon Dubai ,Fußballstadion, staatliche Gratis Offerten hier , da über militärisch genutzte Satelliten bis zum neuen Militärflugzeug, und, und,……allerdings die Folgekosten jetzt durch Erhöhung der Steuern, Einfrieren der Gehälter, Renten,Verteuerung der Lebenshaltungskosten abzufedern , auf den Bürger abzuwälzen , wäre falsch. Die politischen Verantwortlichen der letzten Jahre haben Unsummen an Steuergeldern verprasst , haben nicht notwendige Prestigeobjekte finanziert, die nötige Vorsorgepflicht für Katastrophen nicht wahrgenommen und vor allem versäumt den sogenannten „ En Apel fir den Duuscht“ einzuplanen, haben den Gebetsmühlen gleich das Credo „ Sparen ist out, Schuldenmachen in“ , dem Bürger eingetrichtert.Die politischen Verantwortlichen aller Couleur haben ihrer Vorsorgepflicht vernachlässigt, „ elo lait d‘Kand am Petz“.
@Ernesto
„Nach der Krise sollte ein Umdenken in der Landwirtschaft kommen. Dieser Beruf ist einer der wichtigsten, er wird aber nicht so bewertet wie er soll. Im kleinen Luxemburg, das sich ja gerne als Dienstleistungsparadies brüstet, mit gutem Wirtschaftswachstum, gibt es nicht mal genug Lebensmittel für die eigene Bevölkerung.“
Mit unseren Hobbybauern, die alle dasselbe produzieren, subventionierte Milch, die niemand will und an der sie nach eigenem Bekunden nichts verdienen, ist das unmöglich.
Wenn da mal 1000 Betriebe schließen würden dann könnten die Übrigen vielleicht etwas damit verdienen.
@J.Scholer
„Sparen ist out, Schuldenmachen in“
Und genau das ist das Problem über das ich mich als Normalbürger auch immer ärgere:
währen vielen Jahren hat der Staat genau diese Praxis unterstützt und ist damit ganz gut gefahren weil die Leute Schulden machen um damit einzukaufen und damit die Wirtschaft im Gange zu halten.
Nun werden aber alle Diejenigen welche die ganze Zeit von dieser Kunden-Liquidität profitiert haben vom Staat durch x Massnahem unterstützt, der gemeine Bürger der bleibt aber auf seinen Schulden sitzen und darf die erhöhte Inflation ausbaden!
Die Steur-/Taxenerhöhungen usw werden bald kommen, und das kann die Wirtschaft dann wiederum abfangen indem sie viele Steuerabsatzmöglichkeiten hat die dem gemeinen Bürger nicht zur Verfügung stehen. Konsequenz: Letzterer wird immer mehr an den finanziellen Abgrund getrieben.
Aber ein bedingungsloses Grundeinkommen wird ja stets mit den üblich undurchsichtigen Dumm-Argumenten abgewiesen.
Bleiben also bloss noch die wirtschaftlichen Bailouts … die dem einfachen Bürger wiederum Nichts bringen.
Kein Wunder, dass der Mittelstand immer mehr verschwindet:
es gibt bald nur noch Jene die am Überlebenslimit rumbasteln und Jene die riesige Vermögenswerte bzw. Einkommen haben:
Sklaven und Herrscher eben 🙁
Natürlich tun die Ökonomen das, sie haben schließlich nichts anderes gelernt was heute helfen könnte.