Sozialwahlen / OGBL bleibt Platzhirsch: Gewerkschaft ist nach Zwischenergebnissen auf Rekordkurs
Der OGBL hat seine Vormachtposition unter den Gewerkschaften bei den Delegationswahlen gestärkt. Dennoch lohnt ein Blick auf die Details der ersten Zwischenergebnisse.
Der OGBL bleibt die Gewerkschaft Nummer eins in Luxemburg, dahinter folgen LCGB und die Aleba. Das ist die Erkenntnis aus den Sozialwahlen am Dienstagabend, die eigentlich keine ist. Denn: Dass der OGBL seine Vormachtstellung verlieren sollte, war kein Szenario, mit dem sich die politischen Beobachter oder die Gewerkschafter vor den Wahlen seriöse beschäftigt hätten. Mit einer Rekordanzahl an Kandidaten konnte jede der großen Gewerkschaften ihre Zahl an Delegierten steigern. Prozentual gibt es bis auf wenige Ausnahmen vorerst nur marginale Verschiebungen. Bestätigt sich der Trend bei den verbleibenden Unternehmen, kann der OGBL seinen Vorsprung von tausend Delegierten im direkten Vergleich mit dem LCGB wohl noch ausbauen. Vor Redaktionsschluss fehlten die Wahlresultate von rund 500 Unternehmen.
Dennoch lag den Wahlen am Dienstag eine gewisse Spannung inne. Die Teilnahme der Aleba mit Kandidaten in allen Sektoren war vor den Wahlen eine große Unbekannte, die niemand so recht einschätzen konnte. Auch beim OGBL wusste man nicht, wie mit der sich selbst als apolitisch bezeichnenden Gewerkschaft umzugehen sei. Besonders nach der Pandemie und den Krisenjahren infolge des Ukrainekrieges wollte man das Potenzial der aus dem Finanzsektor stammenden Gewerkschaft zumindest nicht unterschätzen.
Vorstoß der Aleba
Die Rechnung der Aleba, auch in anderen Sektoren Fuß zu fassen, ist nur bedingt aufgegangen – auch deshalb, weil man im Finanzsektor im Vergleich zu den vergangenen Wahlen Einbußen hinnehmen musste. War die Gewerkschaft mit 31 Prozent der Delegierten im Jahr 2019 klar stärkste Kraft im Finanzsektor, ist sie in diesem Jahr mit 27,95 Prozent der Delegierten unter die 30-Prozent-Marke gefallen. OGBL und LCGB mussten ebenfalls Einbußen hinnehmen, sodass „der Gewinner“ im Finanzsektor die nicht gewerkschaftlich organisierten Personaldelegierten sind, die fast die Hälfte der Delegierten stellen. Dem voraus geht ein Streit unter den drei Gewerkschaften, als ein ministerieller Beschluss der Aleba die sektorale Repräsentativität im Finanzsektor entzogen hatte. Das als Reaktion auf eine Beschwerde von OGBL und LCGB beim Arbeitsministerium, nachdem die Aleba im Alleingang einen Kollektivvertrag im Sektor aushandeln wollte, ohne die dafür eigentlich erforderliche Stimmenanzahl bei den vergangenen Sozialwahlen errungen zu haben.
Die Aleba ist mit insgesamt 1.000 Delegierten-Kandidaten angetreten, darunter fast 800 nur im Finanzsektor. Im Vergleich zu den vom OGBL und LCGB gestellten 6.000 beziehungsweise 4.000 Mitgliedern, war die angestrebte nationale Repräsentativität mehr Scheingefecht als realistisches Ziel. Letztendlich hat die Aleba es nicht geschafft, die Fünf-Prozent-Hürde zu knacken. Der OGBL wird voraussichtlich ein Viertel aller Personaldelegierten stellen, während der LCGB bei knappen 15 Prozent liegt. Für alle Gewerkschaften ein leichtes Plus, erreichte der OGBL 2019 23 Prozent, der LCGB 13,66 Prozent und die Aleba knappe vier Prozent.
