Fünfte Jahreszeit / Petingen ist eine Hochburg des Luxemburger Karnevals
Am Samstag fand im Petinger Home St. Hubert der große „Fuesbal“ für Kinder statt, mit der Wahl des Kinderprinzenpaars. Am selben Tag wurde das Prinzenpaar dem Fußvolk offiziell vorgestellt. Im Zusammenhang mit der „verrückten Jahreszeit“ sprachen wir mit Serge Breyer, dem Ministerpräsidenten der närrischen Regierung des KaGePe („Karneval Gemeng Péiteng“).
Der KaGePe ist einer der bekanntesten Karnevalsvereine des Landes. Was zeichnet ihn aus?
Das würde ich so nicht behaupten. Ich würde eher sagen, dass der Petinger Karneval einen hohen Stellenwert, bzw. Bekanntheitsgrad in Luxemburg besitzt. „De Péitenger Wand, dee bléist“ oder „de Péitenger Wandjang“ ist vielen Menschen in Luxemburg ein Begriff – und das hat Gott sei Dank nichts mit dem schrecklichen Tornado zu tun, der uns letzten Sommer viel Leid brachte – Die „Péitenger Fuesent“ zeichnet sich unter anderem durch ihre vielen Karnevalsvereine aus. Wir haben zum Beispiel eine Vereinigung der früheren Prinzen und Prinzessinnen, eine Luxemburger Abteilung der FECC („Federation of European Carnival Cities“) oder eine sehr dynamische Damenvereinigung mit dem lustigen Namen „Zackeg Hénger“.
Welchen Stellenwert hat der Karneval hierzulande?
Seit jeher haben die Menschen das Bedürfnis, sich zu verkleiden oder in eine andere Rolle zu schlüpfen. Der Karneval schafft dafür beste Möglichkeiten.
Was ist in diesem Jahr geplant, was gibt es Neues?
Der KaGePe organisiert nicht nur die internationale Kavalkade, sondern auch die mittlerweile berüchtigten „Kappensitzungen“. Sie sind inzwischen alle ausverkauft. Außerdem stehen die traditionelle Vorstellung des Prinzenpaars, die Wahl der Kinderprinzen und die Erstürmung des Rathauses auf dem Programm. Letztere findet in enger Zusammenarbeit mit der Vereinigung der früheren Prinzen und Prinzessinnen statt. Seit ein paar Jahren haben wir auch ein Babyprinzenpaar. Ich glaube, das gibt es weltweit nirgendwo anders. Am Wochenende der Kavalkade findet im großen beheizten Festzelt im Zentrum Petingens bereits am Freitagnachmittag (20. März) ein Kinderball statt. Abends wird der „Fuesbal“ organisiert. Am Samstagabend (21. März) steht ein Konzert mit der Kultband „Dompiraten“ auf der Agenda und am Sonntag, 22. März startet um 14.11 Uhr die 65. Jubiläumskavalkade, gefolgt von einer Abschlussparty im Festzelt. Dort werden verschiedene Tanzgruppen (u.a. eine 40-köpfige Truppe der Kölner Rheinflotte), Käpt’n Ända & Matrous K1000 und Lisa Mariotto für gute Stimmung sorgen. Am 22. März wird zudem kein Eintritt verlangt, weder für den Umzug noch für die Abschlussparty. Schließlich haben wir auch dieses Jahr wieder ein Maskottchen: einen Bären namens „Teddy“. Er wird uns auf jeder Veranstaltung begleiten. Man kann ihn auch in Form eines Schlüsselanhängers erwerben. Diese Anhänger sind über die Jahre begehrte Sammelobjekte geworden.
Wie viele Mitglieder hat eigentlich der KaGePe?
Wir verkaufen Mitgliedskarten wie jeder übliche Verein auch. Sprechen wir aber von den Verantwortlichen des KaGePe, sind wir zu 19, aufgeteilt in eine „Chamber“ und eine „Regierung“ mit Ministerpräsident, Finanzminister, Kulturminister usw. Wir haben sogar einen „Senator“. Dieser ist eine Art „Monarch“. Man sieht, wir nehmen uns sehr, sehr ernst.
Was sind die Hauptdaten der Geschichte des Vereins?
Der Verein KaGePe ist verhältnismäßig jung. Er wurde erst im Jahre 2008 aus der Taufe gehoben, vor allem um die Kontinuität des Petinger Karnevalsumzugs zu sichern. Die Geschichte der Petinger Fastnacht ist dagegen sehr viel älter. Nachweislich wurde schon im Jahre 1882 ein großer Karnevalsball in Petingen organisiert. Erste Umzüge fanden in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts statt, bis der Zweite Weltkrieg dem ein jähes Ende bereitete. Seit 1955 findet aber wieder kontinuierlich ein großer Umzug in den Straßen Petingens statt. Für die Organisation war jahrzehntelang das „Syndicat d’initiative“ zuständig, ehe dann die Vereinigung „Péitenger Wand“ diese Aufgabe übernahm – und seit 2008 der KaGePe.
Der Karneval hat viele Gesichter
Maskenbälle und Umzüge
Seit dem 11. November um 11.11 Uhr sind die „Jecken“ los, auch hierzulande. Bis Anfang Februar blieb es bei uns noch ziemlich ruhig. Von Lichtmesstag bis Aschermittwoch, Anfang März, geht dann aber auch im Großherzogtum die Luzi ab.
