Interview / Ökonomin Aline Muller: „Indexierung der Gehälter hat zwar sehr positive Aspekte, aber auch negative“
Premierminister Xavier Bettel hat eine Tripartite einberufen, um die wirtschaftlichen Folgen des Ukraine-Krieges auf Luxemburg zu mindern. Die dort gefällten Entscheidungen könnten dauerhafte Konsequenzen auf die Luxemburger Gesellschaft haben. Doch wie sollte die Tripartite bei der Entwicklung dieser Maßnahmen am besten vorgehen und welche Rolle spielt der Index in dieser Krise? Das Tageblatt hat mit der Generaldirektorin des Liser über diese Themen gesprochen.
Tageblatt: Wie hat der Krieg in der Ukraine bis jetzt die Luxemburger Wirtschaft beeinflusst?
Aline Muller: Die Preissteigerung von Sprit und auch andere Materialien wird klar durch den Krieg beschleunigt – aber das war auch schon vorher die Tendenz. Wir werden sicher eine direkte Auswirkung auf die Luxemburger Wirtschaft verspüren. Das geht von Holz über Heizungskosten bis hin zu Getreide. Und wenn diese Materialien teurer werden, haben die Unternehmen keine andere Möglichkeit, als ihre Preise auch zu erhöhen. Das wird dann wiederum einen starken Einfluss auf die Inflation haben.
Deswegen schauen auch viele Menschen hoffnungsvoll auf eine weitere Indextranche.
Der Index ist nicht die einzige Lösung, um der Krise entgegenzuwirken. Die Indexierung der Gehälter hat zwar sehr positive Aspekte, aber auch negative. Wenn die Gehälter steigen, steigen auch die Preise der Dienstleistungen und Güter – die Betriebe haben keine andere Wahl, als ihre Preise zu erhöhen. Dadurch steigt dann wieder der Index und es entsteht ein Teufelskreis. Dazu kommt, dass wir nicht in einer geschlossenen Ökonomie arbeiten. Der Index beeinflusst auch die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Luxemburger Unternehmen.
Wer profitiert denn am meisten vom Index?
Die Indexierung konserviert die relative Gleichheit, aber nicht die absolute. Wenn man alle Gehälter um 2,5 Prozent anhebt, dann steigen die kleineren Gehälter weniger als die großen. Schaut man sich die Energiepreise an, dann sieht man, dass proportional gesehen die Ausgaben für Primärgüter für Menschen mit kleinerem Lohn größer sind als für Personen, die mehr verdienen. Ein Beispiel dafür ist die Energierechnung: Die Auswirkung dieser Ausgaben auf den Verdienst ist zweimal so hoch bei Menschen mit weniger Lohn. Durch die Preissteigerung entsteht bei diesen Menschen ein substanzieller Druck auf alle Ausgaben. Die Indexierung präserviert die relative Gleichheit, verschlimmert allerdings die absolute Ungleichheit – und wird nicht unbedingt dem Druck der Energiepreise gerecht.
Trotzdem wird auf der Tripartite die Möglichkeit einer zweiten Indextranche für 2022 wohl diskutiert, oder?
Ich weiß nicht, ob das Thema bei der Tripartite auf dem Tisch liegen wird. Drei Indextranchen innerhalb eines Jahres – die letzte war ja im Oktober – könnten sehr schlimme Konsequenzen für die Wettbewerbsfähigkeit der Luxemburger Firmen haben. Ich würde das nicht unbedingt ausschließen, aber ich würde mich davor auf jeden Fall informieren. Aber ich kenne die Agenda der Tripartite nicht und wir werden das wohl alle mit viel Interesse verfolgen.
Welche Rolle spielt der Index für den sozialen Frieden in Luxemburg?
Ich glaube, da geht es auch um die politische Symbolik. Die Indexierung hat natürlich den Vorteil, dass sie sehr schnell eingeführt werden kann – und dann muss man den politischen Preis nicht bezahlen. Wenn man gezieltere und segmentierte Maßnahmen einführen will, dauert das nämlich eine gewisse Zeit. Ist der politische Wille also da, um das zu machen? Ich hoffe, dass bei der Tripartite das Gesamtbild nicht vergessen wird. Wir haben die Möglichkeit, durch Mikrosimulationen, die verschiedenen Effekte der Maßnahmen zu analysieren. Um die richtig informierte Entscheidungen zu nehmen, wäre es deswegen gerechter, diese Simulationen wirklich durchzuführen – vor allem mit dem Blick auf Chancengleichheit in der Gesellschaft. Das kann man nicht von heute auf morgen machen, aber das dauert auch keine sechs Monate.
Aber hat die Regierung die Zeit, diese Simulationen durchzuführen?
Die Forschung steht zur Verfügung, um diese Informationen zu liefern. Aber wir sind nicht in der Tripartite. Die Tripartite kann auch zu der Entscheidung kommen, dass mehr Daten nötig sind, um sich informierter zusammenzusetzen. Wir kennen die verschiedenen Spektren der Thematik: Wohnungsbau, alleinerziehende Eltern, verschiedene Ungleichheiten – das befindet sich alles in unseren Simulationen. Es wäre also interessant, zu schauen, wer von welchen Maßnahmen profitiert. Es wäre definitiv ein Schritt in die richtige Richtung, den Dialog mit objektiven Informationen zu führen.
Welche Maßnahmen würden denn Sinn ergeben?
