Kollektivverträge / Opposition sieht einen ersten Etappensieg: „Gesellschaftlicher Widerstand hat sich gelohnt“
Behalten die Gewerkschaften ihr Exklusivrecht, Kollektivverträge auszuhandeln? Jüngsten Äußerungen seitens der Regierungsparteien scheint dem wohl so zu sein. Am Dienstag müssen CSV und DP in der Chamber wohl erneut Farbe bekennen.
Wer hat was gesagt? Um diese simple Frage ist in den vergangenen Monaten Streit zwischen Arbeitsminister Georges Mischo (CSV) und den Gewerkschaften OGBL und LCGB ausgebrochen. Das, weil Arbeitsminister Mischo den Gewerkschaften keine feste Zusage für deren Exklusivrecht zur Verhandlung von Kollektivverträgen geben wollte. Die Szene, die sich innerhalb des „Comité permanent du travail et de l’emploi“ (CPTE) am 8. Oktober abgespielt haben soll, hat Georges Mischo bei Radio 100,7 mittlerweile als „Missverständnis“ betitelt. Er habe lediglich über den „Plan d’action“ sprechen wollen, während die Gewerkschaften über die Kollektivverträge hätten reden wollen. Man habe den Gewerkschaften nie die Exklusivität zur Verhandlung der Kollektivverträge absprechen wollen, so Mischo.
„Geschichtsverfälschung“ nannte Gewerkschaftspräsidentin Nora Back anschließend die Aussagen des Arbeitsministers gegenüber Radio 100,7. Auf mehrmalige Nachfrage der Gewerkschaften, ob der Arbeitsminister ihnen die Exklusivität bei der Verhandlung von Kollektivverträgen zusichern könne, habe Minister Mischo gesagt: „Nein, das kann ich nicht sagen.“ Und aufgrund dieser Aussage hätten die Gewerkschaftspräsidenten Patrick Dury (LCGB) und Nora Back dann die Sitzung des CPTE verlassen. Dass Arbeitsminister Georges Mischo nun gegenüber Radio 100,7 den Gewerkschaften das Exklusivrecht zuspreche, erklärt sich Back damit, dass der Arbeitsminister wohl aus der Streitsituation herauskommen wolle.
DP-Generalsekretärin Carole Hartmann hatte vor einigen Tagen bereits gesagt, dass die DP auf dem Exklusivrecht der Gewerkschaften zur Verhandlung von Kollektivverträgen bestehen würde. Das habe sich auch in einer neuen Koalition mit der CSV nicht geändert.
Abstimmung gegen Exklusivrecht in der Chamber
Den Aussagen der Parteioberen aus CSV und DP steht jedoch die Parlamentsdebatte des 22. Oktober 2024 gegenüber. In der Sitzung hatte die Grünen-Abgeordnete Djuna Bernard eine Motion vorgelegt, in der – nach Änderungsvorschlägen der daraus resultierenden Diskussion – die Regierung dazu aufgefordert worden wäre, „à continuer à reconnaître le rôle exclusif des syndicats justifiant de représentativité nationale ou générale ou de la représentativité sectorielle dans la négociation et la signature de conventions collectives de travail“. DP-Fraktionschef Gilles Baum meinte daraufhin, dass seine Fraktion die Motion nur dann mitstimmen könnte, wenn das Wort „exclusif“ nicht in der Motion enthalten wäre. Sowohl DP als auch CSV stimmten letztendlich gegen die Motion von Bernard, die ihrerseits darauf bestand, dass das Wort „exclusif“ in der Formulierung Bestand haben sollte.
Nun also doch die Kehrtwende? „Der gesellschaftliche Widerstand hat sich gelohnt, da die Regierung in allen Punkten zurückgerudert ist“, stellt der LSAP-Abgeordnete Georges Engel fest. Das ständige Hin und Her der Regierungsparteien nennt der Politiker eine „Verarsche“. Ob CSV und DP tatsächlich zu den öffentlichen Beteuerungen in den Medien stehen, wird sich am Dienstag zeigen. Dann wollen die LSAP, „déi gréng“ und „déi Lénk“ mit möglicher Unterstützung der Piraten noch einmal die gleiche Motion einbringen, die bei der Abstimmung im Oktober keine Mehrheit gefunden hatte. „Dann müssen die CSV und die DP Farbe bekennen“, sagt der LSAP-Abgeordnete Georges Engel gegenüber dem Tageblatt.
Die Grünen-Abgeordnete Djuna Bernard bezeichnet das Ringen von CSV und DP als „Kräftemessen“ zwischen den Regierungsparteien, die versuchen würden, einander den „schwarzen Peter“ zuzuschieben. „Es ist doch erstaunlich, dass die DP sich als erste der Regierungsparteien als „Gewerkschaftsfreund“ darstellte, nachdem diese im Oktober darauf bestand, das Wort „exclusif“ aus der Formulierung zu streichen“, sagt Bernard. Mit der Motion am Dienstag solle dann hoffentlich Klarheit herrschen. „Ich mache mir allerdings Sorgen, dass die Kompetenzen der Gewerkschaften im Rahmen der Koalitionsverhandlungen weiterhin beschnitten werden könnten.“ Da müsse man als Opposition auch weiterhin wachsam bleiben.
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