Weltraum / Per Satelliten wird die Corona-Pandemie aus dem All beobachtet
Mithilfe von Satelliten können Forscher die Folgen der Corona-Pandemie aus dem Orbit verfolgen. Die europäische Weltraumagentur ESA hat sich mit der amerikanischen NASA und der japanischen JAXA zusammengetan und ein Internetportal (eodashboard.org) eingerichtet, auf dem sie ihre Beobachtungen mit der Weltbevölkerung teilen. Dabei greifen die Forscher zum Teil auf clevere Tricks zurück, um das Geschehen auf der Erde zu analysieren. Das Virus lässt sich schließlich aus dem Weltall nicht direkt beobachten.
So haben die Forscher mittels Satelliten Häfen und Städte in der ganzen Welt nachts fotografiert. Dann mussten sie natürliche Lichtquellen wie den Mond herausrechnen. Das Ergebnis sind Aufnahmen, auf denen zu sehen ist, wie stark die Häfen nachts beleuchtet wurden. Diese Aufnahmen lassen sich nun nebeneinanderlegen und vergleichen. Beispiel Dünkirchen. Der Hafen von Dünkirchen ist der drittgrößte Seehafen in Nordfrankreich. „Anfang März begann der Hafen auf Anweisung der französischen Regierung, die Aktivitäten als Reaktion auf das neuartige Coronavirus zu begrenzen“, heißt es von den drei Weltraumagenturen. Das zeigt sich auch auf den Bildern. Ganze Bereiche des Hafens sind auf einmal in Dunkelheit getaucht.
Ein weiterer Indikator sind die Autos auf Parkplätzen von zum Beispiel Flughäfen. Auf diese Art und Weise haben die Weltraumagenturen den Flughafen der amerikanischen Metropole Los Angeles untersucht. Dabei kam auch eine KI zum Einsatz, die auf den Fotos die Autos identifiziert und gezählt hat. Mit dem Ergebnis: „Satellitenbilder von drei internationalen Raumfahrtagenturen haben den Rückgang des Verkehrsaufkommens am Los Angeles International Airport (LAX) seit Beginn der Covid-19-Verlangsamung quantifiziert, wobei insbesondere die geringere Anzahl von Autos auf dem gebührenpflichtigen Parkplatz und die Konsistenz dieser Zahlen über den Tag hinweg festgestellt wurde.“ Die Parkplätze der Autovermietungen blieben hingegen voll, was darauf hinweist, dass weniger Reisende ein Auto gemietet haben.
Ein weiteres Untersuchungsobjekt der Weltraumagenturen war der Hafen von Nagoya. Gemessen an der umgeschlagenen Ware ist Nagoya der größte Frachthafen Japans. 2018 flossen 197 Millionen Tonnen Ware durch den Hafen. Daneben ist Nagoya der bevorzugte Hafen der japanischen Autobauer, um ihre Autos ins Ausland zu verschicken. Laut den Weltraumagenturen werden von hier aus jährlich 1,4 Millionen Autos auf die Reise geschickt. Mit ihren Satelliten haben die Weltraumagenturen zwischen November 2019 und Juni 2020 die Auto-Container beobachtet. Dafür nutzten sie den japanischen ALOS-2- und den europäischen Sentinel-1-Satelliten. Sie kamen zum Schluss, dass die Dichte der Auto-Container um den März herum stark gesunken ist. Die Leitung des Hafens konnte bestätigen, dass die Autoexporte ab März zurückgegangen sind. Allerdings: Die Satellitenbilder legen nahe, dass die Autoexporte im August ihren Tiefpunkt erreicht haben und seitdem wieder ansteigen.
Ein weiteres Beispiel ist ausgerechnet Spargel. Aus dem Weltall ließ sich die Spargelernte in Brandenburg beobachten. So konnte gemessen werden, dass im letzten Jahr im Vergleich zum vorletzten Jahr ungefähr 30 Prozent weniger Fläche geerntet worden ist. Das entspricht einem wirtschaftlichen Schaden von etwa 90 Millionen Euro alleine in Brandenburg. Im Gespräch mit dem Tageblatt hatte der jetzige ESA-Direktor Josef Aschbacher im letzten Oktober erklärt, dies sei zum einen dadurch bedingt, dass die Arbeiter aus Osteuropa nicht einreisen konnten, zum anderen, dass die Restaurants weniger Spargel gekauft haben. „Wir haben ähnliches beim Weizen in Spanien beobachtet. Dort wurde die Ernte aufgrund der Lockdowns um zwei Wochen verschoben. Sie war aber ungefähr die gleiche wie im Jahr davor“, so Aschbacher.
Natürlich sorgten die Pandemie und die damit verbundenen Maßnahmen für einen starken Rückgang des Verkehrs und der industriellen Aktivität. Dadurch kam es vielerorts zu einem massiven Rückgang von Stickstoffdioxid (NO2) in der Luft. Mit Satelliten konnte dieser genau bestimmt werden – zum Beispiel in Städten wie Madrid, Mailand, Rom und Paris. Aber auch in nordamerikanischen Städten „von Washington DC bis Boston“ lagen die NO2-Werte im März 2020 rund 30 Prozent unter dem Durchschnitt. Mit dem Tropomi-Instrument an Bord des Satelliten Sentinel-5P wurde auch Indien unter die Lupe genommen. Dort war die Luft vielerorts – z.B. in Neu-Delhi und Mumbai – ebenfalls weniger NO2-belastet als vor der Pandemie. Teilweise sank die NO2-Belastung um 40-50% unter den Vorjahreswert. Allerdings: „Der Nordosten Indiens zeigte nahezu konstante Werte der NO2-Mengen aufgrund des laufenden Betriebs von Kohlekraftwerken, die die Stromerzeugung während des Lockdowns nicht wesentlich reduzierten“, so die Weltraumagenturen.
Insgesamt haben ESA, JAXA und NASA 147 solcher Beobachtungen aus der ganzen Welt zusammengetragen und veröffentlicht. Die Seite wird regelmäßig aktualisiert.
Von dort oben betrachtet sieht alles anders aus inklusive diese Pandemie und deren Auswirkungen.