Esch / „Plan d’aménagement général“ verabschiedet – Streit um Wohngemeinschaften geht weiter
Die unendliche Geschichte des neuen „Plan d’aménagement général“ (PAG) für Esch hat gestern mit der Verabschiedung im Gemeinderat gegen die Stimmen der Opposition ein vorläufiges Ende gefunden. Wobei das dicke Ende noch kommen könnte, denn der PAG muss nun grünes Licht vom Innenministerium erhalten. In Anbetracht der Vorgeschichte ist das durchaus fraglich. Sowohl Innenministerin Taina Bofferding (LSAP) als auch Wohnungsbauminister Henri Kox („déi gréng“) hatten den Escher Bebauungsplan scharf kritisiert.
Nein, das war kein Glanzstück für Esch: In der Regel soll ein allgemeiner Bebauungsplan von sämtlichen Parteien eines Gemeinderats mitgetragen werden, ist er doch über Jahr(zehnt)e das Hauptinstrument zur Steuerung der städtebaulichen Entwicklung. Und die ist in Esch als Universitätsstadt, als Schmelztiegel der Kulturen und in Hinblick auf das Bevölkerungswachstum von fundamentaler Bedeutung. Neben der Bebauung werden auch Verkehrskonzepte, Grünflächen, Gebäudeschutz oder die wirtschaftliche Entwicklung determiniert.
Und in Esch die Formen des Zusammenlebens. Die sind seit nunmehr zwei Jahren ein Streitthema und dafür verantwortlich, dass der neue Flächennutzungsplan reichlich Verspätung bekam. Gleich zu Beginn der sechsstündigen Marathonsitzung am Freitag wurde klar, dass die Fronten in Sachen Wohngemeinschaften weiterhin verhärtet sind und das auch bleiben. Dabei ging es wie im Rest der Sitzung um die Deutungshoheit. Bürgermeister Georges Mischo (CSV) hatte noch am Freitagmorgen auf Radio 100,7 behauptet, der neue PAG wäre in der Kommissionssitzung vom Dienstag einstimmig angenommen worden. U.a., weil verschiedene Punkte gestrichen worden seien, wie der Zusatzparagraf 2 mit der „affektiven Bindung“ als Voraussetzung für gemeinsames Wohnen.
LSAP und „déi Lénk“ sowie der parteilose Dan Codello beanstandeten den Bericht der Kommission. Zwar wurde die Streichung des Paragrafen in der Tat beschlossen, ein einstimmiges Votum für den PAG habe es jedoch nie gegeben und abgestimmt wurde in der Kommissionssitzung auch nicht. „Wir kennen das Spielchen“, sagte Codello in Richtung Georges Mischo, „wenn das so stehen bleibt, dann sagen sie im Nachhinein: ,Am Dienstag waren sie dafür und jetzt stimmen sie im Gemeinderat dagegen.‘“ Wie sich später herausstellte, war man von einer Einstimmigkeit weit entfernt, denn die Räte von LSAP und „déi Lénk“ sowie Codello stimmten zum Schluss gegen sämtliche Dokumente des PAG und lehnten auch das neue Bautenreglement ab. Bei der ersten Abstimmung über den Bebauungsplan im März 2019 hatten sie sich noch enthalten. So mussten die Stimmen der schwarz-grün-blauen Mehrheit herhalten, um den Flächennutzungsplan zu verabschieden.
Runde 2
Bürgermeister Georges Mischo hatte die Gemeinderatssitzung mit einem Rückblick auf die Entstehung des neuen PAG eingeleitet. Er bezeichnete den Flächennutzungsplan als „enorm wichtiges Dokument, das bestenfalls einstimmig oder zumindest quasi einstimmig verabschiedet werden sollte“. Um das möglich zu machen, hätte es so lange gedauert. Der Bürgermeister sprach erneut von Verständnisproblemen bei der Interpretation der Dokumente. Da der umstrittene Zusatzparagraf 2 gestrichen worden sei, gebe es im Grunde genommen keinen Anlass mehr für eine Demonstration, wie sie vor dem Stadthaus stattfand, bzw. für Kritik.
Was die Opposition ganz anders sah. Denn nachdem die Urbanistin der Gemeinde, Daisy Wagner, auf die 92 Beschwerden respektive Verbesserungsvorschläge der Einwohner eingegangen war, gingen die Meinungsverschiedenheiten in die nächste Runde. Zwar sei der ursprüngliche Text, der Wohngemeinschaften quasi unmöglich gemacht hatte, geändert bzw. gestrichen, doch stecke der Teufel im Detail, hieß es unisono von den Oppositionsräten. Dan Codello sprach von einer „prohibitiven Überregulierung, die nicht zu einer toleranten Universitätsstadt passt“. Laurent Biltgen („déi Lénk“) fand es „bedauerlich, dass der Schöffenrat an seiner rückwärts gerichteten Definition des Zusammenlebens von Menschen festhält“. Zwar sei der Zusatzparagraf gestrichen, der Rest aber so kompliziert, „dat d’Sau säi Fierkel net erëmfënnt. Wat eng Sauerei ass“.