Warum wird überhaupt Karneval gefeiert? Warum beginnt die verrückte Zeit am 11.11.? Der Karneval ist schon alt. Bereits die alten Germanen trugen Masken und Tierfelle. Sie trieben Mummenschanz, um die bösen Geister zu vertreiben und den Frühling herbeizurufen. Der eigentliche Ursprung der Fastnacht ist aber ein christliches Fest: Vor dem Beginn der 40-tägigen Fastenzeit am Aschermittwoch sollte noch mal tüchtig gefeiert werden. Seit dem 13. Jahrhundert liegt der Höhepunkt des bunten Treibens in der Zeitspanne zwischen Weiberfastnacht und Faschingsdienstag (oder Veilchendienstag).
Neben den Umzügen und Tanzveranstaltungen werden dann besonders im deutschsprachigen Raum viele sogenannte Büttenreden organisiert. Diese Tradition stammt aus dem 19. Jahrhundert, als die französischen Besatzer den Menschen westlich des Rheins politische Aktionen untersagten. Deshalb trafen sich die Rheinländer zu heimlichen Versammlungen, wo sie sich kritisch und humorvoll über die politische Lage äußerten.
Jenseits der zehn Gebote
Der Start am 11. November indes kommt aus dem 19. Jahrhundert. Damals wurde jeder als Narr bezeichnet, der Gottes zehn Gebote übertrat. Da bot sich der 11.11. geradezu als Stichdatum für die „närrische“ Zeit an.
Hierzulande sind vor allem die Fastnachtsumzüge beliebt. Die bekanntesten finden in Diekirch, Schifflingen, Esch/Alzette, Remich und Petingen statt. Es steht auch ein Karnevalsumzug für Kinder in Kayl auf dem Programm. Größere Narrentreffen finden derweil in Echternach, Vianden und Wormeldingen statt. Quer durch Luxemburg werden zudem Tanzveranstaltungen für Groß und Klein organisiert.
Auch kulinarisch hat die fünfte Jahreszeit etwas zu bieten. „Verwurrelter“ (mit Puderzucker bestäubte Teigknoten), „Nonnefäschte“ (mit Puderzucker bestäubte Krapfen), „Täertelcher“ (Krapfen), „Maisercher“ (Krapfen in Form einer Maus) oder „Stretzegebäck“ (Spritzgebäck) werden in quasi allen Bäckereien angeboten.
Am Ende der Karnevalszeit wird traditionell das „Stréimännchen“ verbrannt: Die bekannteste „Hinrichtung“ findet am Aschermittwoch in Remich statt. Aber im Gegensatz zu den deutschen Nachbarn werden auch nach diesem Datum hierzulande noch Maskenbälle und Umzüge veranstaltet. So findet unter anderem der Umzug des KaGePe nach dem Aschermittwoch statt. Der Karneval verlängert sich so im Regelfall im Großherzogtum bis zum 4. Fastensonntag („Halleffaaschten“) oder „Bretzelsonndeg“ (Brezelsonntag).
Kleine närrische Weltreise
Nicht nur in Luxemburg wird groß Karneval gefeiert. In Deutschland erreicht das Narrenfest am Rosenmontag in den Karnevalshochburgen Köln, Düsseldorf und Mainz mit den Festumzügen seinen Höhepunkt, am Faschingsdienstag toben sich die Jecken noch mal aus, bevor am Aschermittwoch „alles vorbei ist“.
In Rio de Janeiro (Brasilien) fiebert die ganze Bevölkerung der Karnevalsparade entgegen. 1932 organisierte eine Sambaschule den ersten Umzug. Seither schießen in Brasilien die Sambaschulen wie Pilze aus dem Boden. Einige davon sind mit bis zu 5.000 Teilnehmern an der Parade vertreten.
Einen religiösen Höhepunkt bildet der bolivianische Karneval in Oruro. Im Zentrum steht dort der Tanz der Teufel, die „Diablada“.
Einige Kanadier indes verzichten bei ihrem Fasching auf Kostüme und ziehen auf dem Höhepunkt der Feierlichkeiten sogar blank.
In Galaxidi in Griechenland wird der Karneval mit einer Mehlschlacht abgeschlossen. Auch Touristen können daran teilnehmen.
Die Engländer feiern auch Fastnacht. Bekannt ist hier vor allem der „Notting Hill Carnival“ von London. Das Außergewöhnliche an der Feier ist, dass sie im August stattfindet.
Bei unseren belgischen Nachbarn ist vor allem der Karneval von Binche bekannt. Hier tragen die Teilnehmer das Kostüm des „Gilles“. Es stellt den Clown Pierrot dar.
In Venedig wiederum verwandelt sich die ganze Stadt zum Karneval in eine große Bühne, wo sich mystische Gestalten mit kunstvollen Masken tummeln.
Eines der größten Faschingsfeste der Welt wird indes auf der Kanareninsel Teneriffa (Spanien) veranstaltet. Das Besondere sind hier neben der Karnevalskönigin die Wahl einer Drag-Queen und der Stöckelschuhlauf der Männer, der sogenannte „Tuntenlauf“.
In Russland wird das fröhlichste Fest des Jahres Maslenitsa (Butterwoche) genannt. Es wird noch einmal ordentlich gezecht, ehe die Fastenzeit beginnt. Das Volksfest endet mit dem Verbrennen der Maslenitsa-Puppe.
Berühmt-berüchtigt ist auch das Faschingsfest im spanischen Cadiz. Hier bebt die ganze Stadt zu den Rhythmen von Paso Doble, Flamenco und afrikanischer Musik.
In New Orleans wird schließlich der „Mardi gras“ (fetter Dienstag) gefeiert, mit einem großen Umzug, vielen Kostümen und Partys sowie der für die Südstaaten-Stadt typische Musik.
- Roland Breyer, ein Leben im Dienst der Gemeinde - 17. September 2020.
- Roland Breyer, ein Leben im Dienst der Gemeinde - 17. September 2020.
- Klimafreundliche Mobilität - 13. September 2020.
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können.
Melden sie sich an
Registrieren Sie sich kostenlos