Plattform Stop TTIP & CETA / Parlament soll Zustimmung verweigern
Nachhaltigkeit, ökologische Verantwortung, Globalisierungs- und Kapitalismuskritik liegen im Trend der aktuellen Epoche von Klimawandel und wachsenden Ungleichheiten. Dies hinderte die EU und Kanada aber nicht daran, ein Freihandelsabkommen auszuarbeiten, das, so jedenfalls die Plattform Stop TTIP & CETA, all diesen Prinzipien entgegenläuft. Etwa die Hälfte der EU-Staaten haben dem Abkommen bereits zugestimmt; am Montag beginnt die parlamentarische Prozedur in Luxemburg.
Auch wenn der Generalsekretär der Regierungspartei LSAP Yves Cruchten bereits im Vorfeld angekündigt hat, die Parlamentarier seiner Partei würden das Abkommen mit der notwendigen Kritik behandeln, so hat Außenminister Jean Asselborn sich bereits auf Parteikongressen der Partei für die Freihandelsverträge starkgemacht. Ob die Grünen das Projekt mittragen, bleibt abzuwarten, von der DP ist wohl kaum großer Widerstand zu erwarten.
Am Montag jedenfalls wird das Abkommen in der zuständigen parlamentarischen Kommission behandelt werden. Am Donnerstag lud die Plattform gegen die Freihandelsabkommen ins „Oekozenter“, wo die Sprecherin des „Mouvement écologique“ (Méco) Blanche Weber die Hauptargumente gegen das Abkommen in Erinnerung rief.
Das CETA-Abkommen widerspreche auf eklatante Weise allen Prinzipien einer nachhaltigen Handelspolitik. Dass das Freihandelsabkommen mit Kanada überhaupt von den einzelnen Staaten ratifiziert werden muss und die Kommission es nicht einfach durchwinken konnte, sei, so hieß es im „Oekozenter“, dem massiven Widerstand der Zivilgesellschaft zu verdanken. In Luxemburg sprechen sich neben den Gewerkschaften OGBL, LCGB, FNCTTFEL, Syprolux, CGFP, FGFC, Aleba, „Union syndicale fédérale“ weitere mitgliederstarke Vereinigungen wie die Konsumentenschutzvereinigung ULC, die „Action solidarité Tiers Monde“ (ASTM), der „Cercle de coopération des ONG de développement“, Fairtrade, Caritas, Greenpeace, Méco, natur&ëmwelt asbl. und auch die „Jongbaueren a Jongwënzer“ und die Vereinigung für Bio-Landwirtschaft gegen das Abkommen aus.
Teilaspekte in Kraft getreten
Am 17. September 2017 traten zwar bereits einige generelle Aspekte des Abkommens in Kraft: Die für die Gegner zentralen Schiedsgerichte haben allerdings noch keine Gültigkeit; über sie wird das nationale Parlament demnächst zu entscheiden haben und in dem Kontext werden die Parlamentarier aufgefordert, gegen die endgültige Ratifizierung zu stimmen.
Besagte Schiedsgerichte bieten multinationalen Unternehmen die Möglichkeit, einen Streitfall zur Auslegung des Vertrages, der übrigens in der Luxemburger Fassung 2.300 Seiten umfasst, vorzubringen und so gegen Staaten vorzugehen. Dies, so die Befürchtungen der Plattform, könnte dazu führen, dass Staaten, die sich für das Gemeinwohl einsetzen, zu gigantischen Entschädigungen verurteilt werden könnten. Wenn etwa ein Staat, so ein am Donnerstag genanntes Beispiel, die Bestimmungen für Raucher einschränkt, so könnten große Tabakkonzerne künftige Verluste einklagen. Bei bestehenden Handelsabkommen haben solche Gerichte bereits Strafen gegen Staaten von annähernd 100 Milliarden Dollar verhängt. Die Luxemburger Abgeordneten sollten sich demnach, laut der Plattform, gut überlegen, zu welchen Konsequenzen das Akzeptieren solcher Gerichtsbarkeiten führen könnte.
Ein weiterer hervorgehobener negativer Aspekt des Abkommens sei die Unterhöhlung des in der EU gültigen Vorsorgeprinzips. Produzenten müssen nachweisen, dass ein Produkt weder umwelt- noch gesundheitsschädlich ist, ehe es auf den Markt kommt. In den USA und eben auch in Kanada sind Produkte a priori zugelassen, bis ein wissenschaftlicher Beweis für seine Schädlichkeit erbracht wird. Dieses Prinzip führte u.a. dazu, dass Asbest bis heute noch nicht vollständig in den USA verboten ist.
Milch von hier, Fleisch aus der Welt
Die in der Plattform vertretenen Landwirte befürchten übrigens, dass der Fleischexport aus Kanada, ein Land, das genetisch veränderte Futtermittel erlaubt, massiv zunehmen könne. Der Import von billigem Fleisch aus Kanada und der Export von europäischer Milch nach Nordamerika sei wirtschaftlich zwar gewinnbringend, riskiere aber, die Vielfalt der europäischen Landwirtschaft mit ihrer landschaftserhaltenden Funktion zu zerstören. Biodiversität und Tierwohl würden durch den Vertrag bedroht.
Eine zunehmende Privatisierung von öffentlichen Dienstleistungen mit allen bekannten Kollateralschäden, die Aushöhlung von sozialen Arbeitnehmerrechten und ganz allgemein von sozialen Standards sowie die Gefährdung des aktiven Klimaschutzes sind weitere Gefahren, die von der Plattform durch die Ratifizierung des Vertrages gesehen werden. Es gehe, so Blanche Weber schlussfolgernd, darum, das ungestörte Profitmachen großer internationaler Konzerne zulasten von Gesundheit, Umwelt und Sozialem zu verhindern. Oder wie manche behaupten, die den Druck Deutschlands für das Abkommen anführen: Europäische Standards sollen durch CETA für den Verkauf deutscher Autos geopfert werden …
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