Editorial / Papier ist geduldig: Warum die Gemeindebudgets so wichtig sind
November, Dezember und Januar sind in der Kommunalpolitik oft die interessantesten Monate – und das gilt dieses Jahr doppelt. Der Schöffenrat muss sich nämlich nach einem Wahlsieg im Juni der ersten großen Hürde stellen: dem Budget. Der Haushalt gibt die politische Marschrichtung vor und soll den Bürgern das Gefühl geben, dass die Gemeinde in guten Händen ist. Vor allem in Kommunen, in denen eine neue Partei am Ruder ist, muss der Haushalt 2024 inspirieren – immerhin haben die Bürger frischen Wind gewählt. Umso wichtiger also, dass Opposition, Bürger und Presse dem Schöffenrat während der entsprechenden Gemeinderatssitzungen genauestens auf die Finger schauen.
Natürlich kann im ersten Jahr der sechsjährigen Legislaturperiode nicht das komplette Wahlprogramm umgesetzt werden. Trotzdem muss man fragen können: Halten sich die Politiker an ihre Versprechen? Ist das nicht der Fall, muss dementsprechend nachgehakt werden. Das ist allerdings nicht immer einfach. In Luxemburg-Stadt liegt beispielsweise ein 400 Seiten langer Wälzer auf dem Tisch, in dem die finanziellen Pläne der Hauptstadt aufgelistet sind. Auch wenn die Haushaltsvorlage der meisten Gemeinden nicht so groß ausfällt, handelt es sich bei den Dokumenten definitiv nicht um leichte Kost. Bei 100 Luxemburger Kommunen alle Budgets im Detail abzudecken, ist für die Presse fast unmöglich. Umso wichtiger also, dass die Bürger auch einfachen Zugriff auf die Präsentation haben.
Eins ist aus den bisherigen Budget-Reden der Bürgermeister jedenfalls herauszuhören: Die Kommunen müssen kürzertreten. Die Krisen der vergangenen Jahre sind nämlich auch an ihnen nicht spurlos vorbeigegangen. Hinzu kommen die hohen Baukosten, die die Umsetzung von großen Infrastrukturprojekten noch zusätzlich erschweren. Auch die Personalkosten, die 2024 an den Index angepasst werden, stellen ein Problem dar. Differdingen muss kommendes Jahr beispielsweise Löhne von insgesamt 68 Millionen Euro auszahlen – also fünf Millionen mehr als dieses Jahr. Die Schöffenräte müssen also entscheiden, was wirklich wichtig ist, und können sich dabei nicht nur auf außerordentliche Großprojekte verlassen.
Kleinere Aspekte gewinnen an Wichtigkeit. Wie viel ist für den Umweltschutz eingeplant? Wie viel für Schule und Mobilität? Und wie viel Geld wollen die Gemeinden in Projekte investieren, die essenziell sind, doch keine Stimmen bringen? Beispiel: Leitungen. Die Bauarbeiten dauern lange, stören die Bewohner und am Ende ist kein Unterschied zu sehen. Trotzdem müssen die unterirdischen Netze konstant instandgesetzt werden – und das kostet.
Eines darf man bei der Vorstellung des Budgets nicht vergessen: Papier ist geduldig. Ob die niedergeschriebenen Pläne auch wirklich umgesetzt werden, bleibt abzuwarten. Aber immerhin existiert mit der Haushaltsvorlage ein Dokument, das als Referenz für 2024 dient. In einem Jahr ist es dann möglich, zu überprüfen, ob aus der Tinte auch handfeste Projekte entstanden sind.
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