FLBB-Herren / Oliver Vujakovic zwischen Studium und Basketball
Er ist der Mann der Stunde in der zweiten österreichischen Liga und aus den Reihen des luxemburgischen Basketball-Nationalteams ebenfalls nicht mehr wegzudenken. Dabei sah der Plan von Oliver Vujakovic eigentlich ganz anders aus.
Als Oliver Vujakovic im Herbst 2018 für sein Geografiestudium nach Innsbruck zog und somit die Total League und seinen Heimatverein Résidence Walferdingen verließ, hatte er selbst wohl am wenigsten damit gerechnet, dass er zweieinhalb Jahre später die Statistiken in der zweiten österreichischen Basketball-Liga anführen würde – wo er zurzeit als der effizienteste Spieler gilt. Aktiv nach einem Verein hatte der 24-Jährige, der sich anders als etwa seine FLBB-Teamkollegen Alex Laurent, Thomas Grün oder Ben Kovac bewusst gegen eine Profikarriere entschied, in Österreich eigentlich nicht gesucht. Dass er dann doch bei den Swarco Raiders Tirol gelandet ist, war eher ein riesiger Zufall. Denn als er in den sozialen Medien nach einer Wohnung suchte, wurde ein Spieler des damals neu gegründeten Teams auf Oliver Vujakovic aufmerksam. Eine Win-win-Situation für beide Seiten, wie inzwischen mehr als deutlich geworden ist. „Die ganze Geschichte ist schon irgendwie verrückt“, gibt der ehemalige Walferdinger mit einem Lachen zu.
Denn der Student wurde für den Verein aus Innsbruck schnell zu einem wichtigen Leistungsträger. Punkte, Rebounds oder auch Assists – in sämtlichen Kategorien steuerte der Allrounder seinen Teil dazu bei, dass die Swarco Raiders in ihrer ersten Saison direkt den Aufstieg in die zweite Liga schafften. Und auch eine Etage höher macht der 24-Jährige da weiter, wo er zuvor aufgehört hatte. Nachdem die letzte Saison Corona-bedingt frühzeitig abgebrochen werden musste, läuft in der zweiten Liga Österreichs der Spielbetrieb seit Herbst fast nahtlos weiter. Inzwischen sind 14 Spieltage bestritten und das Team aus Innsbruck hat sich etwas überraschend an der Tabellenspitze festgesetzt, wo es zurzeit Rang zwei belegt. Vujakovic und Co. sind im Jahr 2021 noch ungeschlagen, können inzwischen eine Siegesserie von sechs Spielen in Folge aufweisen und haben die Qualifikation für die Play-offs bereits in der Tasche.
„In dieser Spielzeit haben wir zwei Profis aus Slowenien hinzubekommen, die beide 1998 geboren und somit noch jung sind, aber perfekt ins Team passen. Dadurch sind wir nun auch vielseitiger geworden“, erklärt der 24-Jährige einen der Gründe für den Aufschwung der Swarco Raiders. Das größte Erfolgsrezept ist jedoch der Zusammenhalt des Teams, wie Vujakovic weiter betont: „Wir kennen uns nun schon länger, sind eingespielt und das Verständnis ist groß, wenn einer von uns Studenten einmal nicht ganz so viel Zeit hat.“ Denn in den Reihen des Teams ist Vujakovic nicht der Einzige, der versucht, Basketball und Studium unter einen Hut zu bekommen; Nationalspieler sind da in der zweiten Liga aber schon seltener. Dennoch gab es keine Probleme, als der Luxemburger früher ins Großherzogtum reisen wollte, um einen Teil der Vorbereitung auf die „Kosovo-Bubble“ mit den FLBB-Herren noch in der Coque bestreiten zu können. „Insgesamt werde ich zwar zwei Spiele verpassen, dies aber zum Glück nicht gegen die stärksten Teams. Dennoch war das für den Verein sofort in Ordnung.“
Verrückte Geschichte
Und auch ohne ihren Topscorer blieben die Swarco Raiders am letzten Wochenende auf der Erfolgsspur und wer weiß, wohin der Weg das Team um den Luxemburger noch führen wird. „Ich habe vor kurzem noch mit unserem Kapitän darüber gesprochen. Langfristig war der Aufstieg in die erste Liga sicherlich schon geplant, dass wir aber jetzt schon so weit oben stehen, ging dann doch schneller als man es sich im Klub erwartet hatte“, erzählt Vujakovic. Ob der Aufstieg in dieser Corona-Saison überhaupt möglich ist – denn ob überhaupt ein Verein aufsteigen darf, steht noch nicht fest – und es finanziell für den Klub – der in Österreich eher durch seine überaus erfolgreiche American-Football-Sektion bekannt ist – machbar ist, kann der 24-Jährige nicht sagen: „Zweitligameister, das wollen wir aber auf jeden Fall werden, der Wille ist da und das, was wir bisher erreicht haben, macht uns jedenfalls mega stolz.“ Ohne Druck kann das Team also allemal aufspielen.
