Hobbymeteorologen / Luxemburger Sturmjäger auf der Suche nach Wetteranomalien
In den Vereinigten Staaten gibt es sie bekannterweise schon lange, in zahlreichen Dokumentarfilmen und Blockbustern kommen sie vor: „Stormchaser“. Doch auch in Luxemburg sind welche unterwegs. Wir haben uns mit dem Sturmjäger Sven Eberhard unterhalten.
Sven Eberhard ist 30, lebt in Rodange und beobachtet das Wetter mit Argusaugen. Schon kleinste Anomalien fallen ihm auf. Bereits seit vier Jahren ist er „Stormchaser“. „Damals fegte ein Sturm über das Land. Ich wollte verstehen, wie es zu solchen Wetterphänomenen kommt – und seitdem bin ich Wetterjäger“, sagt er heute. „Als Sturmjäger muss man unter anderem Karten lesen können, eine gute Beobachtungsgabe besitzen und auch einiges an Geduld mitbringen“, so Eberhard. Zudem seien Kenntnisse in der Fotografie, der Videoproduktion und der Informatik von Vorteil. Eberhard brachte sich am Anfang das meiste selbst bei, indem er viel Fachliteratur las und sich auf Internet über die Aktivität des Wetterjägers informierte. Auch der Austausch mit anderen Sturmjägern und Meteorologen sei wichtig, um seinen Wissensstand zu verbessern, meint er. In diesem Zusammenhang erhalte man zum Beispiel in einer Chatgruppe mit dem Namen „Wetterjäger-Schule“ viele nützliche Informationen und Updates.
Nach einiger Zeit wurde ein deutscher Sturmjäger auf ihn aufmerksam. Er stellte den Kontakt mit den deutschen Wetterjägern her. Letztere sollen mehr als 80 Mitglieder zählen, die quer durch Deutschland verteilt sind, und seien dabei, sich als Verein zu konstituieren, erklärt Eberhard. Im Augenblick wandere das Dossier quer durch die Republik. Denn laut Satzung muss jedes Mitglied des Vorstandes seine Unterschrift unter das Dokument setzen. Haben alle unterschrieben, dann wird die Vereinigung in Münster ins Register eingeschrieben. Danach wollen auch die Luxemburger Wetterjäger entscheiden, wie es hierzulande weitergeht: Entweder man konstituiert sich als nationale Vereinigung oder als lokaler Verein. „Alles hängt vom Zulauf ab“, so Eberhard. Weiter zusammenarbeiten mit den deutschen Kollegen will man aber hierzulande allemal.
Inzwischen sind fünf Wetterjäger hierzulande unterwegs: zwei im Süden, zwei im Norden und einer im Osten. „Wir sind stets auf der Suche nach weiteren Sturmjägern”, erklärt Sven Eberhard. Melden kann man sich auf der Facebook-Seite der Luxemburger Wetterjäger oder der Internetseite wetterjager-lux.mozello.de. Dort werden auch die Fotos und Videos der Sturmjäger hochgeladen. Die Bilder können anschließend von Nachrichtenagenturen genutzt werden. Das Geld, das über die Verkäufe reinkommt, wird in neues Material gesteckt, so der Sturmjäger.
Zusammenarbeit mit dem Ausland
Um in Bezug auf die aktuelle Wetterlage immer auf dem Laufenden zu sein, arbeiten die Wetterjäger weit über die Grenzen hinweg eng zusammen. Sie geben beispielsweise Warnungen heraus, wenn sich etwas zusammenbraut, wie zum Beispiel der Tornado, der am 9. August des letzten Jahres den Süden Luxemburgs heimsuchte. „Die deutschen Kollegen hatten das Unwetter auf dem Radar. Die erste Zelle zog in Richtung Schengen an uns vorbei, die zweite war dann fatal für die Region”, so Eberhard, „viele Unwetterfronten ziehen über Frankreich hinweg nach Luxemburg.“ Ein Wetterjäger, der in Paris lebt und mit der Luxemburger Gruppe zusammenarbeitet, sei in diesem Zusammenhang ein wertvoller Tipp-Geber.
Beobachtet werden aber nicht nur Stürme. Die Luxemburger Wetterjäger interessieren sich für jegliche Wetterphänomene, darunter auch Mond- und Sonnenfinsternisse. Ihre Beobachtungen sind willkommen: „Sie ergänzen unsere Beobachtungen mit wertvollen Informationen vor Ort. Je mehr Daten wir erhalten, desto besser können wir die Wetterlage einschätzen”, so ein Mitarbeiter des nationalen Wetterdienstes. Dieser arbeitet mit den Sturmjägern zusammen und gewährt ihnen unter anderem Zugang auf die Wetterkarten. Sven Eberhard erhält so zum Beispiel zweimal am Tag eine E-Mail vom Wetterdienst auf Findel. Auf Basis der darin erhaltenen Informationen entscheidet er, ob er einem Phänomen nachgehen will oder nicht. Dazu kommen die Informationen von den ausländischen Kollegen.
Die „Stormchaser“ sind zudem via GPS mit dem internationalen Wettermessnetz Meteopool verbunden. Hier gehen zeitnah Daten über die Wetterlage ein. Auch Sturmwarnungen können über den Dienst rausgehen, so Eberhard. Denn die Gefahr eines Tornados bestehe immer bei einem Unwetter. Die meteorologischen Beobachtungen seien auf jeden Fall ein interessantes Hobby, das aber auch einige Zeit in Anspruch nimmt. Unter der Woche beschäftigt sich Sven Eberhard bis zu zwei Stunden täglich mit der Wetterlage. An den Wochenenden ist es meistens ein ganzer Nachmittag. „Was mich immer wieder fasziniert sind die Form der Blitze und die Lichteffekte, die sie im Zusammenspiel mit den Wolken erzeugen.“
Einige der luxemburgischen Wetterjäger haben auch schon ein weiteres Projekt ins Auge gefasst: der Bau eines „Wettermobils“, mit einer Wetterstation auf dem Dach, dem notwendigen Informatik-Material, einer eigenen Stromerzeugungsanlage, einer verstärkten Karosserie sowie bruchsicheren Fenstern. Wann das Gerät auf der Straße unterwegs sein wird, sei aber noch unklar, so Eberhard. Bei der Bevölkerung kommen die Wetterjäger ebenfalls gut an. „Oft schauen wir in den Himmel und wissen nicht, was wir genau sehen. Die Hobbymeteorologen tun es aber. Sie können die Lage besser einschätzen als wir und uns warnen, wenn sich etwas Unheilvolles zusammenbraut”, so Marco (30) aus Sanem.
Weitere Informationen über die Luxemburger Wetterjäger gibt es auf der Facebook-Seite der „Wetterjäger Luxemburg“.
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