Swing Sectors
Der einzige Sektor, in dem beim OGBL wohl Trübsal herrscht, ist die Landwirtschaft. War man 2019 noch als einzige Gewerkschaft mit zwei von insgesamt 15 Delegierten vertreten, konnte der LCGB den OGBL in diesem Jahr komplett verdrängen. Mit fünf von insgesamt 21 Personaldelegierten ist bei den diesjährigen Wahlen der LCGB der klare Gewinner. Umgekehrte Welt auch dieses Jahr im Immobiliensektor, den der LCGB bei den vergangenen Wahlen komplett für sich entscheiden konnte. 2024 hat der OGBL mit zwei gegenüber dem einzigen LCGB-Delegierten leicht die Oberhand gewonnen. Wie bei den vergangenen Wahlen überwiegen die nicht gewerkschaftlich organisierten Personalvertreter im Immobiliensektor jedoch mit 92 Prozent der Delegierten.
Insgesamt haben sich die Kräfteverhältnisse zwischen OGBL und LCGB laut ersten Zwischenergebnissen nicht wesentlich verschoben. Zwar konnten beide Gewerkschaften numerisch zahlreiche Delegierte hinzugewinnen – prozentual aber bleiben die Kräfteverhältnisse grosso modo bestehen. Voraussichtlich kann der OGBL im Gesundheitswesen einen Zugewinn von fünf Prozent verzeichnen, während der LCGB leicht verliert. Im Industriesektor können beide Gewerkschaften fünf Prozentpunkte im Vergleich zu den vorigen Sozialwahlen hinzugewinnen.
Wenig Bewegung gibt es im krisengebeutelten Baugewerbe. Mit einem LCGB-Gewinn von 0,5 Prozentpunkten und einem Verlust des OGBL von 0,8 Prozentpunkten verschieben sich die Kräfteverhältnisse nur minimal. Erstaunlich auch, dass trotz Krise weiterhin eine große Mehrheit der Personalvertreter nicht gewerkschaftlich organisiert bleiben. Im Transportgewerbe kann der LCGB nach Auszählung von rund zwei Dritteln der Stimmen ein sattes Plus von sieben Prozentpunkten einfahren, während der OGBL voraussichtlich vier Prozentpunkte einbüßt. Auch im Baugewerbe schafft es der LCGB, leicht aufzuschließen. Mit 20 Prozent übertrifft der OGBL sein voriges Wahlergebnis zwar leicht, der LCGB kann jedoch ganze fünf Prozentpunkte hinzugewinnen. Ein konträres Spiegelbild dessen dann bei den Buchhaltern, wo der OGBL fünf Prozentpunkte hinzugewinnt und der LCGB wiederum leicht verliert.
Die für den OGBL so wichtige absolute Mehrheit im Gesundheitssektor konnte die Gewerkschaft mit insgesamt rund 54 Prozent der Delegierten noch weiter ausbauen. Sollte der Trend der Zwischenergebnisse weiter anhalten, wird der LCGB auch hier mit Einbußen von um zwei bis drei Prozent rechnen müssen. In dem Sektor stellt auch die FGFC ihren einzigen Delegierten, der nicht im Verwaltungssektor gewählt wurde. Platzhirsch im Verwaltungssektor scheint aber mit der diesjährigen Wahl definitiv der OGBL zu sein. 45 Prozent der Delegierten stellte der OGBL nach den vergangenen Wahlen – mit den diesjährigen Wahlen werden es wohl über 50 Prozent werden. Ein Zugewinn, der auf Kosten des LCGB geht, der von knappen 30 Prozent auf 25 Prozent fällt.
- Von Dynamik und Statik: Xavier Bettels Europa- und Außenpolitik braucht neue Akzente - 19. November 2024.
- CSV und DP blicken auf ereignisreiches Jahr zurück - 18. November 2024.
- „déi Lénk“ sieht von „Interessenkonflikten durchsetzte“ Institution - 13. November 2024.
Hallo H. Wiltgen. LW meldet, dass etliche Firmen nicht an den Sozialwahlen teilgenommen haben. Wissen Sie was?