„Liberaler Wind“ / OGBL befürchtet Privatisierung des Luxemburger Rentensystems
Ampacet, Cargocenter, Liberty Steel, ArcelorMittal oder auch der Bausektor: Dem OGBL geht die Arbeit laut Präsidentin Nora Back nicht aus. Mit zwei Neuzugängen im Nationalkomitee will sich die Gewerkschaft dem „rauen Wind“ entgegenstellen.
Gewerkschaftspräsidentin Nora Back ist am Dienstagnachmittag mit heiserer Stimme auf der Pressekonferenz des OGBL nach der Sitzung des Nationalkomitees erschienen. „Wir streiken“, sagt Back schon fast entschuldigend gegenüber den Pressevertretern. „Wir verbringen viele Stunden draußen in der Kälte, im Regen und im Schnee.“ Dabei scheinen sich die rauen Stimmbänder der Gewerkschafterin nur dem „rauen Wind“ in Luxemburg angepasst zu haben. „Dem OGBL geht die Arbeit nicht aus“, sagt Back – weswegen er sich mit Pit Bach und David Angel in der OGBL-Geschäftsführung verstärkt hat. Eine Entscheidung, die „einstimmig“ vom Nationalvorstand getroffen wurde, so Back.
Der OGBL-Nationalvorstand hat am Dienstagvormittag die aktuellen Fälle analysiert und diskutiert. „Das geht auch mit einer Analyse der politischen Absichten und dem Koalitionsprogramm der aktuellen Regierung einher“, sagt Back. Auf einer Pressekonferenz habe der OGBL seine roten Linien zum Regierungsprogramm bereits präsentiert. Die Gewerkschaft stelle jedoch fest, dass immer mehr auf Wettbewerbsfähigkeit und Unternehmen als auf die Arbeitenden geschaut werde. Der Streik bei Ampacet, die Unsicherheit betreffend das Cargocenter und die Verfolgung von Krankschreibungen bei ArcelorMittal würden zeigen, dass „es schwierige Zeiten sind, in denen wir uns warm anziehen müssen“.
„Frontalattacke auf die Arbeitnehmer“
„Nicht wir haben uns radikalisiert, sondern die anderen“, sagt Nora Back. Man verfolge noch immer die gleiche Programmatik, die man seit der Gründung vertreten habe. „Das Patronat reitet eine Attacke nach der anderen auf soziale Errungenschaften.“ Harte Zeiten würden dann eben eine harte Opposition erfordern. In den „politisch rauen Zeiten“ wolle der OGBL dafür sorgen, dass es nicht so schlimm komme, wie der „liberale Wind“ es derzeit andeute.
Die Verteidigung sozialer Errungenschaften schreibt sich der OGBL weiterhin auf die Fahne. Besonders dann, wenn sich die Politik nur halbherzig dazu bekenne. So etwa beim Dauerthema Index. Die Regierung hatte sich im Koalitionsprogramm zum Indexsystem bekannt. Falls mehr als eine Indextranche im Jahr falle, wolle die Regierung jedoch eine Tripartite einberufen. In den Augen des OGBL kein Festhalten am Index.
Auch in Sachen Arbeitsrecht sieht der OGBL eine „Verwässerung“ des Arbeitnehmerschutzes. Gleich in der Einleitung des betreffenden Kapitels im Koalitionsprogramm wird von einer Gleichstellung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber geredet. Was auf den ersten Blick gut klingt, ist laut OGBL lediglich eine Märchenstunde. Spezifisch im Hinblick auf die Flexibilisierung der Arbeitszeit, die laut Regierung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber verhandelt werden soll, befürchtet die Gewerkschaft den „worst case“, wohl auch, weil im Hinblick auf die Kollektivverträge keine konkreten Pläne bekannt gegeben worden seien. Und das, obwohl eine europäische Direktive einen Aktionsplan fordert, der dafür sorgen soll, dass 80 Prozent der Arbeitnehmerschaft mit einem Kollektivvertrag abgedeckt ist.
Währenddessen aber würde beispielsweise bei Ampacet eine Unternehmensführung unter Beweis stellen, dass ein stärkeres Kollektivvertragsgesetz notwendig sei. Back hat deutliche Worte dazu: „Einseitig wurde der Kollektivvertrag aufgekündigt. Das ist eine Frontalattacke auf die Arbeitnehmer.“ Dieser Angriff auf das Luxemburger Sozialmodell dürfe nicht Schule machen. Das würde auch die Öffentlichkeit verstehen, die die Streikenden unterstützt und ihre Solidarität ausdrückt.
Eine ähnliche Vorgehensweise will der OGBL in der Steuerpolitik erkannt haben. „Der OGBL hat klare Forderungen für mehr Steuergerechtigkeit“, sagt Back. Die Regierung hingegen habe klare Versprechen an Unternehmen angekündigt. Ein Bekenntnis an physische Personen vermisst die Gewerkschaft. Dies solle nur dann erfolgen, wenn noch Platz im Budget ist. Ohne die Einführung einer Erbschafts- oder Vermögenssteuer sollen zudem weitere Ungerechtigkeiten geschaffen werden.
„Unser Rentensystem hat sich bewährt“
Der OGBL befürchtet auch eine umfassende Änderung der „Architektur“ des Luxemburger Rentensystems. Die Gewerkschaft sieht darin eine „fundamentale Infragestellung von unserem öffentlichen Rentensystem“. „Dabei ist unser Rentensystem eines der besten der Welt, das sich mehrfach bewährt hat“, sagt Nora Back. Bei solchen Aussagen, die aufgrund der expliziten Nichterwähnung im Wahlkampf für die Gewerkschaft überraschend kamen, würden in den OGBL-Büros die Alarmglocken schrillen. Vor allem, wenn eine mögliche Privatisierung angedeutet werde. Was das anrichte, würde sich mittlerweile in anderen Ländern zeigen, sagt Back, ohne hierzu konkrete Beispiele zu nennen.
Mehr, als mittlerweile über die Presse kommuniziert worden sei, wisse die Gewerkschaft jedoch auch nicht. „Diese Diskussion sollte mit Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertretungen geführt werden“, meint Back. Auch sei es wichtig, dass nicht bei möglichen Lösungsansätzen abgeblockt werden dürfe. „Von vorneherein zu beschließen, dass etwa die Reserven des ,fonds de compensation‘ nicht angetastet werden dürfen, ist nicht gut“, sagt die OGBL-Präsidentin. Das Rentensystem für Privatversicherungen zu öffnen, könne jedoch nicht die Lösung sein. Eine Unterredung mit der neuen CSV-Gesundheitsministerin habe man deswegen bereits angefragt.
- Von Dynamik und Statik: Xavier Bettels Europa- und Außenpolitik braucht neue Akzente - 19. November 2024.
- CSV und DP blicken auf ereignisreiches Jahr zurück - 18. November 2024.
- „déi Lénk“ sieht von „Interessenkonflikten durchsetzte“ Institution - 13. November 2024.
Dann gehen wir bis 85 zu Mc Donalds arbeiten um über die Runden zu kommen.So es unsere“ Vorbilder“ in den USA machen.
Eigentlich sollte noch viel mehr über Arbeitszeitverkürzung gesprochen werden, weil die Kaufkraft und Lebensqualität abnimmt. Aber wer ist schon an Zufriedenheit seiner Bürger interessiert, wenn Diktaturen im Osten bereits den Westen wirtschaftlich überholen. Gell meine liebe Elite? Da steckt man aber in der Zwickmühle: Peitsche auspacken oder Karotte?