Luxemburg / Organisierte Bettelei: Zehn Fälle wurden in den letzten fünf Jahren in der Hauptstadt festgestellt
Immer wieder wird die dürftige Zahlenlage bei der Diskussion um das Bettelverbot kritisiert. In seiner Antwort auf eine parlamentarische Anfrage teilte der Minister für innere Angelegenheiten, Léon Gloden, nun Zahlen zu 29 Gemeinden – darunter die Hauptstadt – mit.
Sechs Fälle von sogenannter „organisierter Bettelei“ hat die Polizei 2023 in ganz Luxemburg zu Protokoll gebracht – das antwortet der Minister für innere Angelegenheiten, Léon Gloden (CSV), auf eine parlamentarische Frage des Abgeordneten Marc Goergen (Piraten). Drei davon wurden in Hesperingen festgestellt, einer in Luxemburg-Stadt, einer in Mamer und ein weiterer in Mersch.
Im Jahr 2022 hat die Polizei in Luxemburg acht Strafanzeigen in diesem Zusammenhang ausgestellt, 2021 waren es 35, 2020 insgesamt 42 und 2019 waren es 15. In der Hauptstadt, wo seit dem 15. Dezember 2023 das sogenannte Bettelverbot gilt, um laut der Politik gegen organisierte Banden vorzugehen, hat die Polizei in den vergangenen fünf Jahren zusammengerechnet zehn Fälle organisierter Bettelei festgehalten.
106 Fälle in 29 Gemeinden
Insgesamt 106 Fälle wurden in den vergangenen fünf Jahren in 29 Gemeinden festgestellt, nur sechs landeten laut Léon Gloden vor Gericht: drei davon vor dem Bezirksgericht in Diekrich und drei vor dem in Luxemburg-Stadt. Fälle, in denen Minderjährige betroffen waren, sind bei diesen Zahlen nicht eingerechnet, unterstreicht der Minister in seiner Antwort.
Zur Erklärung: Nachdem die Polizei Strafanzeige ausgestellt hat, wird diese an die Staatsanwaltschaft weitergereicht. Diese analysiert, ob eine Straftat vorliegt und entscheidet dann, ob eine Angelegenheit weiter verfolgt oder aber die Akte geschlossen wird. Im ersten Fall kann eine Verwarnung ausgesprochen oder die strafrechtliche Verfolgung aufgenommen werden.
Gloden weist in seiner Antwort noch darauf hin, dass die Kriminalpolizei 2021 und in den beiden darauffolgenden Jahren größere Ermittlungen zu unter anderem dem organisierten Betteln durchgeführt hat. Diese haben ihm zufolge die Grenzen solcher Ermittlungen aufgezeigt, „weil sie es nicht erlauben, die Hintermänner zu identifizieren – trotz zahlreicher Vorgehensweisen, die unternommen wurden, und einer an die ausländischen Justizbehörden gerichtete Anfrage für eine europäische Studie.“
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Eine europäische Studie zum Thema „Naziumtriebe seit 1933 in Luxemburg“ würde meiner Meinung nach helfen, das Bettlerthema in Luxemburg in einen historischen Kontext zu stellen. Ab 1933 haben die Politiker, die im Dezember 1944 die CSV gebildet haben, Bettler als „entartete, erbkranke, asoziale, schwachsinnige Ballastexistenzen und Volkszerstörer“ diskriminiert. Die 1933 im „Luxemburger Wort“ angepriesene hitlerische „Sozialreform“ betraf im großen Umfang Bettler. Sie landeten Ende 1933 reichsweit in psychiatrischen Anstalten und in Konzentrationslagern. Die Denkweise, dass „Asozialität“ eine Charaktereigenschaft und kein Produkt gesellschaftlicher Verhältnisse sei, wird bis heute von Populisten aufrechterhalten.
Literatur: Wolfgang AYASS und Frank NONNENMACHER.
MfG
Robert Hottua