„Digitale Diktatur“ / Parlament diskutiert über Petition gegen 5G in Luxemburg
„Das ist digitale Diktatur“: Die Vertreterin von „Stop5GLuxembourg“ schlug am Dienstag einen kämpferischen Ton im Parlament an. Die Bürgerinitiative und deren Petition fordern, dass das Einführen des drahtlosen 5G-Netzes gestoppt wird. Über 7.000 Luxemburger unterstützten diese Initiative – damit wurde das Quorum von 4.500 gültigen Unterschriften weit übertroffen.
Gleich drei Minister nahmen am Dienstag an der Debatte zum Thema 5G teil: Gesundheitsministerin Paulette Lenert, Umweltministerin Carole Dieschbourg und Premierminister Xavier Bettel in seiner Funktion als Minister für Kommunikation und Medien. Die Petition 1560, die fordert, dass die Einführung des drahtlosen 5G-Netzwerks gestoppt wird, erreichte innerhalb kürzester Zeit die nötigen 4.500 Unterschriften – nach dem Ablauf der Frist hatten 7.306 Luxemburger unterschrieben. Die Bürgerinitiative „Stop5GLuxembourg“ hat die Petition eingereicht, da mögliche gesundheitliche Risiken noch nicht erforscht seien.
Die Präsidentin der Bürgerinitiative, Concetta Valvason, übte von Anfang an Druck auf die Regierung – und vor allem auf Premier Xavier Bettel – aus. Valvason kritisierte, dass die luxemburgische Einführung von 5G „undemokratisch“ gewesen sei, weil die Entscheidung ohne Beteiligung der Bürger getroffen worden sei. „Die bisherige Vorgehensweise gleicht einer digitalen Diktatur“, sagte die Präsidentin. „Und zu glauben, dass das gesamte Thema in dieser kurzen Debatte abgearbeitet werden kann, ist eine Utopie.“
„Technofetischisten“
Xavier Bettel akzeptierte diese Aussage nicht und sagte, die Regierung sei von Anfang an transparent gewesen. „Wir befinden uns in einer Demokratie, sonst wären wir nicht hier“, trat der Premier den Vorwürfen entgegen. Er listete mehrere Veröffentlichungen und öffentliche Konferenzen auf, die sich 2018 und 2019 mit 5G beschäftigten. Der Premier betonte, dass seine Regierung nicht aus „Technofetischisten“ bestehe, die das neue Netzwerk um jeden Preis nach Luxemburg bringen wollen. „Wir haben nicht auf Sie gewartet“, sprach Bettel die Vertreter der Bürgerinitiative direkt an. Er sagte, die Regierung habe sich schon lange mit den möglichen Gesundheitsrisiken beschäftigt. Luxemburg sei das einzige europäische Mitgliedsland, das die potenziellen Probleme anspreche. Im Großherzogtum liegt der Grenzwert bei 3 Volt pro Meter, was weit unter den von der Europäischen Kommission empfohlenen Grenzwerten von 36 V/m und 61 V/m liegt.
Jörn Gutbier, Diplomingenieur und Mitglied von „Stop5GLuxembourg“ ist der Meinung, dass der Wert von 3 V/m noch zu hoch sei: „Wir müssen zukünftig die Vorsorgegrenze von 0,2 V/m erreichen – dann kann jede Wohnung wieder zu einer Schutzzone werden.“ Der diplomierte Ingenieur forderte zudem eine Trennung von Innen- und Außenraum-Verbindung. Zu erreichen sei dieses Ziel durch den weiteren Ausbau der Luxemburger Glasfaserverbindungen. „Der Endkunde braucht zu Hause kein 5G“, sagt Gutbier, „zehn Filme in zehn Minuten herunterladen ergibt keinen Sinn, wenn man 30 Stunden zum Anschauen braucht.“
Studienlage unklar
Der Diplomingenieur erklärte auch, dass die internationale Studienlage „besorgniserregend“ sei. Es gebe keine aktuellen unabhängigen Studien, die einschätzen könnten, was die Konsequenzen dieser Technologie seien. Die Meinung der Vereinigung „International Commission on non-ionizing radiation protection“ (ICNIRP) dominiere die Diskussionen zu 5G. Bei ICNIRP handele es sich laut Gutbier um eine Lobbyorganisation der Industrie, die behaupte, das neue drahtlose Netz sei ungefährlich. „Es geht der ICNIRP nicht um ernsthafte wissenschaftliche Aufklärung, sondern um Produktwerbung“, so der Ingenieur.
Das Luxemburger Wissenschaftsportal science.lu schreibt hingegen, dass es laut Berichten, die mehrere Studien kollektiv analysieren, „insgesamt keine wissenschaftliche Evidenz für eine Gesundheitsgefährdung für den Menschen durch 5G gibt“ (wir berichteten).
