Mobbing im CHEM / Personalvertretung meldet sich zum Fall in der Escher „Maternité“ zu Wort
Eine Mischung aus gezieltem Mobbing und allgemeinem Missmanagement sei für einige Mitarbeiter einer Abteilung in der „Maternité“ des „Centre hospitalier Emile Mayrisch“ nicht mehr zu ertragen gewesen. Als sie ihre Sorgen an die Personalvertretung des Krankenhauses herangetragen haben, fühlten sie sich nicht ernst genommen. Das sagten zwei Hebammen, die inzwischen nicht mehr im CHEM arbeiten, RTL gegenüber. Den Vorwurf, nichts unternommen zu haben, lässt die Personalvertretung allenfalls nicht gelten.
Chantal Gantrel ist die Präsidentin der Personalvertretung des CHEM. Sie zeigt sich enttäuscht darüber, dass bisher sehr einseitig über die Problematik im Escher Krankenhaus berichtet worden sei. „Es wurde geschrieben, dass wir nichts unternommen hätten, uns hat aber niemand gefragt“, sagt sie.
In einem Interview mit RTL hatten zwei Hebammen davon gesprochen, dass eine Chefin ihre Mitarbeiter gezielt schikaniert haben soll. Sie sprachen von aktivem Mobbing und davon, dass verschiedene Mitarbeiter in den Burnout getrieben worden seien. Eines der Druckmittel sei dabei unter anderem der Schichtplan gewesen. Die Chefin soll damit gedroht haben, die Pläne so zu machen, dass sie denjenigen, die sich beschwert hatten, nicht passten. Auf Nachfrage des Tageblatt wollten sich die Hebammen nicht mehr zu der Situation äußern und es erst mal dabei belassen.
Dass ein Teil des Teams mit seinen Sorgen an die Personalvertretung herangetreten war, bestätigt Chantal Gantrel. Das war Anfang 2019. „Wir haben zugehört und den Betroffenen anschließend, wie in solchen Fällen üblich, verschiedene mögliche Vorgehensweisen aufgezeigt.“
Keine Rede von Mobbing
Von Mobbing sei damals allerdings keine Rede gewesen. Bei der Personalvertretung wurde über ein Unwohlsein geredet und dass die Mitarbeiter das Gefühl hatten, ihre Wünsche würden bei der Planung der Schichten nicht berücksichtigt sowie dass manche Mitarbeiter bevorzugt würden. „Für Mobbingfälle haben wir eigens eine Kommission, die sich ausschließlich darum kümmert“, sagt Gantrel. „Wir haben die Betroffenen darüber informiert, dass wenn sie sich gemobbt fühlen, das Ganze ein anderes Thema wäre und ihnen dazu geraten, sich in diesem Fall an die Kommission zu wenden. Diese behandelt solche Probleme mit allerstrengster Vertraulichkeit, um die Betroffenen zu schützen. Sie haben sich nie an diese Kommission gewandt.“
Wo viele Menschen sind, gibt es auch viele verschiedene Sichtweisen und GefühlePräsidentin der Personalvertretung des CHEM
Im ersten Gespräch äußerten die Betroffenen den Wunsch, dass sich die Personalvertretung mit der Direktion in Verbindung setzen soll. Auf die Unzufriedenheit hingewiesen, schlug Pflegedirektor Serge Haag vor, eine Versammlung zu organisieren. Dabei sollte das gesamte Team, dessen Verantwortlichen, insbesondere die kritisierte Chefin, und ein Teil der Personalvertretung teilnehmen. „Es gab einen Sprecher, der die Probleme darlegte und die Situation erklärte“, sagt Chantal Gantrel. Danach hätten noch andere Personen das Wort ergriffen, die von ihren Erfahrungen in der Abteilung erzählten und die Situation zum Teil ganz anders erlebt hätten. „Das ist einfach so – wo viele Menschen sind, gibt es auch viele verschiedene Sichtweisen und Gefühle.“
In dieser Versammlung wurde beschlossen, Einzelgespräche zwischen den Arbeitnehmern aus dem Team und der Chefin zu organisieren. Eine Mammutaufgabe, in die viel Zeit investiert wurde. Um die 40 Personen kamen zu den Einzelgesprächen, die auf Wunsch von einem Mitglied der Personalvertretung begleitet wurden. „Manche saßen zwei bis drei Stunden mit der Chefin zusammen“, sagt die Präsidentin der Vertretung. Der ganze Prozess habe sich über Monate hinweggezogen.
Kommunikationsproblem
Die beiden Hebammen, die inzwischen nicht mehr im CHEM arbeiten und an die Presse getreten sind, haben an diesen Einzelgesprächen nicht mehr teilgenommen. Eine von ihnen fühlte sich ihren Aussagen im RTL-Interview zufolge bei dieser ersten Vollversammlung nicht ernst genommen. Als sie die Angst äußerte, nach einem Einzelgespräch mit der Chefin Konsequenzen erleben zu müssen, lautete die Antwort des Pflegedirektors offenbar, Betroffene und Chefin hätten ein Kommunikationsproblem. Da habe es ihr gereicht und die Hebamme beschloss, nicht mehr weiter im CHEM zu arbeiten.