In die gleiche Kerbe schlug Vera Spautz (LSAP), die die vielen zusätzlichen Punkte im PAG hervorhob, „die alternative Wohnformen in Esch unmöglich machen“. Es sei nun nicht mehr möglich, irgendjemanden zu Hause aufzunehmen. Das sei ein verheerendes Signal in Anbetracht der Wohnungsnot im Land und der zu erwartenden Wirtschaftskrise durch die Corona-Pandemie. Fazit Spautz: „Als Universitätsstadt und künftige Kulturhauptstadt klappen wir mit diesem PAG in Esch die Bürgersteige hoch.“ Line Wies („déi Lénk“) unterstrich, was schon die Minister Bofferding und Kox moniert hatten: „Der PAG ist nicht das Mittel, um Privat- und Zusammenleben zu reglementieren oder gegen Schlafhändler vorzugehen.“ Der Kampf gegen die sogenannten „Cafészëmmer“ war stets das Argument des Schöffenrats für die strengere Reglementierung. Wies machte darauf aufmerksam, dass die Fragen des damaligen Gemeinderats Marc Baum zu dem Thema bis heute nicht von Martin Kox („déi gréng“), Schöffe für Stadtentwicklung und Bauten, beantwortet worden wären. Stéphane Biwer (LSAP) kritisierte den im PAG verankerten „Schutz der Einfamilienhäuser“ und kam zum Fazit, dass der „Wille, alternative Wohnformen zu akzeptieren, beim Schöffenrat nicht da ist“. Das meinte sein Parteikollege Jeff Dax später auch und fragte zudem, wo die Wohnungsbaugesellschaft dran sei.
„Kritikpunkte berücksichtigt“
Etwas anders sahen das die Vertreter der Mehrheitsparteien. Daliah Scholl (DP), Luc Majerus („déi gréng“) und Bruno Cavaleiro (CSV) verteidigten den allgemeinen Bebauungsplan und wiesen darauf hin, das die „Kritikpunkte berücksichtigt worden wären“ (Scholl). Von einem Verbot von Wohngemeinschaften könne keine Rede sein, „wir fördern sie sogar“, meinte Majerus und Cavaleiro machte darauf aufmerksam, dass „punktuelle Änderungen jederzeit möglich sind und dass der PAG ein Instrument ist, das sich erst in der Praxis bewähren muss“.
Georges Mischo stellte klar, dass „wir keine alternativen Wohnungsformen verhindern“, und wies darauf hin, dass er bereits 50 Wohngemeinschaften genehmigt hätte. Dass die Bürger nicht stärker eingebunden werden konnten, wäre der Pandemie geschuldet gewesen. Um kurz vor 15.00 Uhr war die Gemeinderatssitzung nach sechs Stunden überstanden. Fazit: Vom richtungsweisenden Escher Flächenbebauungsplan für die nächsten Jahre bleibt in der Öffentlichkeit nicht viel mehr als ein Streit über Wohngemeinschaften hängen. Und der ist noch nicht vorbei.
CGDIS- und Polizeikaserne
Eigentlich sollte für „Corps grand-ducal d’incendie et de secours“ (CGDIS) und Polizei eine gemeinsame Kaserne am Boulevard Aloyse Meyer gebaut werden. Im letzten Gemeinderat hatte Bürgermeister Georges Mischo (CSV) nach entsprechender Rückfrage von Vera Spautz (LSAP) gesagt, er habe keine Antworten der zuständigen Ministerien über den Stand der Dinge erhalten. Nachdem das Luxemburger Wort das Thema in einem Bericht aufgegriffen hatte, meldete sich Minister François Bausch („déi gréng“) zu Wort. Er betonte dabei, dass die Gemeinde anfangs dort keine Kaserne habe erlauben wollen und an dieser Stelle lieber Wohnungsbau betreiben würde. Was die Klassierung des Areals am Boulevard Aloyse Meyer angeht, so habe der Staat gleich zu Beginn der PAG-Prozedur einen Einspruch erhoben. „Wir wollten, dass dort eine Zone für öffentliche Gebäude entsteht“, sagte Bausch dem LW. Die Stadt habe dem Einspruch aber nicht Rechnung getragen.
Vera Spautz stellte nun infrage, ob der Schöffenrat wirklich einen gemeinsamen Standort am Boulevard Meyer wollte, denn sonst wäre das Grundstück ja im PAG nicht als Wohngebiet ausgezeichnet worden. Georges Mischo antwortete darauf, dass das geschehen wäre, weil man keine Antwort von den zuständigen Behörden und Ministerien erhalten habe. Der aktuelle Stand der Dinge ist jedenfalls nun, dass die CGDIS-Kaserne am Boulevard Aloyse Meyer, der Polizeibau in Raemerich errichtet wird. (P.M.)
Gemeinsame Resolution für „Fourrière“
Seit vergangenem Sommer ist die „Fourrière“ in Belval aus Sicherheitsgründen geschlossen. Seitdem ärgern sich die Bürger im Süden und vor allem in Esch über die auf öffentlichem Parkraum deponierten abgeschleppten Autos der Polizei. In seiner Sitzung vom 28. Januar hat das Gemeindesyndikat „Prosud“ eine Resolution verabschiedet, die Henri Kox („déi gréng“), Minister für innere Sicherheit, auffordert, schnellstmöglich für eine nationale „Fourrière“ zu sorgen. (P.M.)
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Schon allein das Bild eines Kleinstadt Schulzen erübrigt das Lesen eines ihm würdigen Gemeinderat Berichtes ….
Also mir schreibt keiner vor mit wem und wo ich zusammenlebe auch kein Herr Mischo.
Er sollte sich mal überlegen wer sein Gehalt bezahlt mit anderen Worten er soll für das Wohl seiner Gemeinde da sein und nicht irgendwelchen Fiktionen hinter her laufen, ich würde vorschlagen das er sich mal mehr um Reparationen und Instandhaltung der Escher Innenstadt kümmern sollte Wiederhole mich ungern aber Esch / Alzette ist mit Anstand der vergammelste Ort den ich in den letzten Jahren gesehen habe und da wagen es Gemeinderat Mitglieder Esch / Alzette als Kulturhauptstadt ins Rennen zu schicken.
Herr Mischo die nächste Wahl kommt bestimmt.