„Taxi-Ambulanzen“ / Patientenvertretung verlangt Qualität und klare Regeln
Trotz Reform bleibt das Taxi-Geschäft ein recht undurchsichtiges: Neben den als solche gekennzeichneten Taxis tummeln sich unter anderem sogenannte Mietwagen mit Fahrer und „Taxis ambulances“ auf dem umkämpften Markt. Wer eine Zulassung der Gesundheitskasse erhält, kann etwa Patienten zur Rehabilitation fahren oder Strecken von Seniorenheimen in Krankenhäuser übernehmen. Das System weist zahlreiche Unzulänglichkeiten auf …
Einzige Voraussetzung, um in den Genuss einer solchen Zulassung zu kommen, ist die Fahrtauglichkeit des Fahrzeuges: Keinerlei spezielle Ausrüstung wird von der CNS verlangt und auch beim Fahrer sind keine medizinischen Kenntnisse vorausgesetzt. Dies führt dann schon mal dazu, dass während eines solchen Transportes eine richtige Ambulanz angefordert werden muss, wenn es dem transportierten Patienten unterwegs etwa schlecht wird. Die Fahrtkosten werden nach Gutdünken berechnet, Fantasiepauschalen sind gang und gäbe, oft wird etwa die Reinigung des Fahrzeuges berechnet, ohne dass diese durchgeführt wird. Auch Gemeinschaftsfahrten sollen wiederholt durchgeführt werden, wobei jedem Patienten dann der volle Tarif verrechnet wird.
Seit nunmehr 15 Jahren beschäftigt sich die „Patiente Vertriedung“ mit diesem Thema. Weder der Staat noch die Krankenkasse hat bislang jedoch eine Regelung beschlossen, die dieser Problematik auch nur annähernd gerecht wird. Zwar besteht seit zwei Jahren eine interministerielle Arbeitsgruppe, die unter der Leitung des Gesundheitsministeriums an einem Gesetzesprojekt arbeitet, zurzeit liegt aber nicht einmal ein Vorprojekt auf dem Tisch. Als Ausrede für die Verzögerung muss Corona herhalten. Die Patientenvertretung befürchtet weitere Verzögerungen, da in besagter Gruppe keine Profis der Taxi-Branche vertreten sind und ein eventuell irgendwann vorgelegter Text die Realitäten des Geschäftes nicht berücksichtigen werde.
160 Euro für nicht einmal drei Kilometer
Ungeregelt bietet der Markt der improvisierten Ambulanzen, die keine sind, jenen Mutigen (bis Skrupellosen), die ohne Vorkenntnisse Kranke durchs Land kutschieren, teilweise traumhafte Gewinnspannen. So liegen der Vertretung der Patienten zahlreiche Rechnungen solcher Unternehmer vor, die astronomische Summen aufzeigen. Für eine Fahrt etwa vom Escher CHEM in die (Escher) rue Charly Gaul wurden am 6. Juni 160,44 Euro berechnet. Die CNS erstattet gerade mal einen Basistarif von 6,4 Euro plus 1,6 Euro pro gefahrenem Kilometer zurück, auf dem Rest bleibt der Kunde dann trotz Attest eines Arztes sitzen.
Dies führte in mehreren Fällen dazu, dass sozial benachteiligte Patienten auf entsprechende Behandlungen verzichten mussten, da sie die Tarife der Ambulanzfahrten nicht stemmen konnten.
Auch monierte die Vereinigung gestern während einer Pressekonferenz zum Thema, dass die CNS, trotz mündlicher Zusage im Vorfeld, eine Fahrt zu einem Impfzentrum nicht vergütete, was dazu führte, dass eine ältere Frau, die liegend transportiert werden muss, notgedrungen auf eine weitere Covid-Impfung verzichten musste.
Die Interessenvertretung forderte gestern u.a. eine Anpassung der CNS-Tarife (die zurzeit unter jenen der günstigsten normalen Taxi-Unternehmen liegen), dass die Beschränkung der rückerstatteten Fahrten, etwa in ein Herzzentrum oder ein geriatrisches Rehabilitationszentrum (die aktuell bei einem Maximum von 20 Wegen liegt), aufgehoben wird und Mindeststandards für die Transporte festgelegt werden.
CNS-Mindestnormen oder ein Gesetzestext
Dies müsse nicht einmal per Gesetz geschehen, unterstreicht René Pizzaferri, der Präsident der Patientenvertretung: Die CNS könne problemlos von den zugelassenen Firmen im Rahmen von Verträgen solche Mindestnormen verlangen.
Die Qualität und Sicherheit während des Transportes sollten festgeschrieben werden und eine gewisse medizinische Ausbildung und Weiterbildung sowie klare Regeln für die Berechnung der Fahrten gehören ebenso zu den Forderungen der Vereinigung wie die Schaffung einer Kontroll- und Schiedsinstanz.
Wie notwendig eine Regelung in dem Bereich ist, verdeutlicht die Antwort eines Beamten des Innenministeriums, den eine Mitarbeiterin der „Patiente Vertriedung“ mit einem besonders drastischen Beispiel von Abzocke konfrontierte. Dieser riet zur Nutzung eines „normalen Taxis“. Nachteile hätte der Patient dadurch offensichtlich in der Tat keine gehabt und trotz der teilweisen Rückerstattung der Kosten wäre die Fahrt immer noch günstiger für ihn gewesen …
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In Deutschland ist das System wesentlich besser: Wenn die Krankenkasse entschieden hat, dass der Patient für Fahrten zum Arzt oder ins Krankenhaus ein Taxi benötigt, stellt der Arzt einen sogenannten „Taxi-Schein“ aus und das Taxi-Unternehmen rechnet direkt mit der Kasse ab. Der Kunde hat lediglich eine Zuzahlung von 10 Euro an das Taxiunternehmen zu leisten