Kopf des Tages / Omans Sultan Kabus stirbt nach 50 Jahren an der Macht
Nach 50 Jahren an der Macht ist Sultan Kabus verstorben
Sein Tod kommt zu kritischer Stunde. Wenn der getötete iranische General Souleimani als Schattenkrieger der Region betitelt wird, könnte Sultan Kabus als Schattendiplomat durchgehen. Nicht immer von der Weltöffentlichkeit wahrgenommen, vermittelte Kabus zwischen den großen Spielern. Zwischen Iran und Saudi-Arabien. Zwischen den USA und Iran. Ohne sich je auf eine Seite zu schlagen. Am Freitag ist Omans Alleinherrscher verstorben. 50 Jahre regierte Kabus das mehrheitlich muslimische Land im Südosten der Arabischen Halbinsel, länger als alle anderen Herrscher der Region. Für sein Sultanat wird er immer eines bleiben: der „Vater“, nicht anders wurde von seinem Volk genannt.
Kabus, 1940 in eine seit 1741 das Sultanat beherrschende Dynastie geboren, war der einzige Sohn seines Vaters, Sultan Said bin Taimur. Seine Kindheit verbrachte er isoliert von der Außenwelt, in einem Palast, nur von seinen Lehrern umgeben. 17-jährig schickte ihn sein Vater nach England auf eine Privatschule, wenig später ging er auf die Militärakademie in Sandhurst, diente kurz im britischen Militär.
Nach seiner Rückkehr ins Sultanat Mitte der 1960er zwang ihn sein paranoider Vater erneut in die Isolation. Said bin Tamur hatte das Land so belassen, wie es immer war. Oman galt als abgeschottet von der Außenwelt, als rückständig, eine Modernisierung hatte nicht stattgefunden. 1970 – im Süden des Landes bedrohte ein Aufstand Sultanat und Dynastie – putschte sich Kabus ohne Blutvergießen gegen seinen Vater an die Macht. Die Briten, ihre Augen auf Omans Öl gerichtet, hatten kräftig mitgeholfen. Bis dahin war das Sultanat vor allem als Schauplatz der Geschichte des Sindbad bekannt. Mit Kabus’ Thronbesteigung sollte sich das ändern.
Der neue Sultan begann mit der Modernisierung des Landes, schlug dabei einen eigenen Weg ein. Die Hauptstadt Maskat wurde nicht in ein urbanes Monster voller Hightechhochhäuser verwandelt, kein Themenpark des autokratischen Ölkapitalismus, wie sie die anderen Golfstaaten kennzeichnen. Kabus versuchte zu modernisieren, den kulturellen Charakter Omans aber zu bewahren, ließ unter anderem ein Opernhaus bauen.
2011, während des Arabischen Frühlings, reagierte Kabus zügig mit Zugeständnissen auf die aufkommenden Proteste. Gleichzeitig blieb Oman während seiner 50-jährigen Regentschaft ein autokratischer Staat ohne Meinungsfreiheit. Wer Gott oder den Sultan beleidigte, wurde weggesperrt. Trotzdem gilt Kabus als Gründungsvater des heutigen Oman. Gegenüber der Washington Post beschreibt ihn der Politologe Abdullah Baabood, Professor an der Universität in Katar, „als Erbauer der Nation“. Kabus habe dem von rivalisierenden Stämmen geprägten Land, diesem „Flickwerk aus Regionen“ den Sinn für die Nation eingepflanzt.
Außenpolitisch gewieft und sich zwischen den regionalen und globalen Mächten als Vermittler anbietend, machte Kabus aus dem Oman einen international geschätzten Partner, einen diplomatischen Helfer in der Not. Kabus vermittelte bei Geiselnahmen, erlaubte den USA, von seinem Staatsgebiet aus Kampfjets starten zu lassen, und bewahrte trotzdem sein hervorragendes Verhältnis zu Iran. Die Nachricht vom Tod Kabus’ platzt jetzt in eine Zeit, wo die Region und auch die Welt einen Gesprächskanal und diplomatisches Geschick wieder so dringend benötigen, um die Kriegslüsternen aus den USA und dem Iran zur Vernunft zu bringen. Doch Kabus hatte vorgesorgt.
Öffentlich hatte der wohl an Krebs verstorbene Herrscher seine Nachfolge nie geregelt. Aber Kabus hinterließ einen Brief mit seinem letzten Willen. Omans Königshaus setzte ihn um. Ohne direkte Nachfolger – Kabus hatte keine Kinder – wurde am Wochenende der ehemalige Kulturminister zum neuen Sultan gekürt. Haitham bin Tarik Al Said ist ein Cousin Kabus’. Bei seiner Rede zum Amtsantritt stellte er eines schnell klar: Er werde, so Omans neuer Sultan, die Politik von Kabus fortführen. Nicht nur in Oman dürfte diese Ankündigung für Beruhigung gesorgt haben. (Armand Back)
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