Haushaltsdebatte / Opposition kritisiert mangelnde Diskussionskultur im Gemeinderat
Haushaltsdebatten bieten den Parteien (vor allem der Opposition) die Gelegenheit, sich nicht nur zum Haushalt zu positionieren, sondern auch allgemein daran zu erinnern, wofür sie stehen. Kritisiert wurde am Freitag allerdings auch eine schlechte Diskussionskultur innerhalb des Gemeinderats.
Während Vertreter der CSV-DP-Merhheit im „Stater“ Gemeinderat den Haushalt 2020 lobten und die hohen Investitionen begrüßten (s. „T“ vom 9.12.2020), kritisierten die Oppositionsparteien fehlenden Aktivismus in den Bereichen Wohnungsbau, Umwelt- und Klimaschutz und die in ihren Augen falsche Politik, um in den Stadtvierten wie der „Gare“ die dortigen Probleme zu lösen. Und die oft zitierte Bürgerbeteiligung der Gemeinde wurde als Mogelpackung abgestempelt. Fast alle klassischen Themen und Haushaltsposten wurden von den Oppositionsparteien bemängelt. Daneben gab es allerdings auch reichliche Kritik an der Arbeitsweise des Schöffenrats und der Stadtführung im Allgemeinen.
Die grundsätzlichste Kritik kam von Tom Krieps (LSAP), der eine gesunde Streitkultur vermisst. Der Haushalt besteht aus rund 400 Seiten. Es wäre gut, wenn sich so organisiert würde, dass die Gemeinderäte dieses Dokument etwas früher bekämen. Und auch die Art, wie das Dokument präsentiert werde, sei verbesserungsfähig. Das würde ein lästiges Frage-und-Antwort -Spiel überflüssig machen. „Unsere Diskussionskultur ist nicht die allerbeste“, bedauerte Krieps. Der Informationsfluss sei nicht so, wie er sein müsste. Er wünschte sich mehr Informationen vom Schöffenrat direkt, anstatt vieles zuerst aus der Presse zu erfahren. Die Kooperation im Gemeinderat hält er für stark verbesserungsfähig, ansonsten „sitzen wir uns einmal gegenüber wie die Demokraten und die Republikaner in den USA“. Was ja niemand wolle.
Krieps’ Parteilkollege Gabriel Boisante sprach ein Thema an, das vielen Bürgern auf die Nerven geht, und dem er eine Kritik an der Arbeitsweise der Gemeinde hinzufügte: Die zahllosen Baustellen seien ja durchaus nötig, doch die Stadt brauche dringend ein „City Management“, um einen besseren Ausgleich zwischen dem Leben in der Stadt, dem Handel und den Baustellen zu finden.
Boisante wies auch darauf hin, dass bezahlbarer Wohnungsbau die größte Sorge der Bevölkerung sei. Wenn die Gemeinde der Sorge wirklich Rechnung tragen wolle, müsse die Kurve der Investitionen entsprechend der Bevölkerungsentwicklung steigen. Entweder mangele es dem Schöffenrat an Ambitionen oder es sei dies ein Eingeständnis ihres Unvermögens. Beispiele aus dem Ausland zeigten, dass ein höherer Anteil an öffentlichen Mietwohnungen durchaus machbar sei, sagte hierzu Guy Goetz („déi Lénk“).
Von einigen Rednern wurden die hohen Ausgaben (27 Millionen Euro) für Parkhäuser kritisiert, derweil für Wohnungsbau nur rund 19 Millionen Euro vorgesehen seien.
François Benoy („déi gréng“) sagte sich enttäuscht von der Mehrheit, wenn er sehe, welche Lehren aus der Krise gezogen würden. Er stelle fest, dass es weiter laufe wie bisher. Es gebe von vielem ein bisschen: ein bisschen Bürgerbeteiligung, ein bisschen Umweltschutz, ein bisschen Klimaschutz. Nachhaltigkeit als Priorität, eine ambitionierte Umweltpolitik und Urbanismus, der für eine inklusive und humane Stadt stehe – solche Ambitionen würden im Haushalt 2020 vermisst. Gerade Städte seien Räume der Zukunft: hier befinde sich alles nah beieinander, um gut zu leben. Es sei Aufgabe der Gemeindevertreter, dafür den geeigneten Rahmen zu setzen, und neue Wege zu gehen. „Aber das vermissen wir bei diesem Haushalt.“ Benoy bringt, was die Aufstellung des Budgets angeht, eine alte Idee ins Spiel, die in der Hauptstadt aber offensichtlich noch Zukunftsmusik ist, nämlich einen zielgerichteten Haushalt, d.h. Gelder gezielt und gebündelt einzusetzen. So könne z.B. alles gebündelt werden aus dem Bereich Klimaschutz. Ein Beispiel aus der Finanzkommission illustriert für ihn die Unzulänglichkeit der aktuellen Methode. In der Finanzkommission konnte niemand ihm sagen, wie viel die Gemeinde insgesamt für energetische Sanierung bei Gemeindegebäuden ausgibt.
Zu den zahlreichen Fragen von fast allen Rednern zu diversen Bauprojekten der Stadt (Leichtathletikstadion, „Porte de Hollerich“, „Quartier Stade“, u.a.) und anderen Investitionen wird der Schöffenrat am Montag Stellung nehmen, kündigte Bürgermeisterin Lydie Polfer an.
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Das ist das Problem: Frau Polfer ist schon viel zu lange dabei, in Führungspositionen als Bürgermeisterin, Abgeordnete, EU Abgeordnete, Ministerin und jetzt wieder Bürgermeisterin. Da kann einem schon der Sinn für die Realität verloren gehen, weil umgeben von Schmeichlern und irrtümlicherweise überzeugt immer Recht zu haben. Wenn dann Arroganz und Starrsinn hinzukommen, sind auch die allerletzten Zweifel am eigenen Handeln verloren gegangen, falls überhaupt jemals vorhanden. Macht und Geld ( u.a. die vielen lukrativen Verwaltungsräte ) verderben den Charakter . Von Persönlichkeit nicht die Spur.