/ Planspiele für die Nahles-Nachfolge: Viel Sympathie für Doppelspitze in der SPD
Wer beerbt Andrea Nahles im Chefsessel der SPD? Dazu will die kommissarische Parteiführung am kommenden Montag die Verfahrensweise bekannt geben. Zumindest eine mögliche Nachfolgerin läuft sich offenbar bereits warm: Franziska Giffey.
Von unserem Korrespondenten Stefan Vetter
Das Bundesfamilienministerium startete am gestrigen Donnerstag in Berlin eine Aktion für mehr Kinderrechte. Ressortchefin Giffey hielt eine kurze Rede. Dann ging ein Bus auf Tour, mit dem man in den kommenden Monaten an zahlreichen Orten der Republik über die Lage der Jüngsten informieren will. Kurz zuvor hatte Giffey allerdings schon mit eine ganz anderen Aktion für weit größere Aufmerksamkeit gesorgt: Ein Interview, das sie der Süddeutschen Zeitung gab, las sich für den Politikbetrieb in der Hauptstadt praktisch wie ein Bewerbungsschreiben zum SPD-Vorsitz. Bereits in der ARD-Talkshow „Anne Will“ am vergangenen Sonntag hatte Giffey entsprechende Andeutungen gemacht. Nun wurde sie deutlicher: „Die Leute entscheiden viel über den Bauch, über Sympathie.“ Daher sei es „extrem wichtig, dass im Vorsitz jemand ist, der Bauch und Herz erreicht. Auch den Kopf, natürlich, Sympathie allein reicht nicht“, erklärte sie in dem Interview.
Und auf die anschließende Frage, ob sie sich damit nicht gerade selbst beschreibe, antwortete Giffey: „Na ja“, der oder die nächste Vorsitzende müsse in der SPD auch für „Zusammenhalt“ sorgen. Hier klang es ebenfalls so, als würde sich Giffey das durchaus zutrauen.
Eine Sympathieträgerin ist die 41-jährige ehemalige Bürgermeisterin des Berliner Problembezirks Neukölln zweifellos. Als Neueinsteigerin in die Bundespolitik wurde Giffey für ihre Partei binnen kürzester Zeit zum Aktivposten in Merkels Kabinett. Wäre da nicht der Plagiatsvorwurf im Zusammenhang mit ihrer Doktorarbeit. Die Freie Universität Berlin muss darüber entscheiden. Bis dahin können aber noch Monate vergehen. Manche in der SPD halten daher auch das Risiko für unkalkulierbar, sich auf Giffey im Vorsitz zu kaprizieren.
Mehrere Kandidaten für den Co-Vorsitz
Am kommenden Montag will der Parteivorstand das Verfahren für die Nahles-Nachfolge beschließen. Es gibt Spekulationen, dass Giffey dann auch offiziell ihren Hut in den Ring wirft. Andere wiederum glauben, dass mögliche Kandidaten erst in den nächsten Wochen aus der Deckung kommen werden. Bis Freitag vergangener Woche konnten Mitglieder beim Willy-Brandt-Haus per Mail Ideen einreichen, wie sie sich die Zukunft der Partei vorstellen. Dem Vernehmen läuft es auf eine Mitgliederbefragung für den Vorsitz hinaus, bei der wahrscheinlich über die Zusammensetzung einer Doppelspitze zu befinden ist. Dadurch ließe sich auch die Arbeit besser verteilen, sagen ihre Anhänger. Das alles braucht aber auch Zeit, zumal für ein Führungsduo die Parteisatzung geändert werden müsste.
An die Seite Giffeys, so heißt es, könnte der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (60) treten – Neuanfang gepaart mit alter Erfahrung. Weil hat immerhin schon Wahlen gewonnen, was bei der SPD mittlerweile eher Seltenheitswert hat. Allerdings müsste der Ruf aus Berlin nach ihm sehr stark sein, sagen Eingeweihte. Ein Nachteil: Sowohl Giffey als auch Weil gehören dem rechten SPD-Flügel an und sind der Großen Koalition zugetan, in der viele Parteigänger den Grund allen sozialdemokratischen Übels sehen.
Daher sind noch andere Konstellationen denkbar. Als mögliche Aspiranten auf einen Co-Vorsitz werden zum Beispiel auch der amtierende SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil, die scheidende Justizministerin Katarina Barley sowie Außenminister Heiko Maas genannt. Ein Posten an der Parteispitze für Juso-Chef Kevin Kühnert gilt dagegen selbst im linken SPD-Lager als sehr unwahrscheinlich.
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