Israel-Palästina / Politischer Unwille und Perspektivlosigkeit: LSAP fordert „Herz und gesunden Menschenverstand“
Die LSAP hat die Entscheidung der Luxemburger Regierung, Familien hier im Land lebender Palästinenser nicht aus dem Gazastreifen evakuieren zu wollen, auf einer Pressekonferenz angeprangert. Es mangele vor allem am Willen der politisch Verantwortlichen.
„Ein Massaker an der Zivilbevölkerung“ – so umschreibt der LSAP-Abgeordnete Yves Cruchten die derzeitige Situation im Gazastreifen auf einer von der LSAP anberaumten Pressekonferenz. Die Luxemburger Sozialisten würden sich aber zum Humanismus bekennen und somit sei es unumgänglich, sich zur Lage im Nahen Osten zu äußern, so Cruchten. „Die Militäroperation begrenzt sich längst nicht mehr nur auf die Befreiung von Geiseln“, sagt Cruchten. Das könne man an den 29.000 Toten und unzähligen Verletzten seit Beginn des israelischen Einmarsches in den Gazastreifen festmachen. Die in den Süden des Gazastreifens geflüchteten Überlebenden, so Cruchten, befinden sich „in direkter Lebensgefahr“.
Auch Fraktionschefin Taina Bofferding und der Abgeordnete Franz Fayot verweisen auf die humanitäre Lage im Gazastreifen. „Wir hätten diese Pressekonferenz am liebsten nicht gemacht“, sagt Fayot. Es sei jedoch nicht mehr möglich, das Anliegen über den „kleinen Amtsweg“ mit der Regierung zu bereden. „Wir hatten angekündigt, dass wir aktiv werden, wenn die Regierung sich nicht mehr auf der richtigen Bahn befindet“, sagt auch Bofferding. Dieser Zeitpunkt sei angesichts der Notlage, die sich im Gazastreifen abspiele, gekommen.
Präzendenzfall
Konkret geht es um das Anliegen von 18 in Luxemburg lebenden Familien, die ihre Angehörigen gerne aus dem Gazastreifen evakuieren wollen. In der Praxis wird das bereits von anderen Ländern so gehandhabt, dass die Namen der Angehörigen auf eine Liste kommen, die von Israel auf Terrorverdächtige überprüft wird. Ist dies nicht der Fall, werden sie über die ägyptische Grenze und anschließend ins Aufnahmeland überführt. Nur: „Unsere Regierung will da nichts machen“, sagt Franz Fayot. Es würde sich ja auch nicht um Tausende Menschen handeln. Und auch die derzeit vollen Aufnahmestrukturen im Land spielten in diesem Fall keine Rolle, denn: „Sie würden fast alle bei ihren Familien hier im Land unterkommen können.“
Statt auf eine ähnliche Solidarität für die aus der Ukraine geflüchteten Menschen, sei man bei der Regierung jedoch auf taube Ohren gestoßen. „Es handelt sich um eine schlimme humanitäre Notlage“, sagt Fayot. An diese müsse mit Herz und gesundem Menschenverstand angegangen werden. Und nicht, wie laut dem LSAP-Abgeordneten, mit kalten Gesetzesparagrafen. Den Familien ihre Anfragen seien nämlich mit der Begründung abgelehnt worden, dass es sich in ihrem Fall nicht um einen „regroupement familial“ im klassischen Sinn handeln würde, wie es das Immigrationsgesetz von 2008 vorsehe. „Die Regierung will keinen Präzedenzfall für weitere Konflikte schaffen“, sagt Fayot.
Inwiefern der entsprechende Paragraf des Immigrationsgesetzes (siehe Infokasten) jedoch greifen könnte, ist fraglich. Laut Aussagen der LSAP-Politiker liegen den Familien bereits Absagen der zuständigen Behörden für einen Familienzusammenschluss vor. Die entsprechende Gesetzespassage schreibt jedoch vor, dass „der Antrag unzulässig ist, wenn er sich auf Gründe stützt, die in einem früheren Antrag vorgebracht wurden und vom Minister abgelehnt wurden.“ Zudem muss der Antrag vom Luxemburger Territorium aus gestellt werden. Franz Fayot merkt jedoch ebenfalls an, dass sowohl in Frankreich als auch in Belgien Sonderstatute für Flüchtende aus dem Gazastreifen geschaffen wurden.