Dass die beiden Hebammen kündigen wollten, hatten sie auch der Personalvertretung gesagt. „Wir müssen respektieren, wenn ein Mitarbeiter diesen Schritt machen will. Wir versuchen Lösungen auszuarbeiten. Dabei kann es aber sein, dass diese nicht jedem Gefallen oder nicht zu jedermanns Bedürfnissen passen“, sagt Gantrel. Es sei schlicht unmöglich, eine Lösung zu finden, mit der jeder zufrieden ist.
Die Reaktionen derjenigen, die an den Einzelgesprächen teilgenommen haben, waren sehr unterschiedlich. Einige waren zufrieden mit den daraus resultierenden Vorschlägen, anderen hatte es eigentlich ganz gut gepasst, wie es davor war. Die beschuldigte Chefin soll individuelle Fragen gestellt haben, um herauszufinden, was sie in Zukunft ändern müsse. Auch Unklarheiten in Bezug auf das Arbeitsrecht wurden aus dem Weg geräumt. Roger Zwally, der als Personalvertreter bei vielen Gesprächen mit dabei war, empfand den Austausch in gewisser Weise als positiv. „Es ging viel darum, herauszufinden, was wir besser machen können, um als ,Maternité’ im Süden besser dazustehen und die Zufriedenheit der Mitarbeiter wiederzuerlangen“, sagt er. Denn damit hinge am Ende das Wichtigste – nämlich die Zufriedenheit der Patienten – zusammen.
Ruhe eingekehrt
Nach den Gesprächen sei allerdings Ruhe im Team eingekehrt, sagt Chantal Gantrel. Wenn danach Probleme aufgetreten seien, habe die Chefin die Personalvertretung umgehend kontaktiert und es wurde ein Dialog initiiert, um Lösungen zu finden. Eben um eine Situation wie Anfang 2019 zu vermeiden.
Die Empfindungen der beiden Hebammen, die schlussendlich gekündigt haben und jetzt an die Öffentlichkeit getreten sind, will die Personalvertretung überhaupt nicht infrage stellen. „Es gab ein Problem und es bestand ein Bedarf nach Hilfe. Wir haben unser Bestes gegeben, dem gerecht zu werden.“
Die Vertretung wisse selbst, dass es in einem Drei-Schichten-System sehr schwer sei. „Wir sind oft unterbesetzt“, sagt sie. Das liege daran, dass das Krankenhaus von vielen äußeren Vorgaben von der Gesundheitskasse (CNS) oder dem „Plan hospitalier“ abhängig sei. Kommen zum Beispiel nicht mehr als 1.500 Kinder pro Jahr in einer „Maternité“ zur Welt, darf das Krankenhaus laut CNS nicht mehr Personal einstellen. Ein Problem, das die kleine Geburtsstation im Süden, die nie über 1.500 Geburten im Jahr erreicht, besonders zu spüren bekommt. Dazu kommt, dass die CNS anhand einer komplexen Berechnung des Geburtendurchschnitts der letzten drei Jahre vorgibt, wie viel Personal eine „Maternité“ braucht. Das führt dazu, dass die Anzahl an Personal nie dem aktuellen Arbeitspensum entspricht. Dadurch hinken die Mitarbeiter der Arbeit permanent nach. Eine Gegebenheit, die die Personalvertretung ganz klar kritisiert.
„Durch solche Regelungen treffen viele Faktoren aufeinander“, sagt Chantal Gantrel. Mehr Geburten, Krankschreibungen, Personal, das auf einen Einsatz im Krankenwagen muss – dabei käme es schon mal zu Unsicherheiten beim Arbeitnehmer, der sich plötzlich alleine mit zahlreichen Aufgaben wiederfindet. Der Vorschlag von Serge Haag, einen Bereitschaftsdienst einzuführen, um die Situation zu verbessern, habe bei manchen Mitarbeitern bereits Panik ausgelöst. „Viele haben schon bei uns angerufen, weil sie befürchten, dass das umgesetzt wird.“ Ein Drei-Schichten-System mit einem Bereitschaftsdienst zu kombinieren, sei wirklich viel verlangt.
Ob die Mobbingvorwürfe in der „Maternité“ ebenfalls einer externen Prüfung unterzogen werden sollen, wie das aktuell in einer anderen Abteilung des CHEM passiert, steht noch nicht fest. Dort hatten 20 Mitarbeiter ebenfalls einer Chefin Mobbing vorgeworfen. Zwei Prüfungen gleichzeitig durchzuführen, sei schlicht nicht möglich, so Chantal Gantrel.
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