Das können sehr viele Maßnahmen sein. Wir sind ein Wohlfahrtsstaat, dem sehr viele Instrumente zur Verfügung stehen. Das könnten zum Beispiel Umverteilungsinstrumente sein. Doch dann kann man sich fragen, wo sich diese Ungleichheiten genau befinden und wie sie sich entwickeln. In Luxemburg ist es deshalb sehr wichtig, herauszufinden, was die Charakteristiken der Haushalte sind. Die Forschung ist nur da, um Vorschläge in einem globalen Bild zu analysieren. Wir können nur informieren, wir sind nicht da, um ein Urteil zu fällen. Danach kommt dann die politische Entscheidung – so haben wir zum Teil auch während der Corona-Krise gearbeitet.
Stehen der Regierung denn die nötigen Daten zur Verfügung?
Wir haben während der Corona-Krise gesehen, dass wir nicht genügend Daten haben. Wir haben in Luxemburg kaum detaillierte Informationen über die Kategorisierung der Kompetenzen und wo die Menschen arbeiten. Was machen die Menschen täglich auf der Arbeit? Diese Daten hätten es uns erlaubt, zu wissen, wer auf der Arbeit mehr Schutz und wer weniger benötigt – und so viel segmentiertere Covid-Maßnahmen einzuführen. Das konnten wir nicht machen. Und genau diese Daten fehlen uns auch heute. Wie wird die Digitalisierung die verschiedenen Berufe beeinflussen? Wir müssen unsere Informationsstruktur so schnell wie möglich entwickeln.
Ist der Wille der Regierung da, diese Daten zu sammeln?
Verschiedene Initiativen laufen bereits – der Wille ist schon da. Momentan läuft zum Beispiel eine OECD-Studie. Wie schnell man das ins Rollen bekommt, ist die Frage. Ich hoffe so schnell wie möglich, denn wir sind schon in Verspätung. Es gibt andere Länder, die die Informationen schon haben und proaktiv damit arbeiten. Wir sind natürlich klein und können das schneller auf die Beine stellen, wenn die Mittel und der Wille da sind.
Die Ukraine-Krise folgt der Corona-Krise. Was sind die langfristigen Konsequenzen davon?
Was sicher ist: Die Effekte der beiden Krisen werden sich kombinieren und es wird sehr schwierig werden, sie voneinander zu trennen. Wir wissen, dass die sanitäre Krise langfristige Konsequenzen hat – etwa eine Beschleunigung der Digitalisierung auf dem Arbeitsmarkt. Deswegen muss die Regierung proaktiv Maßnahmen nehmen, um es der Bevölkerung zu ermöglichen, sich an die Kompetenzbedürfnisse der Wirtschaft anzupassen. Kurzfristig hat Luxemburg nicht extrem viel Schaden genommen, weil die Luxemburger Wirtschaft durch das Homeoffice relativ resilient war und weil die Regierung verschiedene Segmente finanziell unterstützt hat.
Das heißt, Luxemburg steht momentan vergleichsweise gut da?
Vor kurzem wurde eine Studie veröffentlicht, die sich angeschaut hat, wie sich die verschiedenen Sozialpolitiken in der EU an die Krise angepasst haben und was es gekostet hat – und Luxemburg ist grob gesehen relativ gut aus der Krise gekommen. Warum? Wir haben uns weniger als die anderen Länder verschuldet und wir konnten Maßnahmen nehmen, die den Effekt der Krise absorbiert haben. Eben weil wir eine Ökonomie haben, die mit dem Télétravail funktioniert hat. Auf lange Dauer geht es jetzt allerdings nicht mehr darum zu absorbieren, sondern zu investieren. Und dort muss die Politik noch zulegen. Das haben wir auch bei unserem Kommentar zum Haushalt 2022 gesagt: Es wird nicht genug in die Sozialpolitik und in den Arbeitsmarkt investiert, um wirklich langfristige Antworten zu finden.
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Dat den Index der Compétivitéit schuet… klëngt éischter no UEL-Gejéimers! Dat ët zwar e grondsätzlechen Ongläichheetsproblem gët well all Revenuë jo prozentuell an d‘Luucht gin an demno déi „dëck“ och méi kréien, doriwwer muss een onbedingt nodenke, resp. d‘Progressivitéit vun de Steieren noschärfen an Tranchen uewen dropsetzen!
Den Index huet also nach en zousätzleche Bonus, fir déi schwaach Betriber auszesonderen, déi nach ëmmer sou just laanscht d’Insolvenzverschleppung komm sinn.
Ett ass daat selwecht Gedeessems an Gejeimers,
Preisser klamme andauernd,
schons laang virdrun gett emmer
dropp geschloen, ass einfach
well d’Preiskontroll gett ett
nett.
Ett ass daat selwecht Gedeessems an Gejeimers,
Preisser klamme andauernd,
schons laang virdrun gett emmer
dropp geschloen, ass einfach
well d’Preiskontroll gett ett
nett.
@Jules. Virun zech Joren as et nach dng Preiskontroll gin. Do sin dann Leit vum Office des Prix 2 mol am Joer an d’Geschäfter gang vir d’Preisser ze kontrollei’eren. Dei Zeit wor an der Miwelbranche engMarge vun 168 autorisei’ert. Dat heescht waat ech vir 1000 Lfrs akaaf hun konnt ech vir 1680.- plus TVA verkaafen. Vir dazt ze emgoen kruet de Fournisseur dunn gesoot hien soll daat waat 1000 Lfrs kascht huet elo mat 1500 verrechnen. An um Enn vum Joer kruet dann de Geschäftsmann en cheque vir differenz kritt deen hien dann an d’Ausland akasseieren gaang. Do woren alt Chequen mat 6stellegen Zommen derbei. An esou wärt et och nach haut goen.
D’Fangere ewech vum Index! Basta!