Rentendebatte / Patronat bringt sich informell in Stellung: UEL hat klare Vorstellungen für künftige Reform
Die UEL hat Pressevertreter am Donnerstagmorgen auf ein „informelles Treffen“ geladen. Anlass waren die anstehenden Diskussionen rund um eine mögliche Rentenreform. Ein neues Moment boten die Arbeitgebervertreter nicht – und überraschten doch mit einigen Vorschlägen.
Ein informelles Treffen mit der Presse und ein Walking Lunch im Anschluss: So hat die „Union des entreprises luxembourgeoises“ (UEL) Pressevertreter für eine Zusammenkunft in die Räumlichkeiten der „Chambre de Commerce“ geladen. Durch das Setting in einem riesigen Konferenzsaal inklusive PowerPoint-Präsentation aber kam trotz inoffiziellem Charakter schnell Pressekonferenz-Feeling auf. „Jidderee probéiert säi Beefsteak ze verteidegen“, meinte UEL-Präsident Michel Reckinger im Verlaufe des Treffens. So seien aus seiner Sicht die Aussagen von u.a. der ACEL und Gewerkschaftsseite einzuordnen. Das sei letztendlich auch jedem freigestellt, zu tun – was jedoch aus Sicht des UEL-Präsidenten zu keinem Resultat in dieser offenen Diskussion führen könne. Und so waren auch die Vorschläge von Arbeitgeberseite als erste Positionierung im Rahmen der Rentenreform zu verstehen, wenngleich einige Aussagen der UEL-Vertreter doch eher unerwartet kamen.
„Ein solches Treffen bietet deutlich mehr Zeit, um verschiedene Aussagen zu kontextualisieren, was bei einem kleinen Zehn-Minuten Gespräch vielleicht nicht der Fall ist“, sagt Reckinger mit Verweis auf ein von ihm gegebenes Interview bei RTL Anfang der Woche. Reckinger hatte in einem Interview angedeutet, dass nur tatsächlich geleistete Arbeitszeit als solche angerechnet und aus der Rentenkasse finanziert werden dürfe. Studien- oder Babyjahre könnten dann beispielsweise aus dem Familienministerium gezahlt werden.
Forderungskatalog
UEL-Direktor Marc Wagener stellte den anwesenden Journalisten einen Abriss der Projektionen der „Inspection générale de la sécurité sociale“ (IGSS) vor. „Bereits die vorherige Regierung hat gemerkt, dass es ein Problem gibt“, sagt Wagener. Im Anschluss habe diese es sich jedoch vergleichsweise leicht gemacht, indem der Wirtschafts- und Sozialrat im Anschluss an die Veröffentlichung der IGSS-Projektionen im Jahr 2022 mit einem Gutachten beauftragt worden sei. Dieser hat sich bekanntlich nicht auf einen Text einigen können. Stattdessen wurden zwei Gutachten publiziert: eines aus der Perspektive der Arbeitgeber und eines unter Berücksichtigung der Standpunkte der Arbeitnehmervertreter.
Jidderee probéiert, säi Beefsteak ze verteidegenUEL-Präsident
Wenig überraschend wehrt sich die UEL dann auch gegen eine Erhöhung der Beitragszahlungen in die Rentenkasse. Das sei nicht nur eine Frage der Wettbewerbsfähigkeit durch eine Erhöhung der Lohnnebenkosten, sondern auch eine Frage des Kaufkraftverlustes, den viele Arbeitnehmer infolgedessen hinnehmen müssten.
Demnach diagnostiziert die UEL dem aktuellen Rentensystem eher ein Ausgaben- als ein Einnahmenproblem. Nur mit 150.000 Arbeitnehmern mehr im Jahr 2040 und einer Erhöhung der Beitragszahlungen auf insgesamt 29 Prozent kann das aktuelle System finanziert werden, so die Analyse der UEL. Dafür aber brauche es nicht nur ein stetiges Wirtschaftswachstum, sondern auch die entsprechende Infrastruktur. Und das sei noch eins der positiven Szenarien der IGSS. Sollte das prognostizierte Wirtschaftswachstum nicht eintreten, würde Luxemburg viel früher in eine erneute Rentendiskussion verwickelt werden.
Rentenniveau und -alter
Die Lösung laut UEL: Menschen wie gesetzlich bereits möglich länger in der Arbeit halten, und die höchsten Renten deckeln. Die Maximalrente in Luxemburg sei weit höher als in den Nachbarländern – zudem könnten sich Wohlhabende ja mit privaten Rentenversicherungen nachversorgen. Dann würden die Bessergestellten in unserer Gesellschaft weit mehr zahlen, als sie eigentlich aus dem System herausziehen würden. Die Schere zwischen den kleinen und großen Renten würde so gebremst werden. „Das ist eine vielleicht ungewöhnliche Position von Patronatsseite“, meint Reckinger. „Eine andere Lösung sehen wir derzeit jedoch nicht.“
Auch deshalb, weil die Idee, Arbeitnehmer länger in der Arbeit zu halten, bisher in Luxemburg nicht gefruchtet habe. „Das Rentenniveau ist so hoch, dass es den Leuten nichts ausmacht, mit 60 in Rente zu gehen“, meint Reckinger. Auch bekräftigt der UEL-Präsident noch einmal seinen Vorschlag, die Studentenjahre bei der Berechnung des Renteneintrittalters nicht gelten zu lassen. „Wenn jemand mit 17 Jahren im Bauwesen anfängt, soll der nach 40 Arbeitsjahren in Rente gehen“, meint Reckinger. Gerade Personen mit Studienabschluss würden jedoch meist keine so körperlich anstrengenden Arbeiten verrichten, als dass diese mit 60 in Rente gehen müssten. „Jeder, der heute nicht studieren geht, wird in dem Sinne benachteiligt.“
Die Rentenreserve zu nutzen, halten die Patronatsvertreter für keine gute Idee. „Die Rentenreserve war angedacht, um unvorhergesehene Einbrüche zu finanzieren“, so die UEL-Vertreter. „Und nicht, um strukturelle Defizite zu finanzieren.“ Am 8. Oktober werden die UEL-Vertreter ihre Position auch noch einmal der Ministerin für soziale Sicherheit, Martine Deprez, unterbreiten, wenn sie im Rahmen der offiziellen Konsultationen der ministeriellen Einladung folgen. Dieses Mal dann ganz offiziell.
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