Oliver Vujakovic selbst kommt in der laufenden Saison bisher auf bemerkenswerte Statistiken von durchschnittlich 20,5 Punkten, 7,9 Rebounds und 3,6 Assists und führt die Liste der effizientesten Spieler der zweiten Liga an: „Als Ziel hatte ich mir dies keineswegs gesetzt“, verrät der FLBB-Nationalspieler. „Ich trainiere ja auch nicht wie die Profis zweimal pro Tag, sondern nur viermal in der Woche abends. Doch wie im Nationalteam auch, versuche ich stets, 200 Prozent zu geben.“ Es ist auch diese Bodenständigkeit, die Oliver Vujakovic nicht nur im Verein, sondern auch im Nationalteam so erfolgreich macht. Dass seine Mitspieler ihm vertrauen, sieht er in dieser Hinsicht ebenfalls als enorm wichtig an: „Ohne sie wären diese Leistungen keinesfalls möglich.“
Die ganze Geschichte ist schon irgendwie verrücktüber seine Basketball-Karriere in Österreich
Dass sich bisher noch niemand aus der österreichischen Superliga bei Oliver Vujakovic gemeldet hat, erstaunt da schon, auch wenn der 24-Jährige an so etwas gar nicht denkt: „Mich überrascht das nicht, zurzeit würde es mir sowieso nicht einfallen, Innsbruck zu verlassen. Ich habe hier zudem Freunde gefunden und fühle mich sehr wohl.“ Außerdem betont er, dass er, wie in Luxemburg auch, beim Verein zwar eine Lizenz, aber keinen Vertrag hat. Wie es nach dem Bachelor-Abschluss aussehen wird, kann Oliver Vujakovic noch nicht sagen. Vom Master-Studium bis hin zu professionellerem Basketball, alles ist möglich: „Zurzeit schließe ich da nichts aus.“ Zuerst will der Student, der sich in seinem sechsten Semester befindet, schnellstmöglich sein Bachelor-Studium abschließen: „Ab April wird es ja auch mit Basketball ruhiger.“ Und wer weiß, vielleicht spielen die Swarco Raiders in der kommenden Saison ja tatsächlich im Oberhaus.
Studium und Basketball, das bekommt Vujakovic inzwischen ganz gut gemanagt, obwohl es nicht immer einfach ist, wie er selbst erklärt: „Ich hatte ja nicht vor, hier auf einem so hohen Niveau zu spielen und an der Uni gibt es jetzt auch mehr zu tun als am Anfang.“ Anders als in der dritten Liga stehen aktuell auch längere Reisen quer durch Österreich auf dem Programm: „Je nachdem, wo wir hinfahren, geht da schon ein kompletter Lerntag verloren. Denn für solche Reisen nutzen wir zwei Minibusse und da kann man sich auch nicht einfach so ausbreiten.“ Doch so lange er gesund bleibt und Basketball ihm Freude bereitet, wird der Sport für Oliver Vujakovic auch weiterhin ein Thema sein, wie er verrät. Und in Corona-Zeiten, in denen der Unterricht online stattfindet, ist Basketball für den 24-Jährigen eine willkommene Abwechslung: „Hier ist ja alles geschlossen, so bin ich dankbar, dass wenigstens Basketball noch möglich ist. Denn den ganzen Tag in meinem Zimmer hängen zu müssen, das wäre schwierig.“
Willkommene Abwechslung
Gute Nachrichten demnach auch für FLBB-Nationaltrainer Ken Diederich, für den Oli – wie er von seinen Teamkollegen genannt wird – zu einem wichtigen Leistungsträger geworden ist, den man aus der Starting Five zurzeit nicht wegdenken könnte. In der in dieser Woche endenden Vorqualifikation für die WM 2023 stand für Luxemburg nur Clancy Rugg bisher länger auf dem Parkett als Vujakovic. In sämtlichen Statistiken – Punkte (11,8), Rebounds (6,5), Assists (3,0) – sowie auch hinsichtlich der Spieleffizienz liegt der 24-Jährige im Vergleich aller FLBB-Spieler auf dem zweiten Rang. Es ist gerade die Vielseitigkeit, durch die er überzeugt, denn der zwei Meter große Spieler ist sich nicht zu schade, dort auszuhelfen, wo er gerade gebraucht wird.
Dieser Zusammenhalt, der im Moment im Nationalteam herrscht, ist genau das, was uns so stark machtüber das luxemburgische Nationalteam
Regelmäßig zur Nationalmannschaft zurückzukehren, das macht Vujakovic immer noch richtig Spaß: „Dieser Zusammenhalt, der im Moment im Nationalteam herrscht, ist genau das, was uns so stark macht und viele andere Mannschaften in dem Maß nicht besitzen.“ Und auch den letzten Rückschlag – Co-Kapitän Thomas Grün konnte Corona-bedingt bekanntlich nicht mit in die „Bubble“ nach Pristina reisen – will man laut Vujakovic gemeinsam kompensieren: „Er ist unser bester Mann, da kommt nicht nur auf Alex (Laurent) oder mich, sondern auf uns alle mehr Verantwortung zu.“ Und vor allem mit dem Lokalteam, auf das die FLBB-Herren heute Abend treffen, hat man noch eine Rechnung offen, wie der Wahl-Innsbrucker betont: „Vor einem Jahr gab es in der Coque ja diese knappe Niederlage. Auch wenn wir der Underdog sind, wollen wir Revanche nehmen. Inzwischen wissen wir, dass wir solche Spiele auch gewinnen können.“
Mit einem weiteren Erfolg würden die FLBB-Herren erstmals in der rezenten Vergangenheit eine Qualifikation mit zwei Siegen beenden, etwas, womit die ungewöhnliche Basketball-Geschichte des Oliver Vujakovic um ein weiteres bemerkenswertes Kapitel reicher wäre.
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