Umweltministerin Carole Dieschbourg unterschied bei der Frage der gesundheitlichen Nebenwirkungen zwischen den Strahlungen von 700 MHz beziehungsweise 3600 MHz, die in der ersten Phase eingeführt werden, und den noch höheren Frequenzen der zweiten Phase. Die Frequenzen der ersten Phase seien vergleichbar mit 4G oder 3G. Deswegen sei es für Luxemburg wichtig, die niedrigen Grenzwerte einzuhalten und darauf aufzupassen, dass der Höchstpunkt den doppelten Grenzwert nicht überschreite, sagte Dieschbourg. Da die Technologie fürs Erste auf ein Jahr beschränkt sei, werde man weiterhin auf regelmäßige Messungen achten. „Momentan, ohne 5G, messen wir 83 Prozent der Zeit einen Wert von unter einem Volt pro Meter – die Grenze liegt bei drei Volt“, erklärte die Ministerin.
Wichtiges Thema
Alle Abgeordneten schienen sich einig, dass dies ein wichtiges Thema ist. Viviane Reding erwartet vom Premier, dass nach dem Prinzip der Vorsorge gehandelt werde. „Die internationalen Werte müssen unterschritten werden“, sagte die CSV-Politikerin. Sie forderte außerdem eine Aufklärungskampagne, die den Bürgern endgültige Antworten geben soll.
Sven Clement (Piraten) verlangte, dass die offenen Fragen noch beantwortet werden. Clement kritisierte die Vorgehensweise der Regierung wegen fehlender Bürgereinbindung: „Man darf nicht einfach so von oben herab diktieren.“ Außerdem wies er darauf hin, dass 700 MHz früher zur Fernsehübertragung genutzt wurde und 3600 MHz zwischen den beiden Frequenzen für W-LAN liege.
Marc Baum („déi Lénk“) sorgte sich vor allem um die soziale Ausklammerung, die das Einführen von 5G noch einmal verstärken könnte. „Schon jetzt hat nicht jeder Zugriff auf 4G oder sogar 3G“, sagte Baum und wünschte sich eine bessere Abdeckung der alten Netze.
Ein Geschenk für Lenert
Gesundheitsministerin Paulette Lenert sagte, dass die Debatte nach dieser Sitzung nicht vorbei sei. „Wir werden auch in Zukunft alle neuen Erkenntnisse ernst nehmen und aktiv an internationalen Diskussionen teilnehmen“, versicherte die Ministerin.
Die Präsidentin der Bürgerinitiative, Concetta Valvason, sei zwar froh darüber, dass Paulette Lenert weiter über die Gefahren von 5G reden wolle, zeigte sich allerdings nicht zufrieden mit der Debatte und forderte noch einmal mehr Demokratie in der Vorgehensweise der Regierung. Die Präsidentin der Bürgerinitiative schenkte der Gesundheitsministerin am Ende der Debatte ein Buch zum Thema „elektromagnetische Hypersensibilität“. Das ist eine Gesundheitsstörung, die aus Sicht der Betroffenen Kopfschmerzen, Schlafstörungen oder Übelkeit auslöst, wenn sie mit elektrischen, magnetischen oder elektromagnetischen Feldern in Berührung kommen.
Die Abgeordneten entschieden nach der öffentlichen Debatte, die Diskussionen im Ausschuss für Medien und Kommunikation fortzusetzen. Mehrere Abgeordnete der Opposition schlugen vor, das Thema in einer Grundsatzdebatte zu diskutieren.
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Ich möchte mir gerne mal von den Leuten den Unterschied zwischen ‚Schmalband‘ und ‚Breitband‘ erklären lassen. Wäre bestimmt lustig.
Übrigens strahlt eine Taschenlampe auch scharf gebündelte elektromagnetische Strahlung. Noch viel kurzwelligere als 5G.
Hauptsache dagegen.Auch wenn keine Beweise vorliegen,aber es könnte ja sein. Ich hatte die Pointe schon einmal erwähnt wobei es sich um eine neue Funkantenne handelt die in Betrieb genommen werden sollte und auf viel Volksmeinung stieß. Etliche Bürger klagten über Beschwerden aller Art,zum Teil hatten sie ärztliche Atteste in der Tasche um gegen das „Unding“ vorzugehen. Letztlich stellte sich heraus: Das Unding war noch gar nicht in Betrieb. Upps.
Nach Ikea,Farge,Google jetzt G5. „Niemand kennt sie,niemand hat sie je gesehn und doch knien wir vor ihr nieder in Ehrfurcht.Die öffentliche Meinung.“ (Goethe)
Erënneren drun dat d’Industrie an d‘ Ekonomie nach ëmmer, dat „am Léifsten“ hat, wat en ganz einfach wëssenschaftlech, einstweilen „NET“ noweisen kann, un Grenzwäerter… Dat ass en Deel vum Geschäft. Och wann en eppes net noweisen kann, ass dat keen Beweis dät et dat net gëtt.
Im Prinzip hätte man die Unterschriften derjenigen, die WLAN zu Hause haben, nicht mitzählen dürfen, denn WLAN benutzt z.T. noch höhere Frequenzen, und der Sender steht in der Stube.