Artikel 78, Paragraf 3 des Immigrationsgesetzes von 2008
À condition que sa présence ne constitue pas de menace pour l’ordre public, la santé ou la sécurité publiques, le ministre peut accorder une autorisation de séjour pour des considérations humanitaires d’une exceptionnelle gravité ou pour des motifs exceptionnels au ressortissant de pays tiers. La demande est irrecevable si elle se base sur des motifs invoqués au cours d’une demande antérieure qui a été rejetée par le ministre. La demande doit être introduite, sous peine d’irrecevabilité, à partir du territoire luxembourgeois. En cas d’octroi d’une autorisation de séjour telle que visée ci-dessus, une décision de retour prise antérieurement est annulée.
Jedoch biete eben jenes Immigrationsgesetz von 2008 weitere Möglichkeiten, die Menschen aus Gaza zu evakuieren. „Artikel 78, Paragraf 3 sieht vor, dass in außergewöhnlich schlimmen humanitären Umständen ein Aufenthaltsrecht ausgestellt werden kann“, sagt Fayot, der in dem entsprechenden Artikel eine Möglichkeit für die Familien sieht, ihre Angehörigen aus dem eingeschnürten Gazastreifen freizubekommen. Dafür müsse noch Kontakt mit der ägyptischen Regierung aufgenommen werden, aber: „Das sind praktische Einzelheiten.“
Angst vor Terror
„Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg“, betonen Fayot und Cruchten gleich mehrfach. „Bei direktem Kontakt mit den Verantwortlichen wurde mir freundlich und geradeheraus mitgeteilt, dass man nichts unternehmen werde“, sagt Fayot mit einem Schulterzucken. Auch die Sorge, dass es sich bei den Angehörigen der hierzulande lebenden Familien um Terrorkämpfer handele, kann die LSAP nicht verstehen. „Die Anfragen für die Evakuierung aus dem Gazastreifen werden von Israel kontrolliert“, erklärt Cruchten. Damit sei man „abgesichert“. Und: „Es sind vor allem ältere Menschen und Kinder, die davon betroffen wären.“
Eine europäische Initiative in der Hinsicht bleibt derweil aus. Lediglich aus Irland und Spanien werden mit der Forderung nach einer EU-Untersuchung zu Israels Vormarsch im Gazastreifen kritische Stimmen laut. Selbst die USA, Israels historischer Verbündeter, hat Abschiebungen in Richtung Palästina derzeit ausgesetzt, meint Cruchten. „Wir Europäer müssen uns da zumindest infrage stellen“, so der LSAP-Politiker.
Listen-Exodus vor den Europawahlen
Nicolas Schmit wird bei den anstehenden Europawahlen nicht auf der Liste der LSAP stehen. Das gab der Politiker am Montagmorgen in einem RTL-Interview bekannt. Der Hintergrund: Die Partei habe bereits einen „natürlichen“ Kandidaten, heißt es in dem Bericht – nämlich Marc Angel, der im Januar 2023 zum Vizepräsidenten des Europaparlaments gewählt wurde. Angel mache eine gute Arbeit im Parlament und wolle diese auch weiterführen. Dem wolle Schmit nicht im Wege stehen, heißt es in dem Beitrag.
Statt einer Kandidatur auf der LSAP-Liste konzentriere sich Schmit auf seine Rolle als Spitzenkandidat der europäischen Sozialisten und kandidiert damit für das Amt des Kommissionspräsidenten. Neben Schmit wird auch Luxemburgs ehemalige Gesundheitsministerin Paulette Lenert nicht auf der LSAP-Liste für die Europawahl stehen. Diesen Entschluss soll Lenert bereits seit längerer Zeit gefasst haben – auch wenn diese Entscheidung parteiintern aufgrund mangelnder Kandidaten nicht unumstritten war.
Ohne Schmit, Lenert oder auch Jean Asselborn, der vor seiner politischen Rente noch als Kandidat für die Europawahlen gehandelt wurde, schwinden jedoch die Aussichten der Sozialisten, im Juni einen zweiten Sitz im Europaparlament zu erringen.
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„Politik mit Herz und Verstand“. Fordert wer?
Wat si dir 3 Téinerten. Ass dât do Oppositiounsarbecht?
Do sinn der 2 vun deenen Kaviarsozien op der Photo déi kräischen hirem Ministerposten no…Dé Pressekonferenz an d’Manéier wéi se uprangeren ass kanneresch…Dat ass a mengen Aae keng konstruktif Oppositiounsoarbecht…Mais kräischt weider…